Verordnung zur Weiterentwicklung des bundesweiten Ausgleichsmechanismus

Verordnung zur Weiterentwicklung des bundesweiten Ausgleichsmechanismus
Basisdaten
Titel: Verordnung zur Weiterentwicklung des bundesweiten Ausgleichsmechanismus
Kurztitel: Ausgleichsmechanismusverordnung nichtamtl.
Abkürzung: AusglMechV
Art: Bundesrechtsverordnung
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Erlassen aufgrund von: § 64 Abs. 3 EEG
Rechtsmaterie: Wirtschaftsverwaltungsrecht, Energierecht
Fundstellennachweis: 754-22-2
Datum des Gesetzes: 17. Juli 2009
(BGBl. I S. 2101)
Inkrafttreten am: 17. Juli 2009 bzw. 1. Januar 2010
Letzte Änderung durch: Art. 2 G vom 28. Juli 2011
(BGBl. I S. 1634, 1667 f.)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
1. Januar 2012
(Art. 13 Abs. 1 G vom 28. Juli 2011)
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Die Verordnung zur Weiterentwicklung des bundesweiten Ausgleichsmechanismus (AusglMechV) vom 17. Juli 2009 (BGBl. I S. 2101)[1] ist eine zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erlassene Rechtsverordnung, die die Vermarktung des aus erneuerbaren Energien ab 1. Januar 2010 erzeugten Stroms dahingehend ändert, dass auf der Ebene der bundesweiten Übertragungsnetzbetreiber dieser Strom bereits verkauft werden und daher nicht mehr von den die Endverbraucher beliefernden Versorgungsunternehmen abgenommen werden muss. Die sich aus der Erzeugung von EEG-Strom ergebenden Mehrkosten werden aber den Versorgungsunternehmen und damit im Ergebnis auch den Endabnehmern über eine EEG-Umlage weiterhin berechnet. Zudem enthält die AusglMechV Vorschriften zu transparenteren Berechnung der EEG-Umlage. Obgleich es sich bei der AusglMechV um kein Gesetz handelt, greift sie weitgehend ändernd in das EEG ein.

Inhaltsverzeichnis

Rechtsgrundlage

Die AusglMechV wurde von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundestags aufgrund der Ermächtigung des § 64 Abs. 3 EEG erlassen, wonach zum Zwecke der Weiterentwicklung des bundesweiten Ausgleichsmechanismus weitgehende Änderungen des im EEG vorgesehenen Ausgleichs der durch die Erzeugung von EEG-Strom entstehenden Mehrkosten und dessen Vermarktung auf dem Verordnungswege vorgesehen sind. Bislang werden die bei der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien gegenüber einer Erzeugung aus fossilen Energieträgern oder Kernkraft entstehenden Mehrkosten, die die den Strom aufnehmenden Netzbetreiber den Erzeugern zahlen, zusammen mit der Weiterlieferung dieses Stroms zu den auf Bundesebene tätigen Übertragungsnetzbetreibern hochgewälzt, die dann nach Durchführung eines bundesweiten Ausgleichs zwischen allen Übertragungsnetzbetreibern den Strom wiederum den Stromversorgungsunternehmen, die bisher zur anteiligen Abnahme des EEG-Stroms verpflichtet sind, diese Kosten weiter berechnen. Die Versorgungsunternehmen belasten mit diesen Kosten dann schließlich die Letztverbraucher. Die Berechnung der durch den EEG-Strom entstehenden Mehrkosten unterlag bisher zwar der Kontrolle der Bundesnetzagentur, ihre Ermittlung erfolgte aber wenig transparent. Deswegen wurde in der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung des EEG die Bundesregierung ermächtigt, durch eine Rechtsverordnung den Ausgleichsmechanismus, tatsächlich aber die gesamte Vermarktung und Behandlung der Mehrkosten für EEG-Strom zu ändern. Die Neuregelung gilt erst für ab dem 1. Januar 2010 erzeugten Strom, die Verordnung ist aber bereits mit ihrem Erlass insoweit anzuwenden, als im Hinblick auf die im Jahr 2010 anfallenden Mehrkosten, die als EEG-Umlage erhoben werden, schon im Vorjahr Prognosen zu veröffentlichen sind.

