Eine Hand voller Sterne

Eine Hand voller Sterne

Eine Hand voller Sterne ist ein 1987 erschienener Roman von Rafik Schami. In Tagebuchform wird die Geschichte eines damaszener Bäckerjungen erzählt, der sich auf dem Weg befindet, seinen Traum, Schriftsteller zu werden, zu verwirklichen. Neben den üblichen Problemen des Erwachsenwerdens wird auch die Zensur in Syrien thematisiert. Der Roman lässt sich der Jugendliteratur und der Migrantenliteratur zuordnen. Einen Teil der handelnden Personen verwendete Schami auch in Erzähler der Nacht.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Ein Bäckerjunge aus einem armen Stadtviertel in Damaskus beginnt im Alter von vierzehn Jahren ein Tagebuch zu führen, indem er seine Erlebnisse aufschreibt, seine Gefühle beschreibt und seine Meinungen äußert, ohne ein Blatt vor dem Mund zu nehmen.

Der Ich-Erzähler (dessen Name nicht genannt wird) geht gerne in die Schule und bekommt gute Noten. Dort hat er auch viele Freunde, die ihm zur Seite stehen, wenn er sie braucht. Mit ihnen gründet er eine Bande namens Die Schwarze Hand, die gegen das Unrecht in seiner Stadt ankämpfen will.

In seiner Nachbarschaft wohnt ein hübsches Mädchen namens Nadia, die er lieb gewonnen hat. Außerdem ist er ein begabter junger Dichter. Seine Gedichte schickt er einem Verleger, der sie dann sogar drucken lässt.

Eines Tages wird er gegen seinen Willen, auf Entscheidung seines Vaters hin von der Schule genommen und gezwungen, in der Bäckerei des Vaters zu arbeiten. Plötzlich redet Nadia nicht mehr mit ihm. So kommt er zum Entschluss wegzulaufen. Doch sein enger Freund Salim bittet ihn, noch einige Zeit abzuwarten. Der Junge befolgt diesen Rat und bleibt schließlich doch in Damaskus. Nadia redet wieder mit ihm und sein Leben nimmt wieder einen positiven Verlauf.

Der Bäckerjunge kommt auf die Idee, selbst das Brot der väterlichen Bäckerei in die Häuser zu liefern, um auf diese Weise neue Kunden zu gewinnen. Bei diesem Unternehmen lernt er Miriam kennen, mit der er sich über vieles unterhalten kann. Auch einen älteren Journalisten namens Habib lernt er durch Miriam kennen, dem er dann erzählt, dass er auch gerne Journalist werden würde. Mit der Zeit werden die beiden dicke Freunde und Habib bringt ihm die wichtigsten Sachen bei, die er braucht, um Journalist zu sein. Gemeinsam fassen sie den Entschluss, eine anonyme Zeitung zu gründen, in der sie über die Ungerechtigkeit im Land berichten und die Regierung kritisieren. Sie stopfen die Zeitungsblätter in Socken und verkaufen diese billig, sodass sie in Umlauf kommen, ohne dass jemand auf die Idee kommt, dass sie die Texte geschrieben haben.

Für eine Weile läuft dieses Unterfangen gut. Doch plötzlich stirbt Onkel Salim und Habib wird festgenommen, weil die syrische Regierung herausgefunden hat, dass er die Zeitung führt. Doch der inzwischen Siebzehnjährige gibt nicht auf und führt mit seinen Freunden Mahmud und Nadia die Sockenzeitung weiter, um der Regierung zu demonstrieren, dass sie immer für die Wahrheit kämpfen werden und diese nie aufgeben

