Filmsemiotik

Filmsemiotik

Die Filmsemiotik, ein Teilgebiet der Filmtheorie, beschäftigt sich mit der Semiotik im Film. Jeder Film besteht aus einzelnen Bildern, die zusammengesetzt Sequenzen ergeben. Diese Bilderfolgen vermitteln Gefühle, Ereignisse und andere wichtige Inhalte. Damit diese Inhalte „richtig“ verstanden werden und deutbar sind, existiert in der Bildsprache des Films der Code. Die Filmsemiotik untersucht das Verhältnis des Films zur abgebildeten Wirklichkeit, seine Repräsentationsmechanismen und die Wirkung seiner Bedeutungsebenen.

Inhaltsverzeichnis

Ansätze der Filmsemiotik in den 1960er Jahren

Bereits in den 1920er Jahren wurden Vergleiche der Wirkungsweise von Filmen zum Zeichen- und Verständigungssystem der Sprache gezogen. Erst in den 1960er Jahren bildeten sich jedoch einige grundlegende Positionsansätze heraus.

Umberto Eco verfolgte, analog zur Betrachtung der Sprache, einen strukturalistisch geprägten Ansatz und versuchte, die kleinste filmsprachliche Einheit, das Einzelbild und seine Bestandteile, als Grundelement eines Zeichensystems zu betrachten. Ergebnisse der Wahrnehmungspsychologie zeigen jedoch, dass die Wirkungsmechanismen des Films nicht denen natürlicher Sprache entsprechen, der Film also ein inhaltsbesetzter Apparat ist, der nach anderen Regeln als sprachlichen funktioniert.

Pier Paolo Pasolini vertrat einen eher kognitionalen Aspekt der Filmsemiotik und stellte fest, Film sei „eine geschriebene Sprache der Realität“. Die Imitation menschlichen Handelns sei das strukturierende Prinzip des Films.

Christian Metz schließlich nahm einen ähnlichen Ansatz wie Eco auf, verneinte allerdings den Wert der kleinsten Zeicheneinheit; das Einzelbild sei für den Zuschauer als solches nicht wahrnehmbar. Vielmehr sei die größere Einheit zu betrachten, die Sequenz, die ebenfalls nach sprachlichen Mechanismen funktioniere, da sie segmentierend, isolierend, opponierend und so weiter wirken könne. In Betrachtung verschiedener Strategien der Montage bildete Metz eine Liste von Sequenztypen, die er als „Syntagmen des Films“ bezeichnete.

Psychoanalytische Ansätze in den 1970er Jahren

Die Verständnisentwürfe von Eco, Pasolini und Metz, ergänzt durch weitere Pioniere der Filmsemiotik wie Jan Marie Peters, Peter Wollen, Jurij M. Lotman und Hartmut Bitomsky, blieben weitgehend unrezipiert, da strukturelle Schwächen unübersehbar waren: die Einengung auf den Vergleich mit Sprache wurde dem Wirkungsmedium Film nicht gerecht. Mitte der 1970er Jahre geriet die unter anderem auf marxistischen Grundlagen basierende Psychoanalytische Filmtheorie, die Deutung einer unbewusst wirkenden Symbolsprache, in den Mittelpunkt der Filmsemiotik. Christian Metz übertrug psychoanalytische Termini, orientiert an Freud und Lacan, auf die Wirkstruktur des Films.

Seit den 1980er Jahren

Die Filmsemiotik wurde zunehmend nicht mehr als eigenständiges, monolithisches Forschungsgebiet gewertet, sondern im Nachdenken über Film auf Teilaspekte der Entschlüsselung von Filmsprache anhand konkreter Filmtechniken übertragen. So wurden dramaturgische Filmstrukturen wie Point of View, Rückblende oder Parallelmontage, eingebettet in den filmgeschichtlichen Zusammenhang und in die Genrestruktur, auf ihre Deutbarkeit hin untersucht, ebenso isolierte Aspekte wie Licht, Farbe und Ton im Film. Heutige Ansätze sind pragmatischer als die frühen Theorien und erforschen in Einzelfallbetrachtungen die kommunikativen Wechselwirkungen zwischen Film, Filmemacher und Zuschauer.

Literatur

  • Christian Metz: Semiologie des Films. München, 1972.
  • Christian Metz: Sprache und Film. Frankfurt am Main, 1973.
  • Karl-Dietmar Möller: Filmsprache. Eine kritische Theoriegeschichte. Münster, 1986.
  • Peter Wollen: Signs and Meaning in the Cinema. London, 1969.
  • Peter Wuss: Filmanalyse und Psychologie. Berlin, 1993.

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