Carl-Heinz Hargesheimer

Carl-Heinz Hargesheimer

Carl-Heinz Hargesheimer (Künstlername: Chargesheimer) (* 19. Mai 1924 in Köln; † 31. Dezember 1971 oder 1. Januar 1972 ebda.) war ein deutscher Fotograf.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Chargesheimer studierte nach dem Zweiten Weltkrieg an den Kölner Werkschulen, Grafik und Fotografie. Sein Interesse galt verschiedenen Künsten, wie Oper, Schauspiel, Bühnenspiel, Kostümentwurf und Malerei, jedoch hauptsächlich der Fotografie.

Ab 1950 experimentierte Chargesheimer mit abstrakten Lichtstrukturen auf Fotopapier und Fotomontagen. Ab 1955 arbeitete er als freier Fotograf und wurde sowohl durch seine dynamisch-aggressiven Portraits von Personen des öffentlichen Lebens (z. B. Konrad Adenauer), wie durch lebensnahe Reportagen über seine Landsleute bekannt.

Er veröffentlichte 14 Bildbände mit verschiedenen Themen wie Städte, Landschaften, Theater. Nebenbei erschuf er Meditationsmühlen, bewegte Skulpturen aus Acrylglas. Zuletzt veröffentlichte er seine Arbeit Köln 5Uhr30.

Die „Deutsche Gesellschaft für Photographie“ (DGPh) zu Köln ehrte Chargesheimer 1968 mit ihrem Kulturpreis.

Die Kölner Musikgruppe BAP bezog sich 2004 in ihrem Lied „Unger Krahnebäume“ (hochdeutsch: „Unter Krahnenbäumen“) auf Chargesheimers Bildband über das gleichnamige Kölner Viertel.[1]

Der Chargesheimerplatz in Köln

Auf Initiative der Chargesheimer Gesellschaft wurde am 20. Oktober 2006 in Köln ein kleiner Platz zwischen Dom und vor dem Alten Wartesaal des Hauptbahnhofs Chargesheimerplatz benannt [2]. Eine Bronzetafel am Alten Wartesaal erinnert an Chargesheimer.

Einfluss auf die Politik

Nachdem Chargesheimer sich mit einer Ausstellung bissiger Nahsicht-Porträts von Kölner Größen sowie dem Band »Cologne intime« einen Namen gemacht hatte, bestellte der Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein bei ihm kurz vor der Bundestagswahl 1957 ein Adenauer-Porträt für die Titelseite. Augsteins Hoffnungen entsprechend entstand das Bild eines „in Granit gemeißelten, maskenhaften Antlitz', das von politischer Versteinerung und Vergreisung erzählte“.[3] Seine Rechnung ging jedoch nicht auf, Adenauer gewann die Wahl trotzdem. Durch das Titelfoto und die folgende allgemeine Entrüstung wurde Chargesheimer indes bundesweit bekannt.

Retrospektive im Museum Ludwig 2007/2008

Zusammenfassung des Textes zur Ausstellung „Chargesheimer. Ein Bohémien aus Köln“ im Museum Ludwig: Auf den 1958 von Chargesheimer mit Texten von Heinrich Böll veröffentlichten Bildband „Ruhrgebiet“ reagierte der Essener Oberbürgermeister empört: „Wir sind es gründlich leid von Außenseitern in dieser Weise dargestellt zu werden […] Wir haben nicht die Absicht, derartige Veröffentlichungen unwidersprochen hinzunehmen […] Solche Darstellungen akzeptieren wir nicht“! [4]

Zitat Museum Ludwig: „Chargesheimer war ein Querkopf, ein Querdenker, ein Bohemien in der Zeit des Wiederaufbaus nach dem Krieg, in der solche Typen eigentlich nicht gemocht wurden. Aber die Freunde rühmten sein Selbstbewußtsein, seine Zivilcourage, seine Ironie und seinen Sarkasmus, wenn es um die Kritik der Nachkriegsgesellschaft ging.“[4]

