Emanuel Weiss

Emanuel Weiss
Lächelnde Gangster nach der Verurteilung:
Emanuel Weiss (rechts) und Louis Capone (links), umringt von Beamten auf dem Weg nach Sing Sing am 3. Dezember 1941, einen Tag nach ihrer Verurteilung zum Tode.

Emanuel „Mandy“ Weiss (* 11. Juni 1906 in New York City; † 4. März 1944 im Gefängnis Sing Sing, Ossining, New York) war eine Figur aus dem organisierten Verbrechen im New York der 1930er Jahre bis zu seiner Verhaftung 1941 und wird heute der Kosher Nostra zugerechnet.

Weiss, der nach eigenen Angaben laut seiner späteren Gefängnisakte hauptberuflich lediglich ein ehrlicher Hutverkäufer in Brooklyn gewesen ist und sich keiner kriminellen Tätigkeit bekannte, arbeitete für die Bande um Louis Buchalter, welche von Schutzgelderpressungen und der Geldeintreiberei zur Unterwanderung der Gewerkschaften übergegangen war. Die Medien betitelten die kriminelle Vereinigung später als Murder, Inc.. Weiss zählte zu einer Reihe von Auftragsmördern, die auf Anweisung ranghoher Führungspersönlichkeiten des organisierten Verbrechens in New York Morde verübten. Nach Ansicht der Behörden war Weiss außerdem wie Buchalter in den internationalen Drogenhandel verwickelt, konnte jedoch deswegen nicht juristisch verfolgt und verurteilt werden, da er zeitgleich wegen einer Mordanklage, die mit der Verurteilung zum Tode und der Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl enden sollte, untergetaucht war.[1]

Inhaltsverzeichnis

Mord an Dutch Schultz

Dutch Schultz war auch als „Bierbaron der Bronx“ bezeichnet worden. Die Zeiten der Alkoholprohibition waren jedoch vorbei und Gangster wie Schultz gerieten ins Visier der Justiz. Schultz plante deshalb Thomas E. Dewey - Staatsanwalt von Kings County und später Gouverneur von New York - zu ermorden, der gegen ihn ermittelte. Da das neue National Crime Syndicate - insbesondere Lucky Luciano und Meyer Lansky - aber die Folgen einer solchen Tat fürchteten, wurde stattdessen der Mord an Schultz beschlossen.

Am 23. Oktober 1935 drangen Weiss und Charles Workman in das Palace Chophouse in Newark (New Jersey) ein und schossen Schultz und seine drei Begleiter tödlich nieder. Statt auf Workman zu warten, verließ Weiss den Tatort und floh mit dem bereitgestellten Fluchtwagen, der von Seymour „Piggy“ Schechter gesteuert wurde. Der überraschte Workman musste zu Fuß fliehen und war dementsprechend bei späteren Zusammentreffen verstimmt.

Weiss argumentierte, dass Workman begonnen habe die Opfer auszurauben - ein durchaus erlaubtes Zusatzgeschäft bei Morden der Murder, Inc. -; dies aber nicht zum eigentlichen Mordauftrag gehört habe. Statt Weiss wurde nun zur Strafe der Fluchtfahrer ermordet. [2]

Mord an Joseph Rosen

Andere Staatsanwälte wie William O’Dwyer hatten es ebenfalls zu ihrem Ziel gemacht, dem Konglomerat von Verbrecherbanden ein Ende zu setzen. Während Dewey es gelang berüchtigte Kriminelle wie Lucky Luciano hinter Gitter zu bringen, setzte O’Dwyer den Schwerpunkt seiner Ermittlungen Ende der 1930er Jahre auf Louis Buchalter, dem Boss von Weiss. Dieser reagierte insbesondere damit, dass er potentielle Zeugen aus der Stadt drängte oder ermorden ließ. Eine besondere Altlast stellte der Besitzer eines Süßwarenladens in Brooklyn Joseph Rosen dar, der gegen den Willen von Buchalter in die Stadt zurückgekehrt war. Am 13. September 1936 wurde Rosen in Brownsville (New York City) ermordet.

Mordanklage und Fahndung

Als es gegen Ende der 1930er Jahre der Staatsanwaltschaft gelang, die Bande um Louis Buchalter unter Druck zu setzen, Mitglieder der Organisation observiert und regelmäßig verhaftet wurden, zeigte dies Wirkung auf die Murder, Inc. und Auflösungserscheinungen waren zu beobachten. Schließlich stellte sich Buchalter den Behörden und wurde wegen Drogenschmuggels zu 14 Jahren Haft verurteilt. Als außerdem der Auftragsmörder Abe Reles wegen Mordes angeklagt werden konnte, belastete dieser Buchalter und andere Murder, Inc. Angehörige - also auch Weiss - so schwer, dass es 1940 zu einer Mordanklage im Fall Joseph Rosen kam.

In der folgenden bundesweiten Fahndungsaktion schrieben Steckbriefe der New Yorker Polizeiabteilung die umgehende Festnahme des wegen Mordes gesuchten Emanuel Weiss vor und beinhalteten neben einer ausführlichen Beschreibung den Hinweis, dass der Verdächtigte auch unter den falschen Namen Hoffman und Kline auftrat. Zu dieser Zeit hatte sich Weiss bereits nach Kansas City (Missouri) abgesetzt und arbeitete für eine Bergwerk Gesellschaft.

