- Drill (Erziehung)
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Unter Drill versteht man umgangssprachlich einen strikt autoritären Unterrichts- oder Erziehungsstil, bei dem das Kind durch sture Wiederholung immer gleicher Übungen und durch Auswendiglernen zu hohen Leistungen gebracht werden soll. Ein Lehrer oder ein Elternteil, der ein Kind drillt, setzt sich dem Verdacht aus, die Eigeninitiative, das selbstständige und unabhängige Denken, die Fantasie und Kreativität des Kindes wenig zu wertschätzen und darum entweder zu ignorieren oder zu unterdrücken.[1] Auch mit einer liebevollen Hinwendung zum Kind und mit Respekt vor seiner Individualität gilt „Drill“ als nicht vereinbar.[2] „Drill“ fördert – demselben Verständnis zufolge – nicht die Entwicklung des Kindes, sondern zielt auf Disziplin, Gehorsam und eine Brechung des Willens und erscheint damit als Ausweis einer Schwarzen Pädagogik.
Weil es jedoch kein Kriterium gibt, mit dessen Hilfe „Drill“ eindeutig von den verwandten Begriffen „Training“ oder „Üben“ zu unterscheiden wäre, hat der Begriff in den wissenschaftlichen Sprachgebrauch keinen Eingang gefunden. Umso häufiger sprechen solche Autoren von „Drill“, die hervorheben wollen, dass sie ein bestimmtes Training oder eine Übung als sinnlos oder als unzumutbar hart und anstrengend beurteilen.[3]
Inhaltsverzeichnis
Begriffsgeschichte
Der aus dem Militärwesen (Exerzieren, Waffendrill) entlehnte Begriff gelangte mit der Reformpädagogik im späten 19. Jahrhundert in die Pädagogik und bezeichnet dort seitdem schlagwortartig den Zwang der Schule alten Stils, deren Lehrmethoden von Autoritarismus und Auswendiglernen geprägt waren. Mit der Erfindung des handlungsorientierten Unterrichts, in dessen Rahmen der Schüler aus eigenem Antrieb und mit eigener Zielsetzung lernen soll (Selbsttätigkeit), erfuhr das Üben, das auch am humanistischen Gymnasium humboldtscher Prägung noch eine zentrale Rolle spielte, eine Neubewertung als „unnatürlicher“ und „mechanischer Drill“. Die Kritik war insbesondere gegen solche Inhalte gerichtet, die als „unnütz“ und rein prüfungsorientiert empfunden werden, wie das Pauken Alter Sprachen oder des Katechismus.[4] Noch in der 2001 erschienen 3. Auflage des Didaktischen Wörterbuches kann man lesen, dass an modernen Schulen beim Einüben von Fertigkeiten – das gelegentlich selbst heute noch als Automatisierung erfolge – „mechanischer Drill“ vermieden werde.[5]
Literatur
- Monika Löhle: Siegen kann man später. Warum Tigermütter nicht erfolgreich sind. Orell Füssli Verlag, Zürich, 2011. ISBN 978-3-280-05444-4
Weblinks
Wiktionary: Drill – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, ÜbersetzungenEinzelnachweise
- ↑ „Eigeninitiative kann sehr viel bewegen“ NDR, 1. Februar 2011; Drill auf Chinesisch Tages-Anzeiger, Zürich, 29. Januar 2011; Chinesische Schüler: Auswendiglernen sehr gut, Phantasie ungenügend Spiegel online, 29. Januar 2011; Bildungsdebatte in China: Zwischen Drill und Kreativität Tagesschau, 1. Februar 2011
- ↑ Ist die „Super-Nanny“ wirklich super? Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen; TV-Kritik: Mehr Drill für Schweizer Kinder? Tages-Anzeiger, 16. Februar 2011
- ↑ Schülerdrill in Südkoria: Lernen heißt leiden Spiegel online, 9. Dezember 2010; Amy Chua: Mit Drill zum Erfolg ZDF, 28. Januar 2011 (Kulturmagazin aspekte); Drill auf der Schulbank: Chinesische Kinder pauken von morgens bis abends 3sat, 3. Februar 2011
- ↑ Wolfraum Hauer: Lokale Schulentwicklung und städtische Lebenswelt: Das Schulwesen in Tübingen von seinen Anfängen im Spätmittelalter bis 1806, Wiesbaden: Franz Steiner, 2003, ISBN 3-515-07777-4, S. 485 (eingeschränkte Online-Version in der Google Buchsuche-USA); H. Scherer: Zur Entwicklungsgeschichte der Schule: Deutschland, S. 96, in: Pädagogischer Jahresbericht, Band 54, 2. Abteilung, 1901, S. 1-184 (eingeschränkte Online-Version in der Google Buchsuche-USA)
- ↑ Hartwig Schröder: Didaktisches Wörterbuch, München, Wien: Oldenbourg, 2001, ISBN 3-486-25787-0, S. 112 (eingeschränkte Online-Version in der Google Buchsuche-USA)
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