- Laufenmühle (Welzheim)
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Die Laufenmühle ist ein Ortsteil von Welzheim in Baden-Württemberg und befindet sich ca. 2,5 km westlich von Welzheim im Wieslauftal. Die Laufenmühle wird seit den 1950er Jahren als Soziale Einrichtung genutzt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Wegen ihres vorteilhaften Standorts entlang des Verkehrswegs durch das Wieslauftal und ihrer Lage an einem Wasserfall verfügt die Laufenmühle über eine jahrhundertealte Tradition. 1564 wird sie erstmals urkundlich erwähnt, Nachfahren der Laufenmüller lassen sich bis 1862 im nahe gelegenen Welzheim nachweisen. Im 19. Jahrhundert wurde die Mühle zum Gasthof erweitert, der bis 1916 erfolgreich betrieben werden konnte. Dann allerdings fielen die Gebäude einem Brand zum Opfer. Der Müllereibetrieb wurde daraufhin aufgegeben, nur das Gasthaus wieder errichtet und nach einigen Jahren um einen Hotelbau erweitert. Unter Hitler wurden die Gebäude zu Lagern für Zwangsarbeiterinnen umfunktioniert, die in Welzheim und Umgebung für das Regime arbeiten mussten. Im April 1951 gründeten Frau Rohlsen, Frau Lippert und Frau König das "Jugendhilfswerk Laufenmühle" und damit die anthroposophische soziale Arbeit in der Laufenmühle. 1973 fusioniert das Jugendhilfswerk mit dem bis dahin im nahen Rudersberg-Lindental ansässigen Christopherus-Heim, einer Behinderten-Einrichtung für Kinder, und übernimmt auch dessen Namen. Heute nennt sich die Einrichtung Christopherus Lebens- und Arbeitsgemeinschaft e.V.
Eine besondere Episode ist im Gründungsjahr 1951 ein literarisches Treffen, von dessen Teilnehmern heute einige zu den großen Erzählern des 20. Jahrhunderts zählen: Vom 18. – 20. Oktober 1951 tagte die in den Nachkriegsjahren gegründete Literatenvereinigung Gruppe 47 unter der Leitung von Hans Werner Richter in der Laufenmühle. 33 junge Autoren präsentierten ihre Werke und stellten sich der unbarmherzigen Bewertung durch Kollegen und Kritiker. Die Teilnehmerliste liest sich wie ein ,who is who‘ der deutschen Nackriegsliteratur: Ilse Aichinger, Walter Jens, Alfred Andersch, Rolf Schroers, Hermann Lenz, Wolfdietrich Schnurre, Wolfgang Hildesheimer, Hans Magnus Enzensberger und viele andere waren dabei. Martin Walser schnitt damals als junger Journalist mit einem Ü-Wagen für den Süddeutschen Rundfunk einige Lesungen vom Herbsttreffen der Gruppe 47 mit.[1]
Heute bietet die Christopherus Lebens- und Arbeitsgemeinschaft etwa 85 Menschen mit Behinderungen Lebens- und Arbeitsplätze auf der Grundlage des anthroposophischen Menschenbildes. Seit Ende der 1970er Jahre wurden auf einer sonnigen Rodungsinsel oberhalb der historischen Laufenmühle die ersten neuen Wohnhäuser errichtet. Mittlerweile gruppieren sich dort mehrere Gebäude um einen zentralen Platz herum. Dort befinden sich Wohngruppen, Werkstätten, Therapieräume sowie Veranstaltungs- und Gemeinschaftsräume. Die Anzahl der Bewohner je Gruppe liegt zwischen 5 und 10 Personen.[2]
In jüngerer Vergangenheit hat sich die naturnahe Lage im Wieslauftal unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftlichen Inklusion als Standortnachteil erwiesen. Durch die Abgelegenheit der Einrichtung fand Interaktion mit Akteuren des kulturellen Lebens wenig statt. Der seit 2002 amtierende Geschäftsführer Dieter Einhäuser brachte daher die Idee eines Erfahrungsfeldes ins Spiel, mit dem nicht die behinderten Menschen in die Gesellschaft integriert, sondern umgekehrt die Bevölkerung ins Einrichtungsleben eingeladen werden sollte. Im Juli 2007 konnte nach dreijähriger Planungs- und Bauphase mit dem Erfahrungsfeld der Sinne Eins+Alles ein Sinnespark mit zunächst etwa 35 Erfahrungsstationen, einem Café und der Tieroase eröffnet werden, der seither knapp 20 behindertengerechte Arbeitsplätze geschaffen hat. Bewohner der Christopherus-Einrichtung arbeiten heute im Service des an das Erfahrungsfeld angeschlossenen Restaurants molina, in der Pflege der Gartenanlagen, an der Kasse, in der 2010 eröffneten Kaffeerösterei el molinillo sowie in der Betreuung der Besucher bei Führungen und Workshops. Grundgedanke ist dabei, in der Begegnung mit Gästen auf beiden Seiten Berührungsängste abzubauen und zu einer veränderten gesellschaftlichen Wahrnehmung von Menschen mit Behinderung beizutragen.