Mängel des bisherigen Systems

Der in die Netze der öffentlichen Verteil-Netzbetreiber eingespeiste und von diesen an die Übertragungs-Netzbetreiber weitergeleitete EEG-Strom musste von diesen physikalisch wiederum unter die Stromversorgungsunternehmer aufgeteilt werden, die dann anteilig damit wieder ihre Kunden beliefern konnten. Hierbei kam es immer wieder mangels ausreichender Prognostizierbarkeit der erzeugten Mengen zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Planung und Ausführung und führte zu besonderen Risiken bei den Versorgern.[2] Infolge der physikalischen Durchleitung des EEG-Stroms entstanden zudem erhebliche Kosten, die die Begründung zum Verordnungsentwurf allein mit € 570 Mio. angibt.[3] Durch die Pflicht der Versorgungsunternehmen, den EEG-Strom anteilig abzunehmen, erfolgte eine unionsrechtlich unerwünschte Marktabschottung, da die entsprechende Strommenge vom freien Markt herausgenommen wurde, weil sich die Versorger insoweit nicht anders eindecken konnten. Zudem sei das Verfahren „nach außen hin nicht transparent“.[4]

Als Hauptfehler des bisherigen Systems kann folgender Sachverhalt angesehen werden: Bisher wurde den Stromversorgungsunternehmen ihr EEG-Stromanteil einfach als Grundlastband (Monatsbänder) in ihre Stromlastgangplanung hineingelegt.[4][5] Diese Methode verkennt die zeitlich flukturierende, physikalische Stromerzeugung und funktioniert nur solange der Anteil des EEG-Stroms klein ist. D. h. dem tatsächlichen Zeitverlauf der Erzeugungsleistung des EEG-Stroms muss auch bei der rechnerischen Umwälzung der realen Strommengen bzw. -leistungen vom Netzbetreiber auf den Stromversorgungsunternehmer oder Stromhändler Rechnung getragen werden, damit die nötige zeitliche Planung der restlichen Erzeugungsleistungen möglich ist.[5]
Vereinfacht gesprochen wurde also in der Vergangenheit der zeitliche Verlauf der EEG-Erzeugungsleistungen auf Seiten der Stromhändler ausgeblendet.

Vermarktung

Die Neuordnung der Vermarktung setzt bei der vierten im EEG geregelten Stufe an, der Weiterleitung des EEG-Stroms von den Übertragungsnetzbetreibern auf die Elektrizitätsversorgungsunternehmer (§ 37 EEG). Die Pflicht der Übertragungsnetzbetreiber zur Weiterlieferung des EEG-Stroms an die Versorgungsunternehmen, bzw. deren Pflicht zur Abnahme dieses Strom wird aufgehoben (§ 1 Nr. 1 und 2 AusglMechV), so dass der EEG-Strom physikalisch bei den Übertragungsnetzbetreibern verbleibt. Diese sind nunmehr nach § 2 Abs. 1 AusglMechV verpflichtet, den EEG-Strom am vortäglichen oder untertäglichen Spotmarkt (Day-ahead- und Intra-day- Handel) einer Strombörse bestmöglich zu versteigern. Das muss nicht die European Energy Exchange (EEX) in Leipzig sein, sondern es kommt jede öffentliche Strombörse in Betracht. Nachdem die nunmehrige Beauftragung der Übertragungsnetzbetreiber mit der Vermarktung wegen der von der Europäischen Union betriebenen Entbündelung (unbundling) der Netze von der Stromversorgung im Widerspruch steht, soll die Bundesnetzagentur bis zum 31. Dezember 2011 eine Evaluierung vorlegen und Vorschläge zur Übertragung der Aufgabe der Vermarktung des EEG-Stroms auf Dritte unterbreiten (§ 9 AusglMechV). Die Bundesnetzagentur wurde auch zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt, die die Einzelheiten der Vermarktung einschließlich einer hierzu erfolgenden Beauftragung von Dritten regeln. Die Vermarktung über die Börse darf nicht als EEG-Strom oder „grüner Strom“ erfolgen, da es insoweit bei dem Gebot des § 37 Abs. 5 EEG verbleibt, wonach Strom unter dieser besonderen Bezeichnung nicht unter der für EEG-Strom gezahlten Durchschnittsvergütung der Hersteller verkauft werden darf.[6]

Ausgleich (EEG-Umlage)

