Freelance 800F

Freelance 800F

Freelance 800F ist der Name eines Prozessleitsystems von ABB. Es wird zur Automatisierung verfahrenstechnischer Prozesse verwendet. Freelance 800F ist in verschiedenen Prozessindustrieen im Einsatz. Über 10.000 Anwendungen wurden mit dem Prozessleitsystem automatisiert und somit zählt es zu den weiter verbreiteten Prozessleitsystemen.

Freelance 800F wird als kompaktes Prozessleitsystem bezeichnet. Sein Funktionsumfang ist auf Standardanwendungen für Prozessleitsysteme zugeschnitten.

AC 800F Controller
AC 700F Controller

Inhaltsverzeichnis

Systemarchitektur

Das Prozessleitsystem Freelance 800F zählt zu den Einbussystemen. Bei Einbussystemen werden alle prozessnahen Komponenten (PNK), benutzernahen Komponenten (BNK) und weitere Teilnehmer an einem Bus aufgereiht. Der Systembus bei Freelance 800F basiert auf Ethernet.

Der Control Builder F ist das Engineering Programm des PLS. In diesem Werkzeug sind die Editoren für die Sprachen der IEC 61131-3 (bzw. EN 61131-3), die Anlagenvisualisierung für DigiVis, Offline- und Online-Konfiguration sowie Hardware- und Feldbus-Management enthalten. Dadurch kann innerhalb einer durchgängigen Umgebung das gesamte Engineering gehandhabt werden.

DigiVis ist die Standardbedienoberfläche von Freelance 800F. Sie bietet z. B. folgende Visualisierungsoptionen: 3D-Fließbilder, Systemdiagnose der Hardware, Kurvenbilder, bedienbereichspezifischer Alarmseiten, Ablaufsteuerbilder, Protokolle und Datenarchivierung. Es können auch Benutzergruppen mit unterschiedlichen Rechten verwendet werden.Ebenfalls können in der DigiVis-Station Daten wie Trends oder Protokolle abgespeichert werden.

Der Controller AC 800F ist die wichtigste PNK des Systems. Er verfügt über keine lokalen E/A-Baugruppen, stattdessen verarbeitet der Controller Prozess- und Diagnosedaten von bis zu 4 Feldbus Gateways. Die Schnittstellen sind Profibus DPV1 und Foundation Fieldbus HSE. Auch Modbus, CAN-Bus und serielle Schnittstellen können eingebaut werden. Bei den meisten Bus-Protokollen kann der AC 800F nur als Master eingesetzt werden. Auf der Seite des Systembusses können bis zu 2 Ethernetschnittstellen verwendet werden. Die 2. Schnittstelle dient dann als Verbindung zu einem redundant installierten Controller.

Der Controller AC 700F ist die neueste PNK des Systems. Der AC 700F in etwa so groß wie eine mittlere Speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) und über seine lokalen E/A-Baugruppen können bis zu 256 digitale oder bis zu 128 analoge Signale angeschlossen werden.

Die ältesten PNK sind die Rack-CPUs DCP10 oder DCP02 mit den entsprechen lokalen und dezentralen E/A-Baugruppen. Diese Einheiten verfügen über systemspezifische Feldbusse, die durch Standards wie Profibus oder Foundation Fielbus abgelöst wurden.

Ebenfalls können verschiedene Server, z.B. OPC-Server, zur Datenarchivierung oder als Schnittstelle zu anderen Systemen wie MES eingesetzt werden.

Geschichte

Ursprünglich wurde Freelance 800F von Hartmann & Braun als Digimatik 1995 auf den Markt gebracht. Digimatik war das erste dezentrale Automatisierungsystem, das die Gestaltung der Bedienoberfläche in das Engineering Programm integrierte.

Bei der Bezeichnung der Versionen geht das PLS seine eigenen Wege. So beginnen neue Versionen nicht mit .0 (z.B.: 1.0) sondern mit der ersten Release, also .1 (z.B.: 1.1). Die Geschichte des Systems lässt sich am besten entlang seiner Versionen verfolgen. Die Aufzählung geht nicht auf Details ein, sondern soll nur einen Überblick über die Entwicklung des Systems darstellen.

Version 1

Digimatik wird 1995 auf den Markt gebracht. Das Engineering Programm heißt DigiTool , die Software für die BuB-Stationen heißt DigiVis. Digimatik wird zur Automatisierung kleiner Anwendungen eingesetzt.

