Erbschaftsteuer in den Niederlanden

Erbschaftsteuer in den Niederlanden

In den Niederlanden wird eine Erbschaftsteuer bei Erwerben von Todes wegen und eine Schenkungsteuer bei unentgeltlichen Erwerben unter Lebenden erhoben. Mit Wirkung zum 1. Januar 2010 wurde die Erb- und Schenkungsteuer umfassend reformiert.

Inhaltsverzeichnis

Steuerpflicht

Die Erbschaftsteuer wird nach dem Erbschaftsgesetz (Successiewet) vom 28. Juni 1956[1], zuletzt neugefasst am 15. Dezember 2009,[2] als Erbanfallsteuer erhoben, das heißt, Steuergegenstand ist der Erwerb und Steuerschuldner ist der Erbe. Entsprechendes gilt auch bei der Schenkung, wo aber der Schenker noch neben dem Beschenkten für die Zahlung der Steuer mithaftet. Mit der Reform von 2009 wurden das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht vereinfacht, die Freibeträge angehoben und die Tarife teilweise verringert. Eine Besitzwechselsteuer, die vor allem in den Niederlanden belegene Vermögenswerte von Ausländern betraf, wurde abgeschafft.[3]

Erbschaftsteuerpflichtig ist der Erwerb von jedem, der zum Zeitpunkt seines Todes in den Niederlanden wohnhaft war oder, soweit er niederländischer Staatsangehörige war, noch nicht länger als zehn Jahre aus den Niederlanden weggezogen war.

Der Schenkungsteuer unterliegt jede Schenkung durch einen in den Niederlanden wohnhaften Schenker sowie einem ehemals gebietansässigen Schenker noch ein Jahr nach seinem Wegzug, bzw. zehn Jahre danach, soweit er niederländischer Staatsangehöriger ist.

Nachlass

Zum Nachlass gehört das gesamte inländische und ausländische Vermögen des Erblassers. Schenkungen, die von ihm innerhalb von 180 Tagen vor seinem Tod gemacht worden sind, werden hinzugerechnet. Hinzugerechnet werden auch Lebensversicherungen, soweit der Erblasser die Prämien gezahlt hat, sowie –ohne zeitliche Befristung- solche Schenkungen, bei denen sich der Erblasser die lebenslängliche Nutznießung vorbehalten hatte. Die Gegenstände des Nachlasses werden grundsätzlich mit dem Verkehrswert angesetzt. Selbstgenutzte Wohnungen werden mit dem von den Gemeinden festgesetzten Steuerwert bewertet.

Vom Nachlasswert werden die Schulden des Erblasses wie auch die anlässlich des Todes angefallenen Schulden (Erbfallschulden) abgezogen. Bei Schenkungen gilt entsprechendes.

Steuerlicher Partnerbegriff

Ab 1. Januar 2010 wird der Begriff des Partners steuerlich wie folgt bestimmt:[4]

Partner sind alle verheirateten und ihnen gleichgestellten als Partner eingetragenen Personen.

Andere werden dann als Partner behandelt, wenn sie die folgenden Merkmale erfüllen:

  • beide sind volljährig,
  • führen einen gemeinsamen Haushalt in persönlicher Gemeinschaft,
  • sie haben in einer notarieller Urkunde ihre gegenseitige Unterhaltspflicht anerkannt,
  • sind nicht in direkter Linie blutsverwandt,
  • bilden nicht eine Gemeinschaft zu mehr als zwei Personen.

Leben die Personen mindestens fünf Jahre zusammen, dann bedarf es keiner notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung.

Steuerklassen und Steuersätze

Es werden zwei Steuerklassen unterschieden, zudem wird die Steuerklasse 1 unterteilt. Eine gesonderte Steuerklasse für nähere Verwandte, wie Geschwister, Onkel und Tanten, wurde abgeschafft.

  • Steuerklasse I : Partner sowie die Kinder.
  • Steuerklasse Ia: Großkinder, Urenkel
  • Steuerklasse II: alle anderen Personen

Innerhalb der genannten Steuerklassen sind die aus der nachstehenden Tabelle ersichtlichen Steuersätze zu zahlen.

Erbschaftsteuer Niederlande [5]
Erbanfall Steuerklasse I Steuerklasse Ia Steuerklasse II
bis € 118.000 € 10 % 18 % 30 %
über 118.000 € 20 % 36 % 40 %

Freibeträge

Folgende Freibeträge werden gewährt:

  • Partner: 600.000 Euro
  • Kinder und Großkinder: 19.000 Euro
  • Kranke und behinderte Kinder: 57.000 Euro
  • Eltern: 45.000 Euro
  • Übrige: 2.000 Euro

Sterben Erben innerhalb von 30 Tagen nach dem Erbanfall so entfällt die Erbschaftsteuer.

Von der Erbschaftsteuer befreit sind gemeinnützige und soziale Einrichtungen.

Unternehmensnachfolge

Grundsätzlich ist für die erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertung der Fortführungswert eines Unternehmens (also einschließlich des Goodwills) maßgebend, ist der Liquidationswert höher, dann ist dieser maßgebend. Jedoch werden bei Unternehmensübertragungen Freistellungen gewährt, wenn der Übernehmer das Unternehmen mindestens fünf Jahre fortführt. In diesem Fall ist der Unternehmenswert in Höhe des Betrages, mit dem der Fortführungswert den Liquidationswert übersteigt, sowie zusätzlich bis zu einem Betrag von 1.000.000 Euro vollständig von der Steuer freigestellt, ein darüber hinausgehender Wert mit 83 %.[6]

Schenkungsteuer

Der Steuer unterliegen Schenkungen von Personen, die entweder in den Niederlanden wohnen oder dort in den letzten zehn Jahren vor der Schenkung gewohnt haben, soweit sie niederländische Staatsangehörige sind; anderenfalls verkürzt sich die Frist auf ein Jahr. Die Schenkungsteuer wird grundsätzlich entsprechend den Einteilungen in Steuerklassen und den Steuersätzen wie bei der Erbschafsteuer erhoben, jedoch gelten andere Freibeträge.