Handelnde Personen

Ich-Erzähler

Der Ich-Erzähler ist am Anfang des Buches 13 Jahre alt (später 17) und lebt in Damaskus/Syrien. Sein Name wird im ganzen Buch nicht erwähnt. Der Ich-Erzähler ist Christ. In seinem Tagebuch schreibt er seine Gefühle und seine Liebe zu dem Nachbarsmädchen Nadia nieder. Durch die unterschiedlichen Tätigkeiten, die er ausübt und ausüben muss, lernt er viele Menschen kennen: Als Schüler kommt er durch seinen Lehrer in Kontakt mit einem Verleger, der seine Gedichte veröffentlicht. Er arbeitet als Bäckerjunge in der Bäckerei seines Vaters und lernt durch das Ausliefern von Broten Mariam und Habib kennen. Beide unterstützen ihn in seinem Plan, als Journalist zu schreiben. Habib wird zu seinem wichtigsten Vorbild. Später hilft er in einer Buchhandlung aus und kann so Kontakte zu Verlegern knüpfen. Seine besten Freunde sind Josef, Mahmud und Onkel Salim. Seine jüngere Schwester heißt Laila. Der Ich-Erzähler ist ein freundlicher Junge, er hat jedoch auch schlechte Eigenschaften, er raucht nämlich Zigaretten. Seine restlichen Eigenschaften sind jedoch positiv: Er ist mutig, klug, ein guter Dichter, eigenständig und, solange er zur Schule ging, Klassenbester. Mit seinem Vater, der ihn zu der Arbeit in der Bäckerei zwingt, hat er große Schwierigkeiten. Seine Lieblingsblume ist die Jasminblume.

Onkel Salim

Er ist 75 Jahre alt und gehört zu den besten Freunden des Ich-Erzählers. Er ist derjenige, der den Ich-Erzähler auf die Idee bringt Tagebuch zu schreiben. Er ist Christ, glaubt aber nicht an alles in der Religion. Zu seinen Lieblingsbeschäftigungen gehört das Geschichtenerzählen, was er und seine Zuhörer lieben. Er berichtet von den vielen Abenteuern, die er als Kutscher erlebt hat. Er musste in früheren Zeiten in die Berge flüchten um dem Militärdienst zu entgehen. Die Idee der Sockenzeitung unterstützt er. Als der Ich-Erzähler von zu Hause ausreißen will, ist es Onkel Salim, der ihn dazu bewegt, sich eine Frist zu setzen und es noch ein halbes Jahr zu versuchen, um dem Traum, als Journalist zu arbeiten, näher zu kommen. Er hat eine verstorbene Frau und eine Tochter die im Roman erwähnt werden. Salim stirbt gegen Ende des Romans.

Habib

Er arbeitet als Journalist und ist ca. 50 Jahre alt. Habib ist es, der dem wissbegierigen Ich-Erzähler die wichtigsten journalistischen Techniken beibringt, und ihm das Dasein als Journalist nahebringt. Er erzählt wenig von sich selbst. Er wird letztendlich wegen seiner regimekritischen Ansichten und Aktivitäten vom syrischen Geheimdienst verhaftet. Er ist sehr mutig und setzt sich bis zuletzt für seine Ideale ein, deshalb ist er auch ein Vorbild für den Ich-Erzähler. In dem Roman wird erwähnt, das Habib eine Affäre mit seiener Nachbarin Mariam hat. Seine Frau wurde vor Jahren erschossen, als die beiden auf der Flucht waren bzw. politisch verfolgt wurden.

Nadia

Nadia ist die Freundin des Ich-Erzählers, sie ist genauso alt wie er. Nadia hat einen strengen Vater, der als Geheimagent für die jeweilige syrische Regierung arbeitet, wodurch Treffen der beiden erschwert werden. Nadias Familie ist auf Grund des Berufs des Vaters wohlhabend. Sie ist Christin und geht mit ihrer Familie in die Kirche.

Mahmud

Mahmud ist der beste Freund des Ich-Erzählers. Er ist 15 Jahre alt und wohnt im selben Haus wie der Ich-Erzähler. Mahmud schreibt witzige, sozialkritische Theaterstücke. Bei einem Radiosender wird eines seiner Stücke, jedoch unter falschem Namen, gesendet.

Ali

Ali ist einer der Freunde des Ich-Erzählers und verdient seit vielen Jahren Geld durch die Touristen in Damaskus.

Josef

Josef ist ein Freund des Ich-Erzählers. Er lebt auch in der Nachbarschaft. Auch er ist Mitglied der Schwarzen Hand und dachte sich sogar den Namen aus. Später will er ins Militär und so verschlechtet sich die Beziehung zum Ich-Erzähler.

Mariam

Der Ich-Erzähler kommt in Kontakt mit ihr, weil er ihr Brote aus der väterlichen Bäckerei liefert. Sie ist die Freundin, Geliebte und Nachbarin von Habib und stellt den Ich-Erzähler und Habib einander vor.

