Johannes Kühnel (Reformpädagoge)

Johannes Kühnel (Reformpädagoge)

Ernst Paul Johannes Kühnel (* 2. Juli 1869 in Dresden; † 12. Oktober 1928 in Gräfelfing bei München) war ein deutscher Reformpädagoge und Mathematikdidaktiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Als Kind eines Malers (Handwerk) besuchte Johannes Kühnel nur die Volkschule, schloss sie aber nach 8 Jahren mit so guten Noten ab, dass er (im Alter von 14 Jahren) eine Ausbildung zum Lehrer am Lehrerseminar in Dresden und Pirna beginnen konnte, die er 1889 mit der Schulamtskandidatenprüfung (vergleichbar dem 1. Staatsexamen) und 1891 Wahlfähigkeitsprüfung (vergleichbar dem 2. Staatsexamen) beendete. Bereits im folgenden Jahr begann er neben dem Schulunterricht in der Lehrerausbildung zu arbeiten: ab 1892 in Borna, ab 1896 in Bautzen, ab 1907 bis zu seiner vorzeitigen Pensionierung 1925 am Königlichen Lehrerseminar Leipzig. Von 1907 (Sommersemester) bis 1910/11 (Wintersemester) studierte er an der Universität Leipzig u. a. bei Wilhelm Wundt und dessen Schüler Ernst Meumann, der zum Erstprüfer seiner Dissertation („Comenius und der Anschauungsunterricht“, Kühnel 1911) wurde.

Bereits als Lehrer übte er scharfe Kritik am bestehenden Schulsystem, insbesondere der regiden Disziplinierung, die Untertanen hervorbringe und der Förderung einer passiven, rezeptiven Grundhaltung, die das Lernen töte, indem sie beispielsweise durch engleitende Fragen die Richtung des Denkens vorschreibe und im Anschluss die exakte Reproduktion der Vorgabe am höchsten bewerte. Er versuchte aber auch, diese kritisierten Punkte aktiv zu verändern und entwickelte Perspektiven für ein neues Lehrerverhalten, die auch heute noch aktuell sind.

Die alte Schule Die neue Schule
Produkt Untertan Erziehungsziel Staatsbürger
Das Stoffprinzip Das psychologische Prinzip
Passivistische Grundposition Aktivistische Grundposition
Die Wortschule Die Erlebnisschule
Fehlende Wissenschaftlichkeit Verwissenschaftlichung

Gegenüberstellung: Selter 1997

Kühnel bezieht sich selbst in seinen Schriften insbesondere auf vier vorangehende Reformpädagogen Johann Amos Comenius, Jean-Jacques Rousseau, Johann Heinrich Pestalozzi, Friedrich Fröbel. Er fand Bestätigung seiner Ansichten in den Arbeiten seiner Zeitgenossen Georg Kerschensteiner und Hugo Gaudig.

Aktualität

Ab dem 102. MNU (Deutscher Verein zur Förderung des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts) Kongress in Mainz 2011 verleiht MNU den Johannes-Kühnel-Preis zur Förderung des mathematischen Anfangsunterrichts. Der Johannes-Kühnel-Preis wird vom Ernst Klett Verlag gestiftet.

Werke

  • Lehrproben aus dem Anschauungsunterricht mit methodischer Begründung, 1899, 1923 unter dem Titel Moderner Anschauungsunterricht neu herausgegeben
  • Neubau des Rechenunterrichts, 1916, in der 10. Auflage zuletzt 1959 neu herausgegeben von Dr. Eugen Koller im Verlag Julius Klinkhardt, Bad Heilbrunn/Oberbayern

Literatur

  • Selter, Christoph: Schulpädagogik und Fachdidaktik: Zur Aktualität des Werkes von Johannes Kühnel (1869–1928), Universitätsverlag Dr. N. Brockmeyer, Bochum, 1997, Reihe: Dortmunder Beiträge zur Pädagogik, Band 21
  • Sandfuchs, Uwe: Johannes Kühnel (1869-1928). Ein Seminar- und Reformpädagoge als Klinkhardt-Autor, in: Sandfuchs, Uwe; Link, Jörg-W.; Klinkhardt, Andreas (Hg.) (2009): Verlag Julius Klinkhardt 1834-2009. Verlegerisches Handeln zwischen Pädagogik, Politik und Ökonomie. Bad Heilbrunn, S. 57-80

Weblinks



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