Dort erfolgte schließlich im April 1941 auch die Festnahme des Gesuchten durch Ermittler des Federal Bureau of Narcotics, die in Weiss eine Schlüsselfigur im internationalen Drogenhandel sahen. Man verzichtete jedoch auf eine Strafverfolgung wegen Drogenschmuggels und lieferte Weiss den Behörden in New York aus, die ihn, Buchalter und Louis Capone wegen des Mordes an Joseph Rosen vor Gericht stellten.[3]

Verurteilung und Hinrichtung

In dem Prozess sagten unter anderem der Auftragsmörder Albert Tannenbaum, der Mobster Max Rubin und der Fluchtwagenfahrer Sholem Bernstein gegen die drei Beschuldigten aus. Der wichtigste Belastungszeuge Abe Reles starb vor seiner Anhörung auf mysteriöse Weise durch einen Sturz aus dem Fenster seines Hotelzimmers, während er unter polizeilichem Schutz stand. Gegen Ende des Prozesses war es der Verteidiger von Weiss, Albert Talley, der die Jury mit erheblichen Zweifeln an der Schuld seines Mandaten konfrontierte. So konnte die Ehefrau von Joseph Rosen nach der Ermordung ihres Mannes Weiss unter den Verdächtigen bei der Polizei nicht als Täter identifizieren. Vor Gericht aber beschuldigte sie Weiss, Täter gewesen zu sein. Darauf forderte die Staatsanwaltschaft die Jury auf, alle Aussagen der Ehefrau bezüglich der Tatbeteiligung von Weiss im Urteil außer Acht zu lassen. Die Bemühungen der Verteidigung blieben jedoch erfolglos. Im Dezember 1941 wurden die drei Angeklagten von der Jury zum Tode verurteilt.[4]

Ursprünglich waren die Hinrichtungen für den 2. Januar 1942 vorgesehen. Allerdings wurde der Termin fünfmal verschoben. Die Verteidigung der Verurteilten verlangte mehrmals die Wiederaufnahme des Verfahrens, da neues Beweismaterial aufgetaucht war, das die Unschuld ihrer Mandanten belegen könnte. So standen nun eidesstattliche Erklärungen der Geschwister des Auftragsmörders Harry Maione und eines Gefängniswärters zur Verfügung, dass Maione kurz vor seiner Hinrichtung den Mord an Joseph Rosen gestanden und die Tat zusammen mit Frank Abbandando und Martin Goldstein begangen hatte. Da alle drei bereits wegen anderer Morde verurteilt und hingerichtet worden waren, wurden die Anträge jedoch abgewiesen, worauf die Verteidigung das Gericht der Voreingenommenheit beschuldigte und erneut eine Wiederaufnahme des Verfahrens verlangte.

Letztendlich wurde das Urteil am 4. März 1944 im Sing-Sing-Gefängnis vollstreckt, nachdem das letzte Gnadengesuch von Thomas E. Dewey, mittlerweile Gouverneur von New York, abgelehnt worden war. Weiss wurde wenige Minuten nach Louis Capone hingerichtet. Kurz darauf folgte Louis Buchalter. Die drei Verurteilten hatten bis zum Schluss auf eine Begnadigung gehofft, für welche sich wenige Tage vor dem Hinrichtungstermin noch der Rabbi des Gefängnisses Jacob Katz einsetzte, der den Häftlingen in der vergangenen Zeit geistigen Beistand geleistet hatte. [5]

“I’m here on a framed-up case. And Governor Dewey knows it. I want to thank Judge Lehman... He knows me because I am a Jew. Give my love to my family... and everything.”

„Ich stehe hier auf Grund eines konstruierten Falles und Gouverneur Dewey weiß es. Ich will Richter Lehman danken. Er kennt mich... weil ich Jude bin. Richtet meiner Familie meine Liebe und alles aus...“

Die letzten Worte von Emanuel Weiss, der sich als einziger der drei Delinquenten vor seiner Hinrichtung äußerte. [5] [6]

Literatur

  • Cohen, Rich: Murder Inc.: Nicht ganz koschere Geschäfte in Brooklyn. Fischer Verlag 2000, ISBN 3-10-010215-0
  • Burton B. Turkus and Sid Feder: Murder Inc.. Farrar Straus and Young 1952, 1992, ISBN 978-0-306-80475-5
  • Burton B. Turkus and Sid Feder: Murder Inc.. Da Capo Press 2003, ISBN 0-306-81288-6
  • Allan R. May: Gangland Gotham: New York's Notorious Mob Bosses. Greenwood 2009, ISBN 978-0313339271

Einzelnachweise

  1. Traffic In Opium And Other Dangerous Drugs Federal Bureau of Narcotics 1942, Seite 16 u. S. 17 (englisch) - abgerufen am 10. Juni 2011
  2. Ron Ross: Bummy Davis vs. Murder, Inc.: The Rise and Fall of the Jewish Mafia and an Ill-Fated Prizefighter, St. Martin's, New York 2003, Seite 164–170.
  3. Traffic In Opium And Other Dangerous Drugs Federal Bureau of Narcotics 1942, Seite 16 u. S. 17 (englisch) - abgerufen am 10. Juni 2011
  4. Nachruf und Biografie Lepke Buchalter auf www.hollywoodusa.co.uk/Grave (englisch)
  5. a b The Last Days of Lepke Buchalter, et al Allan May am 1. November 1999 auf www.americanmafia.com (englisch)
  6. Last Words(englisch)

Weblinks


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