Zum Zwecke des Ausgleichs der bei der Erzeugung des EEG-Stroms anfallenden Mehrkosten gibt die AusglMechV dem Begriff der EEG-Umlage nunmehr einen genau definierten Inhalt. Danach können die Übertragungsnetzbetreiber (bzw. später die mit der Vermarktung beauftragen Dritte) von den Elektrizitätsunternehmern, die Strom an Letztverbraucher liefern, anteilig Ersatz für die erforderlichen Aufwendungen in Form einer EEG-Umlage verlangen (§ 3 Abs. 1 AusglMechV). Die EEG-Umlage berechnet sich einmal nach der Differenz der für das nachfolgende Kalenderjahr prognostizierten Einnahmen vor allem aus dem Verkauf des EEG-Stroms an der Börse und den Ausgaben, hier vor allem wegen der Vergütungszahlungen nach dem EEG. Zum anderen fließt eine Differenz zwischen den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben zum Zeitpunkt der Berechnung ein. Damit sind die tatsächlichen Mehr- oder Mindereinnahmen gemeint, die bei einer Abweichung dieser Einnahmen und Ausgaben von den für das laufende Jahr im Vorjahr prognostizierten anfallen und die nur, wenn die Prognose jeweils mit dem tatsächlichen Anfall übereinstimmen würde, gleich Null wären (§ 3 Abs. 2 AusglMechV).[7] Nachdem dieses Verfahren erstmals für 2010 angewandt wird, für 2009 aber nach den bisherigen Bestimmungen des EEG abgerechnet wird, werden tatsächliche Abweichungen zur Prognose für 2010 erst bei der für 2011 berechneten Umlage berücksichtigt. Die EEG-Umlage muss jedes Jahr bis zum 15. Oktober für das nachfolgende Kalenderjahr berechnet und im Internet veröffentlicht werden. Dabei ist die Umlage auch in Cent pro an die Letztverbraucher gelieferter Kilowattstunde Strom anzugeben. Für 2010 wurde danach die für 2010 prognostizierte Umlage mit 2,047 Cent/kWh bekanntgemacht.[8] Das neue System der EEG-Umlage schafft für alle Beteiligten eine genaue Kalkulationsgrundlage, da sie für das laufende Jahr jeweils feststeht, tatsächliche Abweichungen von der Prognose wirken sich erst bei der Umlage für das nachfolgende Jahr aus. Die EEG-Umlage tritt an die Stelle der Differenzkosten der §§ 53, 55 EEG, die erst mit dem EEG 2009 als Maßstab zur Erfassung der EEG-Mehrkosten eingeführt worden waren (§ 8 AusglMechV). Macht das Versorgungsunternehmer von seinem Recht, die EEG-Strom-Kosten auf der Stromrechnung anzugeben, Gebrauch, so muss es nunmehr die EEG-Umlage mit dem voraussichtlichen Anteil des nach dem EEG vergüteten Stroms am voraussichtlichen gesamtdeutschen Strommixes angeben (§ 8 Abs. 2 AusglMechV).

Begünstigung von stromintensiven Produktionsunternehmen und Schienenbahnen

Nach § 40 Abs. 1 EEG kann das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) auf Antrag von stromintensiven Unternehmen des produzierenden Gewerbes sowie Schienenbahnen deren Pflicht zur Abnahme von EEG-Strom mengenmäßig begrenzen. Die Begrenzung erfolgt, um die Stromkosten dieser Unternehmen auf einem international wettbewerbsfähigen Niveau zu halten. Sie erfolgt mit einem solchen Prozentsatz, der möglichst gewährleistet, dass im Ergebnis die betroffenen Unternehmen mit nicht mehr als 0,05 Cent je von ihnen bezogener kWh belastet werden (§ 40 Abs. 2 EEG).[9] Die so festgesetzte Begrenzung der abzunehmende EEG-Strommenge war somit ein Prognosewert. Nachdem nach der Neuregelung weder Versorgungsunternehmer noch Letztverbraucher EEG-Strom abnehmen müssen, stellt die AusglMechV die Begünstigung der stromintensiven Unternehmen dahin um, dass diese nunmehr definitiv nur mit einer EEG-Umlage in Höhe von 0,05 Cent/kWh belastet werden dürfen, mithin etwa ein Vierzigstel der für 2010 geltenden normalen Umlage von 2,047 ct/kWh zu tragen haben.

