Barberini-Diptychon

Barberini-Diptychon
Das Barberini-Diptychon
Der triumphierende Kaiser auf dem Mittelpanel
In der seitlichen Ansicht erkennt man besonders gut die unterschiedlichen Tiefen der Reliefs.
Das Seitenpanel

Das Barberini-Diptychon zählt zu den bedeutendsten Werken der Elfenbeinschnitzerei. Es entstand in der Spätantike und befindet sich heute im Louvre in Paris.

Es handelt sich um eine Komposition von fünf Panelen, von denen noch vier original erhalten sind. Die Darstellung folgt dem Typus des triumphator omnium gentium (dt.: Bezwinger aller Völker). Bei dem dargestellten Kaiser handelt es sich wahrscheinlich um Justinian I.

Auf der Rückseite befindet sich eine Liste austrasischer Könige, die von Brunichild in Auftrag gegeben wurde und liturgischen Zwecken diente. Sie entstand wahrscheinlich um 613 und zeigt, dass das Diptychon bereits früh ins Frankenreich gelangte.

1625 schenkte es der Gelehrte Nicolas-Claude Fabri de Peiresc an Kardinal Francesco Barberini, wodurch es nach Rom gelangte und Teil der bedeutenden Sammlung Barberini wurde.[1]

1899 wurde es vom Louvre gekauft.

Inhaltsverzeichnis

Kunsthistorische Einordnung

Das Barberini-Diptychon steht in der Nachfolge der zweiteiligen (Konsulars-)Diyptychen. Mit dem Aufkommen des Kodexes und dem Bedeutungsrückgang der tabula cerata entstand der Typ der fünfteiligen Diptychen. Im Mittelalter wurden besondere Kodizes als Prachtkodex gestaltet, die nur noch in Ausnahmefällen aus Elfenbein gearbeitet wurden. Vor allem aus der karolingischen Renaissance finden sich jedoch antikisierende Diptychen, die teilweise selbst von Experten kaum von den spätantiken Vorbildern unterschieden werden können.

Beschreibung

Das Diptychon misst 34,2 x 26,8cm, das Mittelpanel 19 x 12,5 cm bei einer Dicke von ca. 2,5 cm.

Ursprünglich war das Diptychon mit mehreren Edelsteinen verziert, die mit der Zeit allerdings größtenteils aus ihren Fassungen herausgefallen sind. Im Übrigen stellt Elefantenelfenbein einen der teuersten Rohstoffe überhaupt dar (durchaus vergleichbar mit Gold).

Auf dem Zentralpanel ist ein gekrönter Reiter in prächtiger Rüstung dargestellt. Bemerkenswert die Tiefe des Reliefs, Teile sind vollständig „à jour“ gearbeitet. Derlei vollplastische Durchbruchsarbeiten sind extrem selten bei Elfenbeindiptychen und ein Grund dafür, das Barberini-Diptychon zu den bedeutendsten Werken dieses Genres zu zählen. Die Frau unten hat eindeutig Allegorie-Charakter. Sie entspricht Tellus/Gaia-Darstellungen, nur dass sie statt eines Füllhorns in einem Bausch ihres Gewandes Früchte/Gaben darbringt. Möglicherweise ist sie auch als Symbol einer befriedeten Provinz zu sehen. Die Viktoria/Engel-Darstellung steht auf einem kleinen Globus, auf dem eine x-förmige Gravierung angebracht ist. Sie wird teilweise als Christusmonogramm angesprochen. Bei den Ornamentbändern fällt auf, dass zwei verschiedene Typen verwandt wurden.

Prinzipiell folgt die Darstellung paganen römischen Traditionen des triumphator omnium gentium, eine christliche Konnotation erhält das Diptychon erst durch das obere Panel, in dem Christus als Kosmokrator dargestellt wird. Diese Komposition hat direkte pagane Vorläufer (anstelle der Christusfigur befand sich ursprünglich eine Personifikation Konstantinopels). Die Haartracht (Buckellocken) Christus’ und der Engel sind ein wichtiger Anhaltspunkt für die Bestimmung der Entstehungszeit.