Der Verrückte

Er ist ein Mann, der dem Ich-Erzähler häufig über den Weg läuft. Er trägt fortwährend einen Vogel (Spatz) auf seiner Schulter. Außerdem redet er nie, obwohl er viele Sprachen beherrscht. Auch er wird verhaftet und im Gefängnis gefoltert. ER erzählt dem Ich-Erzähler eine belehrende Geschichte, die seine spätere geistige Entwicklung stark beeinflusst.

Herr Katib

Er ist der Arabisch Lehrer des Ich-Erzählers in der Schule. Herr Katib ist schon älter, aber wird von seinen Schülern sehr geschätzt, da er sie unter anderem frei schreiben lässt. Bei ihm lernen sie die Sprache lieben. Er ist derjenige, der den Ich-Erzähler dazu animiert, seine Gedichte an einen Verlag zu schicken.

Leila

Leila ist die jüngere Schwester des Ich-Erzählers.

Interpretation

Rafik Schami erzählt in seinem Buch Eine Hand voller Sterne aus der Perspektive eines armen Bäckerjungen vom Leben in Damaskus und den damit verbundenen Problemen. Der Ich-Erzähler muss hart dafür kämpfen, seinen den Traum des Schreibens (von Gedichten und journalistischen Texten) verwirklichen zu können. Aus der Sicht des Jungen werden dem Leser soziale Ungleichheiten ebenso vor Augen geführt wie politische. Die Lebenssituationen von verschiedensten Menschen mit unterschiedlichen Religionen, Berufen und Hintergründen werden dem Leser nahe gebracht. Da gibt es den Vater des Jungen, der sich als Bäcker durchschlägt und dem das Arbeiten in der Bäckerei wichtiger ist als eine gute Schulbildung. Da gibt es den alten Onkel Salim, der trotz ärmlicher Verhältnisse den Blick auf das Schöne nicht verloren hat und alle mit seinen Geschichten fesselt. Da gibt es Habib, der als Journalist gegen die syrische Regierung kämpft und diesen Kampf letztlich mit dem Leben bezahlt. Nadia, die Tochter eines Geheimagenten, muss sich gegen den einflussreichen Vater wehren, um mit dem Jungen zusammen sein zu können, den sie liebt. Das Verhältnis von Vater und Sohn, ebenso wie das Entstehen einer Liebe werden einfühlsam beleuchtet.

Die Tagebuchform trägt dazu bei, dass eine Nähe zwischen dem Leser und dem Ich-Erzähler entsteht. Denn nur in ein Tagebuch werden Dinge geschrieben, die schonungslos ehrlich über Ängste, Gefühle und Ansichten des Schreibers berichten. Die Sicht des 14-Jährigen auf diese Themenvielfalt ist direkt und aufrichtig. Und gerade deswegen ist dieses Buch nicht nur als Jugendbuch zu lesen und zu verstehen. Obwohl aus der Perspektive eines Jugendlichen, ist Eine Hand voller Sterne ein Buch, das Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern zeigt, was es bedeutet, sich für etwas einzusetzten und für Gerechtigkeit und Wahrheit zu kämpfen – in Syrien und überall auf der Welt.

Rafik Schami selbst fordert, dass die sogenannte Migrantenliteratur bei der Interpretation weder einen Mitleidsbonus bekommen sollte, noch mit der eisernen Zange angefasst werden darf. Stattdessen sucht er Hände, die die Berührung nicht scheuen.

Literatur

  • Rafik Schami: Eine Hand voller Sterne. Weinheim 1993, ISBN 342311973X
  • Gina Weinkauff: Multikulturalität als Thema der Kinder- und Jugendbuchliteratur (KJL). In: Günther Lage (Hrsg.): Taschenbuch der Kinder- und Jugendbuchliteratur. Battmannsweiler 2000 (Band 2), S. 766–783.
  • Rafik Schami: Eine Literatur zwischen Minderheit und Mehrheit. In: Irmgard Ackermann, Harald Weinrich (Hrsg.): Eine nicht nur deutsche Literatur. Zur Standortbestimmung der Ausländerliteratur. München 1986, S. 55–59.

Weblinks


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