Rechtliche Besonderheiten

Bereits gegen die Zulässigkeit der Ermächtigungsgrundlage in § 64 Abs. 3 EEG wurde eingewandt, dass hiermit dem Verordnungsgeber die Befugnis eingeräumt wird, das ermächtigende Gesetz selber zu ändern. Verordnungen seien aber verfassungsrechtlich nur zur Aus- oder Durchführung von Gesetzen zulässig, nicht jedoch um Gesetze zu vertreten.[10] Die AusglMechV legt sich selber die Wirkung bei, Gesetzesbestimmungen des EEG außer Kraft zu setzen; so räumt die Begründung etwa ein, dass Teile der §§ 36 , 37 EEG durch die Verordnung „verdrängt“ werden würden,[7] was die bereits zur Ermächtigungsgrundlage ausgesprochenen Zweifel bestätigt. Auch ist die Rechtsgrundlage für die den Elektrizitätsunternehmen und damit mittelbar auch den Letztverbrauchern auferlegte EEG-Umlage rechtlich nicht gänzlich geklärt. Während nach dem EEG sich die Weiterwälzung der EEG-Kosten als notwendige Folge der Weiterreichung des EEG-Stroms ergab, schafft nun die Verordnung eine besondere Abgabe, die nicht mit den Kosten des den Versorgungsunternehmen und Letztverbrauchern gelieferten Stromes im Zusammenhang steht und somit einer eigenen Rechtsgrundlage bedarf, die im EEG aber fehlt. Es wird daher erwartet, dass sich mit der grundsätzlichen Anwendbarkeit der AusgMechV noch die Gerichte beschäftigen werden.[11]

Einzelnachweise

  1. Verordnung zur Weiterentwicklung des bundesweiten Ausgleichsmechanismus vom 17. Juli 2009 BGBl. I 2101
  2. Begründung zum Entwurf, BTDrucksache 16/13188, S. 8; abgerufen am 16. März 2010
  3. Begründung zum Entwurf, BTDrucksache 16/13188, S. 9; abgerufen am 16. März 2010
  4. a b Begründung zum Entwurf, BTDrucksache 16/13188, S. 1; abgerufen am 16. März 2010
  5. a b Studie „Wälzungsmechanismus des EEG, Vorschläge für die Verbesserung der Transparenz und Effizienz“ im Auftrag des BMU. Abgerufen am 16. März 2010.
  6. Begründung zum Entwurf, BTDrucksache 16/13188, S. 16
  7. a b Begründung zum Entwurf, BTDrucksache 16/13188, S. 15
  8. EEG-Umlage 2010
  9. Peter Salje: Erneuerbare-Energien-Gesetz, Kommentar, 5 Aufl. 2009, Köln und München, Carl Heymanns Verlag, ISBN 978-3-452-26935-5, § 40 Rn 1
  10. Peter Salje: Erneuerbare-Energien-Gesetz, Kommentar, 5 Aufl. 2009, Köln und München, Carl Heymanns Verlag, ISBN 978-3-452-26935-5, § 64 Rn 36; vgl. auch die Stellungnahme des Bundesrates BTDrucks. 16/8148, Anlage 3, S. 85, 91
  11. Peter Salje: Erneuerbare-Energien-Gesetz, Kommentar, 5 Aufl. 2009, Köln und München, Carl Heymanns Verlag, ISBN 978-3-452-26935-5, § 64 Rn 37.

Literatur

  • Martin Altrock/Andreas Eder: Verordnung zur Weiterentwicklung des EEG-Ausgleichsmechanismus (AusglMechV): Eine erste kritische Betrachtung. ZNER 2009, 128–131.
  • Christian Buchmüller/Jörn Schnutenhaus: Die Weiterentwicklung des EEG-Ausgleichsmechanismus. ET 11/2009,75–79.
  • Volker Oschmann: Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG). In: Wolfgang Danner/Christian Theobald (Hrsg.), Energierecht, Stand Januar 2010, München, Verlag C.H. Beck, ISBN 978-3-406-36464-8.
  • Anke Rostankowski/Volker Oschmann: Fit für die Zukunft? – Zur Neuordnung des EEG-Ausgleichsmechanismus und weiteren Reformansätzen. RdE 2009, S. 361–368.
  • Peter Salje: Erneuerbare-Energien-Gesetz. Kommentar. 5. Auflage 2009, Köln und München, Carl Heymanns Verlag, ISBN 978-3-452-26935-5.

Weblinks

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