Version 2

Das Betriebssystem der PCs ist noch Windows 3.11WFW. DigiTool und DigiVis müssen noch auf einem separaten PC betrieben werden.

Version 3.1 bis 3.3

Mittlerweile bei ABB wird Digimatik in Freelance 2000 umbenannt. Neue Baugruppen wie DCP 10 kommen hinzu. Außerdem werden Funktionalitäten bei DigiTool und DigiVis erweitert. Das Betriebssystem wird ab Version 3.1 Windows NT 4.0 verwendet. Wichtigste Neuerung ist nun die CPU-Redundanz, die mittels der neuen DCP10 eingeführt wurde.

Version 3.3

Es können bis zu 10 Rack-Controller verwendet werden. OPC-Server können vom System verwendet werden. Ebenfalls kommt eine Sicherheitsfunktion hinzu, die verhindert, dass bei fehlenden Lizenzen, das System sofort deaktiviert wird.

Version 4.1

Anwenderdefinierte Funktionsbausteine werden eingeführt. Es gibt Änderungen an einer Baugruppe und am systemspezifischen CAN-Bus Diginet P.

Version 5.1

Der Field Controller, Vorläufer des AC 800F, wird eingeführt. Der Controller kann als Master für Profibus DP V1 verwendet werden. Es gibt Änderungen bei einer Rack-Baugruppe.

Version 5.2

Die Profibus-Funktionalität wird erweitert. Die Oberfläche des Editors für FBS Programme wird verändert, ausgewählte Binärsignale können mit Zeitstempel in der korrekten zeitlichen Reihenfolge protokolliert werden. Der Freelance Select Controller wird als Starter-Kit in die Feldbustechnik eingeführt.

Version 6.1

Der Field Controller ist redundant ausführbar, die Systemgrenzen werden erweitert, der Trendserver wird eingeführt, True Colour Auflösung ist möglich und Unterstützung der FDT/DTM Technologie. Außerdem wird ein neues Batch Management Tool eingeführt.

Version 6.2

Der Field Controller wird in AC 800F umbenannt und wird in ABBs IndustrialIT Controller Familie eingeführt. DigiTool wird in Control Builder F als Programmierwerkzeug in die EngineerIT Suite überführt. Foundation Fieldbus wird in das System eingeführt.

Version 7.1

Die Installationsprozedur wurde überarbeitet und vereinfacht. FDT 1.2 wird mit unterstützt. Ein weiteres leistungsstärkeres CPU Modul für den AC 800F Controller (16MB) wurde eingeführt. Die HART Funktionalität wird erweitert.

Version 7.2

Freelance 2000 wird in IndustrialIT Prozessleitsystem Freelance 800F umbenannt. Die Kurzbezeichnung Freelance 800F ist wesentlich geläufiger. Die Installationsprozedur wurde weiter vereinfacht.

Version 8.1

Ab dieser Version sind die zulässigen Betriebssysteme Windows XP Professional SP2. Windows 2003 Server für die Installation des OPC-Servers. Die Oberfläche von DigiVis wird modernisiert.

Version 8.2

Erweiterte Diagnosemöglichkeit für DigiVis ist in Control Builder F einstellbar. Dadurch gibt es neue System-Diagnosemöglichkeiten für DigiVis.

Version 9.1

Die Installationsprozedur wurde weiter vereinfacht. Der Controller AC 700F und das Informations Management Tool PGIM 800F wurden eingeführt. Nun ist auch der SP3 Windows XP freigegeben. und zwar in der Version V9.1RU1a.

Version 9.2

Neu ist ein integrierter OPC-Tunnel zur Kopplung via OPC. Damit entfällt die lästige DCOM-Konfiguration. Der OPC-Tunnel ist nur für den OPC-Trendserver und für DigiVis einsetzbar. DigiVis kann jetzt OPC Objekte als Klasse mit OPC DA/AE darstellen. Damit sind alle OPC-Server in der Lage, OPC-Daten nach DigiVis zu transportieren und dort darzustellen und zu alarmieren. Freigegeben ist Freelance - die Endung 800F entfällt - mit Windows XP SP3. Der AC700F Controller wurde um eine Profibusschnittstelle und einige I/O's erweitert. In der Version 9.2SP1 kann nun auch Windows 7 Professional (32bit) als Basis für den CBF und DigiVis eingesetzt werden. Der Freelance OPC-Server kann nun mit Windows 2008 Server, ebenfalls 32bit betrieben werden.