Das Erfahrungsfeld verzeichnet seit seiner Eröffnung kontinuierlich steigende Besucherzahlen und hat 2010 rund 50.000 Gäste empfangen. [3] Zugleich sind die Angebote weiter ausgebaut worden und umfassen ein breites Spektrum an Workshops sowie insgesamt mehr als 100 Stationen im Innen- und Außenbereich. Neben Familien mit Kindern wird Eins+Alles auch von Kindergärten, Schulklassen sowie für Teamschulungen und Festlichkeiten genutzt.Bahnhof Laufenmühle
Der Bahnhof Laufenmühle liegt ca. 500 Meter nord-westlich der Laufenmühle. Das historische Bahnhofsgebäude wird heute als Restaurant genutzt und befindet sich an der landschaftlich attraktiven und reizvollen Bergbahnstrecke der Wieslauftalbahn, welche seit 1992 unter Denkmalschutz steht. Die Wiederinbetriebnahme als Museumsbahn erfolgte im Mai 2010. Direkt nach dem Bahnhof Laufenmühle zweigt die Bahntrasse in ein Seitental der Wieslauf ab, deren tief eingeschnittene Schlucht sie auf dem 25 m hohen und 168 m langen Laufenmühleviadukt überwindet.[4] Das Bahnhofsgebäude wird als Modellbausatz von der Firma Vollmer nachgebaut.
Tourismus
An der Laufenmühle befindet sich ein größer Wanderparkplatz der Ausgangspunkt eines 10 km langen geologischen Lehrpfades ist. Von hier aus sind viele beliebte Ziele wie das Edenbachtal, die Kesselgrotte, der Bannwald Wieslaufschlucht, die Geldmacherklinge, der Ebnisee oder die Sternwarte Welzheim erreichbar. Das vom Christopherusheim betriebene Erfahrungsfeld der Sinne Eins+Alles ist ein anthroposophisch orientiertes Erlebnisgelände mit Sinnesstationen und Installationen.
Weblinks
- Christopherus Lebens- und Arbeitsgemeinschaft e.V.
- Erfahrungsfeld der Sinne Eins+Alles
- Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald
- Themenpark Umwelt - Wieslaufschlucht
Einzelnachweise
- ↑ Jörg Nolle: Böll, Andersch, Walser? Man hatte anderes zu tun! In: ZVW, Rems-Murr-Kultur, Nummer 259, 9. November 2007
- ↑ Website der Christopherus Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Laufenmühle
- ↑ KHS Dornach Seelenpflege in Heilpädagogik und Sozialtherapie, Heft 3, 2011, S. 62f.
- ↑ Förderverein Welzheimer Bahn e. V
Geographische Angaben nach amtlichen topographischen Karten 1:25.000 und 1:50.000.
48.8817639.606578410Koordinaten: 48° 53′ N, 9° 36′ OKategorien:- Ort im Rems-Murr-Kreis
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