Baltikumer

Baltikumer

Als Baltikumer werden die deutschen Soldaten und Freikorps-Angehörigen bezeichnet, die 1919 nach Ende des Ersten Weltkriegs als Freiwillige in Lettland und Litauen kämpften.

Die Freikorps im Baltikum wurden ab Dezember 1918 angeworben, um ein Vordringen der Bolschewisten auf Ostpreußen zu verhindern. Es meldeten sich vor allem nationalistisch und monarchistisch eingestellte ehemalige Weltkriegssoldaten. An der Front im Baltikum gab es keine Soldatenräte und es wurde nach wie vor unter der Schwarz-Weiß-Roten Flagge gekämpft. Die Freikorps-Angehörigen waren lediglich auf ihren jeweiligen Führer vereidigt und berüchtigt für Schiebereien und Plünderungen. Später ignorierten Teile der Baltikumtruppen offen die Befehle der Regierung der Weimarer Republik. Im Winter 1919 mussten sie geschlagen nach Deutschland zurückkehren.

Die Soldatenräte in Deutschland und die linken sozialistischen Parteien befürchteten die Entstehung einer Weißen Garde im Baltikum. Die Presse im revolutionären Deutschland prägte den abwertenden Begriff „Baltikumer“. Beispielhaft sei ein Spott-Gedicht im Vorwärts zitiert:

Baumlange Kerle vom Baltikum -
    Landsknechte ahoi!
Was schiert uns alles Dran und Drum,
Was schiert uns Gott oder Vaterland -
    Geld in die Hand!
Ob ukrainische Karbowanzen,
Ob russischer Rubel, ob deutsche Mark -
Füllt sich der Beutel, sind wir auch stark
    Und lassen die Weiber tanzen.

Das war wohl ein Späßchen im Baltikum...
    Landsknechte ahoi!
Dann aber ging die Chose krumm,
Der fade Tommy wollte uns nicht...
    Was uns das anficht!
Landsknechte, wer will sie kaufen?
Noch sind wir k.v. und noch schießt das M.G.
Noch tut uns beim Zuschaun die Arbeit nicht weh.
    Drauf, Kinder, laßt uns eins saufen!

Wir brauchen ja nur nach Hause zu kumm
    Landsknechte ahoi!
Der Spießer hat Geld und der Spießer ist dumm.
Wir haben noch Fäuste, und Fäuste sind Trumpf,
    Rin in den Sumpf!
Wen wünschen die Herren zu sterben?
Her mit der Tare! Wer ist zu verhaun?
Kunststück, die Republik zu versaun;
    Das soll uns kein Noske verderben! [1]

Die Baltikum-Truppen übernahmen den Begriff für sich. In der Weimarer Republik und in der NS-Zeit wurde um die Baltikumer ein Mythos entwickelt: Als letzte Frontkämpfer des Weltkriegs seien sie auch gleichzeitig die ersten Vorkämpfer einer „Erneuerung“ Deutschlands unter Hitler gewesen.

Siehe auch

Literatur

  • Gustav Noske: Von Kiel bis Kapp (Kapitel: Baltikumer), Verlag für Politik und Wirtschaft, Berlin 1920.
  • Ernst von Salomon: Die Geächteten, Berlin 1930.
  • Cordt von Brandis: Baltikumer - Schicksal eines Freikorps, Traditions-Verlag Kolk & Co, Berlin 1939.
  • Erich Balla: Landsknechte wurden wir ... : Abenteuer aus dem Baltikum, Verlag Tradition, Berlin, 1932.

Einzelnachweise

  1. zitiert bei Noske:Von Kiel bis Kapp S. 183/184

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Rudolf Berthold (Fliegerhauptmann) — Berthold Rudolf Berthold (* 24. März 1891 in Ditterswind, Unterfranken; † 15. März 1920 in Harburg an der Elbe, heute Hamburg Heimfeld) war ein deutscher Jagdflieger im Ersten Weltkrieg und Führer eines Freikorps. Nach der Kapitulation seines F …   Deutsch Wikipedia

  • Der Reiter gen Osten — war eine illustrierte deutsche Freikorps Zeitschrift. Die Zeitschrift erschien monatlich von 1929 bis 1944 als das „Mitteilungsblatt des Bundes Schlageter e.V., Kameradschaftliche Vereinigung ehemaliger Baltikumer, Freikorps , Grenzschutz ,… …   Deutsch Wikipedia

  • Eiserne Brigade — Eiserne Division nannte sich ein aus Freiwilligen bestehender militärischer Verband, der 1919 im Baltikum existierte. Es war die bekannteste Formation der deutschen Freikorps im Baltikum und wurde hauptsächlich gegen lettische Sowjettruppen… …   Deutsch Wikipedia

  • Eiserne Division — nannte sich ein aus Freiwilligen bestehender militärischer Verband, der 1919 im Baltikum existierte. Es war die bekannteste Formation der deutschen Freikorps im Baltikum und wurde hauptsächlich gegen lettische Sowjettruppen eingesetzt.… …   Deutsch Wikipedia

  • Grenzschutz Ost — ist die Sammelbezeichnung für die 1918/1919 aufgestellten Verbände (Freikorps, Freiwilligen Verbände, Selbstschutz Oberschlesien, etc.), die bis zur endgültigen Grenzziehung den Schutz der deutschen Ostgrenze bzw. Ostgebiete übernehmen sollten.… …   Deutsch Wikipedia

  • Reiter gen Osten — Der Reiter gen Osten war eine illustrierte deutsche Freikorps Zeitschrift. Die Zeitschrift erschien monatlich von 1929 bis 1944 als das „Mitteilungsblatt des Bundes Schlageter e.V., Kameradschaftliche Vereinigung ehemaliger Baltikumer, Freikorps …   Deutsch Wikipedia

  • Sibirische Trilogie — Als Sibirische Trilogie oder auch: Deutsche Passion wird das Hauptwerk des deutsch russischen Schriftstellers Edwin Erich Dwinger bezeichnet. Die drei Bände erschienen zwischen 1929 und 1932 im Diederich Verlag, wurden in viele Sprachen übersetzt …   Deutsch Wikipedia

  • Cordt von Brandis — Hauptmann Hans Joachim Haupt, Oberstleutnant von Oven, Hauptmann Cordt von Brandis (rechts) Cordt von Brandis (* 4. Oktober 1888 in Eimbeckhausen; † 11. Juni 1972 in Barendorf) war ein deutscher Offizier, Freikorpsführer und Verfasser mehrerer… …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsche Legion (1919) — Als Deutsche Legion bezeichnete sich ab August 1919 eine Vereinigung verschiedener deutscher Freikorps im Baltikum. Der kurzlebige Verband unterstellte sich der Westrussischen Befreiungsarmee und wurde nach deren militärischer Niederlage im… …   Deutsch Wikipedia

  • Spezialpolizei des Oberschlesischen Selbstschutz — Logo des SSOS Die Spezialpolizei des Oberschlesischen Selbstschutz (SP) war eine paramilitärische Organisation in der Weimarer Republik. Sie wurde offenbar Ende 1920 in Breslau hauptsächlich aus Freikorpsangehörigen der 3. Marinebrigade (Marine… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”