Anwendungsgebiete

Freelance 800F wird von ABB als Prozessleitssystem für kleine bis mittlere Anwendungen im Prozessleitsystemmarkt und im Hybridmarkt angeboten. Der Hybridmarkt zeichnet sich durch Anwendungen aus, die Elemente der Fertigungsautomatisierung und der Prozessautomatisierung beinhalten, wie z. B. die Getränkeabfüllung. Damit liegt Freelance 800F in der Anwendung zwischen verschiedenen SPS Produkten und dem Prozessleitsystem System 800xA von ABB. Durch Schnittstellen zu dem größeren und umfangreicheren Prozessleitsystem System 800xA, kann eine Freelance 800F Installation mit System 800xA Komponenten erweitert oder bei Bedarf in System 800xA integriert werden.

Kleine bis mittlere Anwendungen liegen bei Prozessleitsystemen zwischen wenigen 100 und einigen 1000 Prozesssignalen von oder zu den Feldgeräten. Durch den kleinen Controller AC 700F hat sich die Skalierbarkeit des Systems in kleinen Anwendungen erweitert. Mit dem AC 700F werden speziell Automatisierungslösungen, die bisher von SPSen übernommen wurden, realisiert. Ein besonderer Fall sind SPS-basierte Lösungen, die gemeinsam mit einem Freelance 800F System in einer Anlage installiert sind. Diese SPSen können durch den AC 700F Controller ersetzt werden. Dadurch werden diese einzelnen Automationslösungen in eine Programmier- Bedienungs- und Diagnoseplattform integriert.

Freelance 800F wird beispielsweise in folgenden Anwendungen eingesetzt: Chemische und pharmazeutische Anlagen, Blockheizkraftwerke und Windparks, Lebensmittel-, Zementherstellung und Tagebau, Metallgewinnung und Glashütten. Eine Spezialisierung des Systems auf bestimmte Branchen liegt nicht vor.

Als kompaktes Leitsystem wird es auch zu Ausbildung von Ingenieuren oder staatlich geprüften Technikern, die sich mit Prozessautomation beschäftigen, eingesetzt. So kann es für Übungen mit Inhalten wie Profibus-Kommunikation, Prozessvisualisierung oder Regelungstechnik verwendet werden.

Quellen

  • Industrial IT Control System Freelance 800F Neuerungen früherer Versionen V8.1 - V3.1, Dokumentnummer 3BDD011933R0203, Copyright ©2008 ABB
  • Control IT Freelance 800F Getting Started Version 9.1, Dokumentnummer 3BDD012560R0303, Copyright ©2008 ABB
  • Engineer IT Control Builder F Engineering-Handbuch Systemkonfiguration Version 9.1, Dokumentnummer 3BDD012503R0403, Copyright ©2008 ABB
  • Freelance 800F Das kompakte Leitsystem, 3BDD013090 de E 03.2009, Copyright ©2009 ABB (Online)
  • elektrotechnik Das Automatisierungs-Magazin, Mai 2009, Vogel Business Media GmbH & Co. KG (Online)
  • A&D - Das Fachmagazin für industrielle Automation, Februar 2009, S. 48, publish-industry Verlag GmbH (Online)
  • Berufliche Schulen Bad Hersfeld, Projekte (Online)
  • www.abb.de/controlsystems

Weblinks

  • Freelance Produktseite bei ABB (abgerufen am 27. Juli 2010)

Siehe auch


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Process Control System — Ein Prozessleitsystem (engl. process control system, PCS) dient zum Führen einer verfahrenstechnischen Anlage, zum Beispiel einer Raffinerie. Es besteht typischerweise aus sogenannten prozessnahen Komponenten (PNK) und Bedien und… …   Deutsch Wikipedia

  • Prozessleitsystem — Leitstand der Lemgoer Modellfabrik (2010) Ein Prozessleitsystem (engl. process control system, PCS) dient zum Führen einer verfahrenstechnischen Anlage, zum Beispiel einer Raffinerie. Es besteht typischerweise aus sogenannten prozessnahen… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”