Frau von Saverne

Frau von Saverne
Achim von Arnim
(1781-1831)

Frau von Saverne ist eine Erzählung von Achim von Arnim, die Ende Oktober 1817[1] in der Zeitschrift "Der Gesellschafter oder Blätter für Geist und Herz" in Berlin erschien.[2]

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Um 1784[3] gönnt sich die reiche Witwe Frau von Saverne aus Avignon eine Bildungsreise zu ihrem verehrten König nach Paris. Ihr Beichtvater aus einem Kloster in Avignon ist gegen die kostspielige Unternehmung. Vergeblich hatte er der Frau den Umgang mit seinem Bruder, einem jungen päpstlichen Hauptmann, zur Kurzweil anempfohlen. Frau von Saverne will wenigstens einmal den König sehen. So quartiert sie sich in Paris ein und verschenkt - sehr zum Verdruss ihrer Kammerjungfer - Geld an Arme und Invaliden. Den König bekommt Frau von Saverne nicht zu Gesicht. Denn als der Herrscher sich endlich zeigen will und sie von einer Menschenmenge weiter gestoßen wird, hält sie ein Fremder zurück, den sie wegen seines "hähernen Gesichts mit ungeheurem Munde" den Nussknacker nennt. Frau von Saverne entsinnt sich. Der Widerling war ihr schon durch die Stadt gefolgt. Natürlich ist die spendable Frau unter den Pariser Armen und Bedürftigen im Nu bekannt geworden. Sobald sie die Straße betritt, schart sich Volk um sie, das durch den Vortrag teilweise erfundener Leids-Geschichten ein Geldgeschenk erhofft. Während so eines Auftritts wird sie vom Nussknacker, der sich als unbarmherziger Vollzugsbeamter eines Pariser Gerichts entpuppt, festgenommen. Er lässt Frau von Saverne für wahnsinnig erklären. Sie wird in ein Tollhaus gesperrt und darin kuriert. Bei einer der Torturen wird die Frau in ein schreckliches Drehrad geschickt. Die Quälerei will kein Ende nehmen.

Der Nussknacker weiß endlich einen Ausweg. Frau von Saverne, Witwe eines päpstlichen Beamten, Tochter des Seidenfabrikanten Lonny in Lyon, müsste den Nussknacker heiraten. Zum Schein geht die Frau auf das Ansinnen ein. Erwartungsvoll reist der Nussknacker mit seiner Braut zum Vermählung nach Avignon. Der Beichtvater bittet das Paar unter dem Vorwand der Trauung in seine Klosterkirche. Dort springt der Nussknacker in den Beichtstuhl und gesteht seine Sünde; stellt die Entführung der Frau von Saverne in das Pariser Tollhaus als "wohlgelungene Zärtlichkeit" dar. Dafür soll der Bräutigam vor der Vermählung noch sechs Vaterunser an einem dunklen Orte beten. Gesagt, getan. Zu spät erkennt der Nussknacker - der Ort, in den er sich einsperren ließ, ist das Tretrad der Ölmühle des Klosters. Der Nussknacker muss so lange treten, bis er - völlig erschöpft - von Frau von Saverne für immer und ewig ablassen will. Erleichtert entscheidet sich die Frau für den jungen päpstlichen Hauptmann, den Bruder des Beichtvaters.

Rezeption

  • Die Erzählung sei "eine unterhaltende, lebendige, farbenbunte Darstellung".[4]
  • Gutzkow schreibt 1835, man wisse schließlich nicht mehr, woran man ist und frage sich, wer eigentlich närrisch sei - Frau von Saverne, ihre Feinde oder der Leser? Dabei halte der Autor stets Distanz.[5]
  • Arnim kritisiere das Preußen Hardenbergs: Das Drehrad sei in Berlin gebräuchlich gewesen; in Frankreich nicht. Zudem sieht Moering[6] eine Parallele zwischen Ludwig XVI. und Friedrich Wilhelm III.