Ungewöhnlich ist der nachträglich eingeritzte Bart des hochrangigen Offiziers auf dem Seitenpanel. Möglicherweise handelt es sich dabei um eine Zutat aus einer späteren Epoche. Der Sack unten rechts neben ihm ist vermutlich ein Goldsack, prinzipiell ein Attribut eines Konsuls, hier aber in Hinblick auf die Thematik des triumphator omnium gentium vielleicht eher als Beute zu sehen.

Auf dem unteren Panel sind dargestellt (von links nach rechts):

  • zwei Gaben bringende Perser/Orientalen (darunter vermutlich auch aurum coronarium)
  • ein Löwe
  • ein „Engel“/Victoria mit Tropaion
  • ein Elefant
  • zwei Inder (Erkennungszeichen: die „Hörner“ auf der Stirn), von denen der erste einen Elefantenstoßzahn bringt.
  • Ein Tiger

Der Stil ist relativ spätantik-abstrakt, zeigt jedoch auch ein gewisses Maß an Realismus (theodosianischer Stil). Aufgrund seiner hohen Qualität ist es vermutlich in einer kaiserlichen Werkstatt in Konstantinopel entstanden.

Interpretation

Bronzegewicht mit demselben Motiv wie auf dem Zentralpanel des Barberini-Diptychons (Byzantine and Christian Museum of Athens).

Der abgebildete Kaiser ist vermutlich mit Justinian I. zu identifizieren. Innerhalb der in Frage kommenden Entstehungszeit (erste Hälfte des 6. Jahrhunderts) scheint die Darstellung als Völkerbezwinger am ehesten auf ihn hinzuweisen. Allerdings sind derartige Herrscherglorifizierungen mit Vorsicht aufzunehmen; sie folgen oft mehr der Konvention als der Realität.

Sowohl der Barbar im Hintergrund des Zentralpanels als auch die beiden auf der linken Seite des unteren Panels tragen persische Tracht; die Darstellung steht also vermutlich in Zusammenhang mit dem 532 zwischen Justinian und dem Perserreich geschlossenen sogenannten „ewigen Frieden“. Möglicherweise war ein Reiterstandbild Justinians aus dem Hippodrom Vorlage für das Zentralpanel; dasselbe Motiv findet sich auch auf einem Bronzegewicht aus dem Byzantine and Christian Museum of Athens.

Vermutlich wurden die Tafeln wie die meisten fünfteiligen Diptychen als Vorderdeckel eines Prachtkodex' verwandt.

Einzelnachweise

  1. A. Héron de Villefosse: L'Ivoire de Peiresc. in: Mémoires de la Société nationale des Antiquaires de France, 75, 1915-1918, S. 275-276.

Literatur

  • Richard Delbrück: Die Consulardiptychen und verwandte Denkmäler, Berlin, 1929.
  • Wolfgang Fritz Volbach: Elfenbeinarbeiten der Spätantike und des Frühen Mittelalters, Mainz, 1952, S. 36-37.
  • (en) Antony Cutler: Barberiniana. Notes on the Making, Content, and Provenance of Louvre OA. 9063, in: Tesserae : Festschrift für Josef Engemann, Jahrbuch für Antike und Christentum, Ergänzungsband 18, 1993, p. 329-339.
  • (fr) Danièle Gaborit-Chopin: Byzance, l'art byzantin dans les collections publiques françaises (Katalog zur Ausstellung des Louvre vom 3. November 1992-1. Februar 1993), Paris, 1993, S. 63-65.
  • (fr) A. Héron de Villefosse: L'Ivoire de Peiresc,in: Mémoires de la Société nationale des Antiquaires de France, 75, 1915-1918, p. 267-295.
  • (fr) Jean-Pierre Sodini: Images sculptées et propagande impériale du IVe au VIe siècle : recherches récentes sur les colonnes honorifiques et les reliefs politiques à Byzance, in: A. Guillou et J. Durand, Byzance et les images, La Documentation française, Paris, 1994, S. 43-94.

Weblinks


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