Chatham Islands-Kolonisierung

Chatham Islands-Kolonisierung

Die Chatham Islands-Kolonisierung war ein Plan interessierter Hamburger Kaufleute und Investoren, mit ausreisewilligen Siedlern eine deutsche Kolonie auf den Chatham Islands, gut 650 km südöstlich von Neuseelands Nordinsel gelegen, zu gründen.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Inspiriert von Edward Gibbon Wakefields Kolonisierungstheorien entwickelte sich unter seiner Meinungsführerschaft Mitte der 1830er neues Interesse an einer Kolonialisierung Neuseelands durch britische Investoren. Die Gründe, die ab 1825 nach einigen erfolglosen Versuchen, 1838 schließlich zur Gründung der zweiten New Zealand Company führten waren vielfältig und reichten, geprägt von puren Kapitalinteressen bis hin zu der Idee, durch Umsiedlung von Arbeitslosen nach Neuseeland eine Lösung für einen Teil der sozialen Probleme Großbritanniens gefunden zu haben.

Doch der Plan der New Zealand Company, mit Landverkäufen an britische Ausreisewillige schnell Geld zu verdienen, ging nicht auf und der am 6. Februar 1840 zwischen den Māori-Chiefs und der britische Krone geschlossene Vertrag von Waitangi machten den Handel mit Māori-Land nicht einfacher. So sah man sich schließlich, um finanzielle Engpässe umgehen zu können, Anfang der 1840er auch auf dem europäischen Kontinent nach geeigneten Investoren und ansiedlungswillige Arbeiter um.

Die guten Handelsbeziehungen zwischen Norddeutschland und der britischen Inseln halfen Kontakte zwischen der New Zealand Company und norddeutschen Kaufleuten herzustellen und bei ihnen Interesse an Siedlungsvorhaben in Neuseeland zu wecken.

Geschichte

Federführend bei den Verhandlungen zwischen Hamburger Kaufleuten und der New Zealand Company, die die Inseln ihrerseits im Juli 1840 von den Eroberern der Inseln, den Māori-Iwi von Port Nicholson gekauft hatte[1], war seinerzeit Karl Sieveking, Senatssyndicus in Hamburg. Er unterzeichnete am 12. September 1841 eine Absichtserklärung zum Kauf der gesamten Inselgruppe der Chatham Islands für 10.000 Pfund Sterling. Der Kaufvertrag sollte von der noch zu gründenden Deutschen Colonisation-Gesellschaft bis zum 12. März 1842 in London ratifiziert werden.[2] Man ging gemeinsam davon aus, dass die Inseln, die seitens der Hamburger Kaufleute offiziell als Strafkolonie im Vertrag deklariert waren, nicht dem britischen Empire unterstanden, da eine offizielle Annektierung bis zu dem Zeitpunkt nicht ausgerufen war. Am 15. Oktober 1841 informierte Joseph Somes, Direktor der New Zealand Company, den Colonial Secretary Lord Stanley von dem Vorhaben. Damit wurde der Verkauf öffentlich und bekam eine politische Dimension, die die britische Krone zwang eine offizielle Entscheidung in Sachen Chatham Islands zu treffen.

John Nicholas Beit, der als Vertreter der New Zealand Company im Februar 1842 seinen Vortrag vor dem provisorischen Komitee der zuvor gegründeten Deutschen Colonisation-Gesellschaft[3] hielt, versuchte mit seinem Pamphlet[4] mit allen Mitteln die Vorteile einer Besiedlung durch deutsche Siedler hervorzuheben und damit die Hamburger Kaufleute und Investoren von den Vorzügen des Kolonisierungsvorhabens zu überzeugen. Doch das Aus zur Gründung einer deutschen Kolonie auf den Chatham Islands kam am 4. April 1842. In einem königlichen Letters Patent, unterzeichnet von der Queen Victoria, verschob die britische Krone die östliche Grenze von Neuseeland bis hinter den 177 Längengrad, welcher die Chatham Islands mit einschloss und machte damit die Inseln zum Bestandteil der Kolonie Neuseeland unter britischer Souveränität. Abgeleitet wurde der Anspruch an der Inselgruppe dabei durch die Landung von Leutnant William Robert Broughton 1791 auf der Hauptinsel Chatham Island (Moriori: Rekohu; Māori: Wharekauri) und deren Inbesitznahme im Namen von König George III.[1]

Wann genau die Deutsche Colonisation-Gesellschaft ihre Kolonisierungsvorhaben aufgab ist nicht bekannt. Spätestens jedoch nach einem Großfeuer im Mai 1842, bei dem die Gesellschaft erheblichen Sachschaden erlitt, fehlten finanzielle Mittel für weitere Engagements.

Literatur

  • John Nicholas Beit; Perthes-Besser und Mauke (Hrsg.): Auswanderungen und Colonisation - mit besonderem Hinblick auf die von der Deutschen Colonisation-Gesellschaft beabsichtigte Begründung ihrer ersten Colonie auf dem Chatham-Inseln - nebst der neuesten Charte derselben und Ansicht der Waitangui-Bay - mit einem Anhange, enthaltend die Entwickelung des Wakefieldschen Systems, die Bilancen der Neuseeland-Compagnie, und ein Schema der nöthigen Diäten für Auswanderer. Hamburg 1842 (71 Seiten langes Pamphlet).
  • Rhys Richards; James N. Bade (Hrsg.): Plans for a German Colony on the Chatham Islands. Chapter 5, Oxford University Press, Auckland 1993, ISBN 0-19-558283-7, S. 46-51.

Einzelnachweise

  1. a b Arthur Saunders Thomson; John Murray (Hrsg.): History of the Discovery of New Zealand by Europeans - Chapter V. Commencement of Colonisation, 1839 to 1842. Volume II, Part II, London 1859, S. 35 (http://www.enzb.auckland.ac.nz/document?wid=809&page=0).
  2. Samuel Revans (Hrsg.): English Extracts - Settlement of the Chatham Islands. Volume III, Issue 139, Wellington 7. Mai 1842, S. 2 (http://paperspast.natlib.govt.nz/cgi-bin/paperspast?a=d&d=NZGWS18420507.2.12).
  3. Samuel Revans (Hrsg.): The Chatham Islands. Volume I, Issue 72, Wellington 7. April 1843, S. 3 (http://paperspast.natlib.govt.nz/cgi-bin/paperspast?a=d&d=NZCPNA18430407.2.12).
  4. John Nicholas Beit: Auswanderungen und Colonisation. 1842 (siehe Literaturangabe).

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