- Ausrottung der vier Plagen
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Die Ausrottung der vier Plagen (chin.: chu si hai), auch Ausrottung der vier Übel[1] genannt, war eine Massenkampagne, die während des chinesischen Großen Sprungs nach vorn initiiert wurde. Beginn der Kampagne war im Jahr 1958, mehrere Massenkampagnen sollten in diesem Jahr zur landwirtschaftlichen Produktivitätssteigerung beitragen. Die Kampagne richtete sich gegen Fliegen, Mücken, Ratten und Vögel und darunter insbesondere gegen Sperlinge. In China trägt die Kampagne daher auch die Bezeichnung „Große Spatzenkampagne“ (打|麻|雀|运|动) oder „Kampagne zum Töten der Spatzen“ (消灭麻雀运动). Wegen der Auswirkung des Populationseinbruches bei Vögeln, die als wesentliche Vertilger landwirtschaftlicher Schädlinge fehlten, wurden im Jahr 1960 die Elimierung von Bettwanzen anstelle von Vögeln als Ziel genannt. Erst nach Mao Zedongs Tod teilte die offizielle chinesische Nachrichtenagentur Xinhua mit, dass Sperlinge eher Nützlinge als Schädlinge sind und berichtete davon, dass Behörden in der Provinz Shandong Anstrengungen unternähmen, die Sperlingspopulation zu erhöhen.[2]
Inhaltsverzeichnis
Hintergrund
Mit dem „Großen Sprung nach vorn“ wollte die Führung der Volksrepublik China die „drei großen Unterschiede“ Land und Stadt, Kopf und Hand sowie Industrie und Landwirtschaft einebnen, den Rückstand zu den westlichen Industrieländern aufholen und die Übergangsperiode zum Kommunismus deutlich verkürzen. Die Kampagne des Großen Sprungs begann nach dem ersten Fünfjahresplan von 1953 bis 1957 und sollte bis 1963 laufen. 1961 wurde die Kampagne, die zu einer der schwerwiegendsten Hungersnöte der Menschheitsgeschichte führte, nach ihrem offensichtlichen Scheitern abgebrochen.[3][4]
In den Zeitraum des Großen Sprungs nach vorn fällt die flächendeckende Einführung von Volkskommunen auf dem Land. Diese waren militärähnlich organisiert, die Angehörigen einer Volkskommune gingen meist in Brigaden unter Führung eines Brigadeleiters ihrer Arbeit nach. Die Organisationsform erlaubte die Durchführung von Massenkampagnen. So wurden in den Jahren des Großen Sprungs nach vorn zahlreiche Wasserbauprojekte durch- und zwangsweise andere Bewirtschaftungsmethoden auf den Agrarflächen eingeführt. Zu den bekanntesten Kampagnen des Großen Sprungs nach vorn zählt die Kampagne zur Erhöhung der Eisen- und Stahlproduktion. Zu diesem Zeitpunkt galten die Produktionsmengen an Eisen und Stahl noch als Indikator für den Entwicklungsstand eines Landes. Mao Zedongs erklärtes Ziel war eine deutliche Steigerung der Eisen- und Stahlproduktion; er wollte innerhalb weniger Jahre das Produktionsniveau Großbritanniens erreichen, das damals noch zu den führenden Industrienationen zählte. Zur Erreichung des Ziels wurden zahlreiche kleine Hochöfen im ganzen Land errichtet; die Angehörigen der einzelnen Volkskommunen mussten über Wochen an diesen Hochöfen arbeiten. Die Kampagne zur „Ausrottung der vier Plagen“ war ähnlich organisiert.
Durchführung der Kampagne zur Ausrottung der vier Plagen
Im Gegensatz zu den anderen Kampagnen des Großen Sprungs nach vorn waren zu einem großen Teil auch Kinder beteiligt. Mao Zedong selbst gab am 18. Mai 1958 auf der zweiten Sitzung des 8. Parteikongresses die Devise aus, dass die gesamte Bevölkerung inklusive der erst Fünfjährigen an dieser Kampagne zur Ausrottung der vier Plagen beteiligt sein müsse.[5] Ein von Judith Shapiro interviewter Zeitzeuge, der als Schulkind an dieser Kampagne teilnahm, erinnerte sich an die Beteiligung der gesamten Schule. Die Kinder bauten Leitern, um die Nester herunterzuschlagen und schlugen abends Gongs, um die Vögel daran zu hindern, zu ihren Rastplätzen zurückzukehren.[6] Eine andere Zeitzeugin erinnerte sich, wie ein großer Teil der Bevölkerung ihres Kreises mehrere Tage lang abends in die Hügel zog und dort auf Töpfe und Pfannen schlug, um so die Vögel immer wieder zum Auffliegen zu zwingen, bis diese vor Erschöpfung starben.[7] Ein von Philip Short zitierter Ausländer, der in dieser Zeit in der Volksrepublik China zu Besuch waren, berichtete später, dass er über einen Zeitraum von vier Wochen nicht einen Sperling beobachtet habe.[8]
Belege
Literatur
- Judith Shapiro: Mao's war against nature - Politics and the Environment in Revolutionary China. Cambridge University Press, Cambridge 2001, ISBN 0-521-78680-0
- J. Denis Summers-Smith: On Sparrows and Man - A Love-Hate Relationship. Selbstverlag, Guisborough 2005, ISBN 978-0-9525383-2-5
Einzelnachweise
- ↑ Sabine Dabringhaus: Geschichte Chinas im 20. Jahrhundert. Verlag C. h. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-592867, S. 133
- ↑ Summers-Smith (2005), S. 57
- ↑ Li, Kwok-sing, A glossary of political terms of the People's Republic of China. 1995. Hong Kong: The Chinese University of Hong Kong. Translated by Mary Lok. S. 47-48.
- ↑ Chan, Alfred L.: Mao's crusade: politics and policy implementation in China's great leap forward. Oxford University Press, ISBN 978-0-19-924406-5
- ↑ Shapiro, S. 86 und S. 87
- ↑ Shapiro, S. 87
- ↑ Shapiro, S. 87
- ↑ Philip Short: Mao – A Life. Hodder & Stoughton, London 1999, ISBN 0-340-60624-X, S. 477 und S. 478
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