Calvados (Getränk)

Calvados (Getränk)
vieux Calvados“
Herstellungsgebiet des Calvados

Calvados ist ein bernsteinfarbener Branntwein aus der Normandie. Der Name des Getränks leitet sich von der Ursprungsregion Calvados ab. Calvados dürfen sich nur die Cidrebrände aus der Normandie nennen, die aus elf genau definierten Gebieten stammen. Der Alkoholgehalt liegt bei 40−45 %.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Als ältester schriftlicher Beleg für die Herstellung eines Apfelbrandes in der Normandie gilt eine Königliche Konzession für den Sire Gilles de Gouberville aus Le Mesnil-au-Val aus dem Jahr 1553 zum Brennen eines „Eau de Vie de Sydre“. Die Bezeichnung Calvados kam erst später auf. Erheblich ausgebaut wurde die Produktion, als im Zuge der Französischen Revolution jeder Bauer, der eigenes Brennobst anbaute, das Recht zur abgabenfreien Schnapsherstellung bis zu einem Volumen von umgerechnet ca. zehn Liter reinem Alkohol erhielt. Diese Maßnahme führte zu einer erheblichen Vermehrung des Apfelbaumbestands in der Normandie.

Bis zum Zweiten Weltkrieg galt Calvados trotzdem überwiegend als preiswerter Bauernschnaps für den regionalen Gebrauch. Nennenswerten Export gab es nicht. Die deutsche Besetzung des Landes führte allerdings zu einer einschneidenden Veränderung: Aus kriegswirtschaftlichen Gründen verfügten die deutschen Behörden die Beschlagnahme aller französischen Spirituosenbestände und der laufenden Produktion. Ausgenommen waren lediglich Cognac und Armagnac, deren Destillate einer genau bestimmten geographischen Herkunftsbezeichnung unterlagen. Die Militärverwaltung richtete zur Kontrolle der Ernten und ihrer Verarbeitung ein „Bureau International professionnel de Cognac“ und eine vergleichbare Stelle für Armagnac ein. Der damalige französische Landwirtschaftsminister Jacques Le Roy Ladurie, der selbst aus der Normandie stammte, setzte durch, dass diese Praxis auch auf den Calvados übertragen wurde. 1942 wurde das „Bureau National Interprofessionel des Calvados et Eau-de-Vie-de-Cidre“ (BNICE) eingerichtet, das zugleich die Voraussetzung für eine Qualitätsverbesserung und eine bessere Vermarktung des Produkts schuf. Calvados erhielt durch die Festlegung der Herkunftsgrenzen und der Produktqualität einen Namensschutz, der durch das Büro überwacht wurde.

Die durch die alliierte Invasion bedingten Schäden unterbrachen die Entwicklung zunächst. Zudem verschwand aufgrund der von der Regierung von Pierre Mendès-France eingeführten Abholzprämien ein erheblicher Teil des Apfelbaumbestandes. Das Recht der Eigenbrennerei wurde beschnitten, Brennrechte waren nicht mehr auf die Hoferben vererbbar. Dagegen weitete sich die Produktion der industriellen Brennereien in dieser Zeit weiter aus. Im Oktober 1987 verursachten Sturmschäden mit einer Zerstörung von rund 25 Prozent der Baumbestände höhere Verluste als der Zweite Weltkrieg.

In Deutschland verbreitete sich der Calvados erst nach dem Zweiten Weltkrieg in größerem Umfang. Der deutsche Import erreichte 1987 die Menge von 2,2 Millionen Flaschen in etwa 60 verschiedenen Marken von rund 30 industriellen Brennereien. Die Bundesrepublik entwickelte sich bis Ende der 1980er Jahre zum Hauptabnehmer vor der Schweiz, Japan und Belgien.

Destillation und Lagerung

Zur Herstellung von Calvados wird der frische Apfelmost in einigen Wochen zu Cidre vergoren, der einen Alkoholgehalt von etwa 5 Vol.-% hat. Zugelassen sind nur 48 verschiedene Apfelsorten. In der Regel sollten 40 % süße Äpfel, 40 % bittere Äpfel und 20 % saure Äpfel gemischt werden. Vor der Destillation bleibt dieser Cidre dann allerdings, anders als der zum Trinken gedachte, noch ein bis zwei Jahre länger im Fass. Danach folgt der zweistufige Destillationsprozess: der erste Brand (Rohbrand) hat einen Alkoholgehalt von etwa 25 Vol.-% und wird auch „petite eau“ (kleines Wässerchen) genannt. Dieser wird nun für einige Zeit gelagert und dann ein zweites Mal (Feinbrand) gebrannt. Der Alkoholgehalt wasserklaren Feinbrands liegt jetzt bei ca. 70 %. Nun wird die Spirituose noch zwei bis sechs Jahre in Fässern, vorzugsweise aus Eiche und Kastanie, gelagert, bevor sie auf Trinkstärke verdünnt und in Flaschen abgefüllt wird.

Je älter der Calvados ist, desto samtiger und aromatischer schmeckt er. Die Farbe ist dann bernsteinfarben bis cognacbraun. Die Altersbezeichnungen lauten: VO oder vieille réserve (vier Jahre), VSOP (mehr als fünf Jahre) und Napoléon oder X.O. (Extra Old, mehr als sechs Jahre).

Herstellungsgebiet und Klassifizierung

Es gibt drei verschiedene Sorten, den „Calvados“, den „Calvados Pays d’Auge“ und den „Calvados Domfrontais“, deren Herstellungsgebiete durch das „Institut National des Appellations d’Origine (INAO)“ verbindlich festgelegt sind. Der gesamte Herstellungsprozess dieser Apfelbrände – die Apfelernte, die Aufbereitung und Destillation – muss vollständig im jeweiligen Herstellungsgebiet durchgeführt werden. Entsprechend gibt es drei verschiedene Schutzsiegel (Appellation d’Origine Contrôlée (AOC)) zur Beschreibung der drei Herstellungsgebiete und der dortigen Herstellungstraditionen. So müssen zum Beispiel zur Herstellung des Calvados Domfrontais mindestens 30 % Birnen verwendet werden.

Apfelbrände, die sich nicht Calvados nennen dürfen, heißen Eau-de-vie de Pomme, Apple Brandy oder Applejack sowie Aquardiente di Sidre.

In Frankreich trinkt man auch gerne zwischen zwei Gängen bei einem längeren Menü einen Calvados, um „den Magen aufzuräumen“. Dies bezeichnet man als „[faire] le trou normand“ (wörtlich: „das normannische Loch [machen]“).

Früher wurde Calvados als bäuerliches Getränk meist aus einfachen Schnapsgläsern getrunken. Mit der Erhebung zur Edelspirituose kamen vermehrt dünnwandige Schwenker mit sich verjüngender Öffnung wie für den Cognac auf. Oft wird Calvados auch in Trinkgefäßen aus Ton oder Steingut serviert, die mit ihrer Form (3/4 einer Kugel) an die Schädelkalotten der Feinde erinnern sollen, aus denen die Normannen tranken.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

 Commons: Calvados (Getränk) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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