Jedem steht ein jährlich einmal gewährter Freibetrag über 2.000 Euro zu. Kinder haben bei Schenkungen ihrer Eltern einen grundsätzlichen Freibetrag von 5.000 Euro. Kinder im Alter zwischen 18 und 35 Jahre können zudem einmalig einen Freibetrag über 24.000 Euro beanspruchen, der sich in bestimmten Fällen (etwa zu Ausbildungszwecken oder um eine Wohnung zu kaufen) bis auf 50.000 Euro erhöht.

Partner gelten schenkungsteuerrechtlich als eine Person. Das heißt, dass Schenkungen, die ein Partner gewährt, immer als Schenkung beider Partner eingestuft werden, wie umgekehrt Schenkungen an einen Partner steuerlich stets an beide erfolgen.

Schenkungen, die einer moralischen Pflicht entsprechen, sowie Schenkungen, um dringende Schulden, wie zur Vermeidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, zu bezahlen, sind von der Schenkungsteuer befreit. Für den Beschenkten fällt auch dann keine Schenkungsteuer an, wenn diese bereits vom Schenker entrichtet wurde.

Bei der Schenkung von Grundstücken fallen aus dem vollen -nicht durch einen Freibetrag gekürzten- Wert auch 6 % Grunderwerbsteuer (overdrachtsbelasting) an, die von der Bemessungsgrundlage für die Schenkungsteuer abgezogen wird.

Freigestellt von der Steuer sind Schenkungen an gemeinnützige und soziale Einrichtungen.

Verstirbt der Schenker innerhalb von 180 Tagen nach der Schenkung, wird der geschenkte Gegenstand dem Nachlass zugerechnet und unterliegt der Erbschaftsteuer, worauf eine bereits gezahlte Schenkungsteuer angerechnet wird.

Schenkungen müssen innerhalb eines Monats erklärt werden. [7]

Vermeidung von Doppelbesteuerung

Durch die Abschaffung der Besitzwechselsteuer kann es aus niederländischer Sicht in Bezug auf dort belegene Gegenstände ausländischer Erblasser oder Schenker nicht mehr zu einer Doppelbesteuerung kommen. Etwas anderes gilt hinsichtlich im Ausland belegener Gegenstände von in den Niederlanden wohnhaft gewesener Erblasser oder wohnender Schenker. Hier haben die Niederlande Abkommen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Erbschaft- und Schenkungsteuer mit folgenden Ländern geschlossen: Finnland, Israel, Österreich, Schweden, Schweiz, USA und dem Vereinigten Königreich.[8] Kommt es mangels eines solchen Abkommens zu einer Doppelbesteuerung von im Ausland belegenen Nachlassteilen, dann kann nach dem Gesetz zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen die Anrechnung der dort gezahlten Steuer auf die für den betroffenen vererbten oder geschenkten Gegenstand anfallende Steuer verlangt werden. Eine entsprechende Möglichkeit besteht auch dann, wenn es allein wegen des für zehn Jahre nach dem Wegzug eines Niederländers noch in den Niederlanden fingierten fortbestehenden Wohnsitzes zu einer Doppelbesteuerung kommt.[9]

Einzelnachweise

  1. Stb 1956, Nr.362
  2. Seite des niederländischen Finanzministeriums, geladen am 7. Januar 2010: Bekanntmachung der Neuregelung vom 15. Dezember 2009 (Niederländisch)
  3. Seite des niederländischen Finanzministeriums, geladen am 7. Januar 2010: Das neue Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht (Niederländisch)
  4. Seite des niederländischen Finanzministeriums, geladen am 7. Januar 2010, Bekanntmachung der Neuregelung vom 15. Dezember 2009: Partnerbegrip (Niederländisch); Broschüre des niederländischen Finanzministeriums, geladen am 7. Januar 2010: Belasting en erven 2010, Seite 17f. (Niederländisch)
  5. Auf der Grundlage der Broschüre der Niederländischen Steuerverwaltung: Belastingdienst 2010 Belasting en Erven (NiederländischBroschüre des niederländischen Finanzministeriums, geladen am 7. Januar 2010: Belasting r nerven 2010, Seite 21 (Niederländisch)
  6. Broschüre des niederländischen Finanzministeriums, geladen 7. Januar 2010: Erf- en schenkbelasting en de bedrijfs-opvolgingsregeling 2010 (Niederländisch
  7. Niederländische Steuerverwaltung: Belasting en schenking 2010 (Niederländisch), [1]
  8. Seite des niederländischen Finanzministeriums, geladen 8. Januar 2010, International aspects of taxation in the Netherlands (Englisch)
  9. European Association of Tax Law Professors, geladen 9. Januar 2010, J. Zwemmer & F. Sonneveldt, Netherlands, Nr. 2.1: Unilateral relief (Englisch), unter Report Netherlands oder als Worddokument: [www.eatlp.org/uploads/public/Maastricht_Netherlands.doc]

Literatur

  • Troll-Gebel-Jülicher: Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Loseblattkommentar, 37. Aufl. 2009, Vahlen, ISBN 978-3-8006-2402-7, § 21 ErbStG Rdnr. 119 (Niederlande)

Siehe auch

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