Chargesheimer liebte Köln und blieb ihm Zeitlebens eng verbunden. Er sah die Entwicklung Kölns in der Wiederaufbauphase und auch später sehr kritisch. Das von ihm 1958 porträtierte Kölner Viertel „Unter Krahnenbäumen“ änderte immer mehr seinen Charakter. In seinem letzten Buch Köln 5 Uhr 30 macht er 1970 photografisch eine kritische Bestandsaufnahme des damaligen Köln:„einen melancholischen Abgesang an ‚seine‘ Stadt Köln, die im Beton zu erstarren drohte. Alle äußerten Ratlosigkeit aber keiner wußte letztlich eine Erklärung zu liefern, als Anfang Januar 1972 Chargesheimer tot in seiner Wohnung aufgefunden wurde.“[4]

Die in der Ausstellung auch gezeigten Texte von Freunden Chargesheimers porträtieren ihn als Einzelgänger, der es sich und anderen manchmal schwer machte, aber sehr begabt war und auch ein großzügiger Mensch sein konnte. Er litt sehr unter dem herrschenden Fotobetrieb, der ihm (so in einem O-Ton zu hören) das eigene Denken nicht erlaubte und der mit seinen Fotos umging „wie Deutschland im Krieg mit den Polen“ (Zitat auf einem ausgestellten Text). Auch deshalb wandte er sich z. B. seinen „Meditationsmühlen“ zu, die vom Publikum aber kaum wahrgenommen wurden. Eine von ihm hergestellte Skulptur aus Draht wurde sogar vom Publikum zerstört. Chargesheimer meinte dazu, das habe ihn nicht weiter erstaunt, er habe eigentlich nichts anderes erwartet. So wird es in einem Filmdokument in der Ausstellung berichtet.

„Neben dem umfangreichen Nachlass, der sich im Museum Ludwig befindet, konnten viele bislang völlig unbekannte Dokumente und Fotografien von Chargesheimer für dieses Ereignis aufgespürt werden.“[4]

Publikationen

  • 1970: Köln 5 Uhr 30. Köln: DuMont Schauberg (sein letztes Buch), siehe auch: Köln 1970/1995 – Fotografien von Chargesheimer und Wolfgang Vollmer erschienen 1996 im J. P. Bachem Verlag (ISBN 3-7616-1295-8)
  • 1967: Theater, Theater. Frankfurt: Büchergilde Gutenberg
  • 1965: Köln farbig photographiert. Köln: Verkehrsamt (mit Peter Cornelius und Horst Bauman)
  • 1960: Menschen am Rhein. Frankfurt: Büchergilde Gutenberg
  • 1959: Berlin. Bilder einer großen Stadt. Köln: Kiepenheuer und Witsch
  • 1959: Romanik am Rhein. Köln: Greven
  • 1958: Im Ruhrgebiet, Text Heinrich Böll, Köln: Kiepenheuer und Witsch
  • 1958: Unter Krahnenbäumen. Köln: Greven (mit einem Vorwort von Heinrich Böll), neu aufgelegt 1998 im Schaden Verlag (ISBN 3-932187-02-4)
  • 1957: Cologne intime. Köln: Greven

Einzelnachweise

  1. BAP - „Unger Krahnebäume“, 2004, bei youtube.com
  2. 50° 56′ 32″ N, 6° 57′ 34″ O50.9422222222226.95944444444447
  3. Ein Querkopf mit Kamera - Chargesheimer in: StadtRevue Köln Magazin 10/2007
  4. a b c d Homepage Museum Ludwig, Köln, Stand 10. Januar 2008

Weblinks

Literaturhinweise

  • Bodo von Dewitz/Chargesheimer: Chargesheimer 1924 - 1971. Bohemien aus Köln. Greven Verlag Köln 2007, ISBN 978-3-774-30402-4 (Gebundene Ausgabe)
  • Jörn Glasenapp: Die deutsche Nachkriegsfotografie: Eine Mentalitätsgeschichte in Bildern. Wilhelm Fink Verlag Paderborn 2008, S. 322-338, ISBN 978-3-7705-4617-6

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