Literatur

  • Renate Moering (Hrsg.): Achim von Arnim. Sämtliche Erzählungen 1802-1817. Bd. 3 in: Roswitha Burwick (Hrsg.), Jürgen Knaack (Hrsg.), Paul Michael Lützeler (Hrsg.), Renate Moering (Hrsg.), Ulfert Ricklefs (Hrsg.), Hermann F. Weiss (Hrsg.): Achim von Arnim. Werke in sechs Bänden. 1398 Seiten. Deutscher Klassiker Verlag Frankfurt am Main 1990 (1. Aufl.), ISBN 3-618-60030-5

Zitierte Textausgabe

  • Achim von Arnim: Frau von Saverne. S. 241-253 in Karl-Heinz Hahn (Hrsg.): Brentano. Arnim: Werke in einem Band. 364 Seiten. Bibliothek deutscher Klassiker. Herausgegeben von den NFG. Aufbau-Verlag Berlin und Weimar 1973 (1. Aufl.)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Moering, S. 1365-1368
  2. Hahn, S. 356, 3. Z.v.o.
  3. Hahn, S. 241 oben
  4. Allgemeine Literatur-Zeitung Leipzig 1820, zitiert bei Moering, S. 1366/1367.
  5. Gutzkow in der Literaturzeitung Phönix vom 14. Mai 1835, zitiert bei Moering, S. 1367
  6. Moering, S. 1365

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Achim von Arnim — Signatur (Ludwig Achim Arnim) …   Deutsch Wikipedia

  • Ludwig Achim von Arnim — Achim von Arnim Achim von Arnim (eigentlich Carl Joachim Friedrich Ludwig von Arnim; * 26. Januar 1781 in Berlin; † 21. Januar 1831 in Wiepersdorf (Fläming), Kreis Jüterbog) war ein deutscher Schriftsteller. Neben Clemens Brentano …   Deutsch Wikipedia

  • Ludwig Achim von Arnim — Achim von Arnim Born Ludwig Achim von Arnim 26 January 1781 Berlin Died 21 January 1831 Wiepersdorf, Jüterbog, Germany Nationality German …   Wikipedia

  • Marie Antoinette von Österreich — Porträt von Marie Antoinette mit einer Rose, gemalt von ihrer Lieblingskünstlerin Marie Louise Élisabeth Vigée Lebrun, 1783, Öl auf Leinwand, Schloss von Versailles Marie Antoinette ( * 2. November 1755 in Wien; † 16. Oktober …   Deutsch Wikipedia

  • Armand II. von Rohan-Soubise — François Armand Auguste von Rohan Soubise (* 1. Dezember 1717 in Paris; † 28. Juni 1756 in Saverne) war französischer Kirchenfürst und Bischof von Straßburg. Er wurde am 1. Dezember 1717 in Paris als zweiter Sohn von Jules François von Rohan,… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Literaturmuseen — Diese Liste gibt einen Überblick zu den Literaturmuseen und literarischen Gedenkstätten in aller Welt, geordnet nach Ländern und Regionen. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Inhaltsverzeichnis 1 Literaturmuseen und literarische… …   Deutsch Wikipedia

  • Philipp I. von Hanau-Lichtenberg — Philipp I. (der Ältere) von Hanau Lichtenberg (* 8. November 1417 in Windecken; † 10. Mai 1480 in Ingweiler, heute: Ingwiller) war Graf von Hanau und regierte nach einer Landesteilung zwischen ihm und seinem Neffen, Graf Philipp I. (dem Jüngeren) …   Deutsch Wikipedia

  • Gottfried Christoph von Zimmern — (* 1524 in Schloss Seedorf, heute zu Dunningen; † 1570 in Konstanz) war Domherr und Geistlicher unter anderem in Straßburg und Konstanz. Er war ein Angehöriger des süddeutschen Adelsgeschlechts derer von Zimmern. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Grab …   Deutsch Wikipedia

  • Theobald von Bethmann-Hollweg — Theobald Theodor Friedrich Alfred von Bethmann Hollweg (* 29. November 1856 in Hohenfinow, Provinz Brandenburg; † 2. Januar 1921 ebenda) war ein deutscher Politiker. Seine Karriere begann als Verwaltungsbeamter und gipfelte in seiner Amtszeit als …   Deutsch Wikipedia

  • Philipp II. von Hanau-Lichtenberg — (* 31. Mai 1462 in Hanau; † 22. August 1504 in Babenhausen) regierte die Grafschaft Hanau Lichtenberg seit 1480. Inhaltsverzeichnis 1 Kindheit 2 Familie 2.1 Ehe …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”