Gefangenensammeltransportwagen der Deutschen Reichsbahn

Gefangenensammeltransportwagen der Deutschen Reichsbahn
Außenansicht des GSTW

Der Gefangenensammeltransportwagen der Deutschen Reichsbahn der DDR (GSTW) war ein spezieller Waggon zur Verlegung von bis zu 90 Gefangenen zwischen den Haftanstalten. Neben regulären Häftlingen transportierten sie häufig auch politische Gefangene. Im Volksmund wurde der Gefangenentransportwaggon daher auch – nach Otto Grotewohl, dem ersten Ministerpräsidenten der DDR – als „Grotewohl-Express“ bezeichnet, da er während Grotewohls Amtszeit erstmals eingesetzt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Die ersten Gefangenentransportwaggons der DDR stammten noch aus der Zeit des Nationalsozialismus sowie aus den Beständen der sowjetischen Besatzungsmacht. In Folge eines Unfalls reduzierte sich die Zahl der einsatzbereiten Waggons bis 1977 auf zwei, wobei einer der beiden noch aus dem Jahr 1895 stammte. Wegen Verschleiß und steigendem Bedarf an Fahrzeugen gab das DDR-Innenministeriums bei der Reichsbahn (DR) neue Waggons in Auftrag, von denen vier zwischen den Jahren 1980 und 1982 in Serie hergestellt wurden.

Ausstattung und technische Daten

Blick in den Zellengang
Innenansicht einer Zelle

Die Fertigung des Wagenkastenrohbaus übernahm das Raw Halberstadt, das Drehgestell stammte vom VEB Waggonbau Görlitz. Den Innenausbau erledigte die Strafvollzugseinrichtung Brandenburg im Raw Potsdam. Lackiert wurden sie durch den VEB Lacke und Farben Leipzig.

Diese neu gebauten Waggons basierten auf dem vierachsigen Typ „Halberstadt“ der Gattung Bmh721 der DR und hatten demnach eine Länge von 26,4 m und eine Breite von 2,8 m. Die maximal zulässige Laufgeschwindigkeit betrug 140 km/h.

Im Innenraum verfügte der GSTW über 18 Zellen, einen Isolations-„Verwahrraum“, sowie ein WC für Strafgefangene. Für die Angehörigen des Strafvollzugs waren ein Schreib- und Ablageraum, ein Aufenthaltsraum, ein Wirtschaftsraum, eine Küche, ein Ruheraum sowie ein eigenes WC vorgesehen.

Nach außen hin waren diese als Postwagen der Reichsbahn [1][2] getarnt und wurden an den Anfang oder an das Ende eines regulären D-Zugs gespannt.

Die Fahrten, die je nach Route zwischen einigen Stunden und mehreren Tagen dauern konnten, waren auf Grund der engen Platzverhältnisse strapaziös. Bis zu fünf Personen mussten sich die ca. 1 m langen und 1,34 m breiten Zellen teilen. Diese verfügten lediglich über einen hölzernen Klappsitz. Die Fenster waren vergittert und mit Milchglas ausgestattet, um den Häftlingen die Orientierung zu erschweren.[3] Das Fehlen einer Klimatisierung machte das Warten auf Abstellgleisen im Sommer zu einer zusätzlichen körperlichen Belastung.

Verbleib nach der Wende in der DDR

Überführung des GSTW in die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen

Zur Wende waren noch fünf dieser Fahrzeuge im Einsatz. Danach gingen sie in den Besitz der Deutschen Bahn über. Dort sollten sie teilweise zu Bürowagen umgebaut werden, wurden jedoch ausgemustert. Ein Sammeltransport von Häftlingen mittels Schienenverkehr findet seitdem nicht mehr statt. Auf Betreiben ehemaliger Häftlinge der Justizvollzugsanstalt Bautzen wurde der letzte erhaltene Wagen unter Denkmalschutz[4] gestellt und restauriert. Dieser befand sich zunächst auf dem Gelände des Güterbahnhofs Leipzig und kann heute in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen besichtigt werden.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. Berliner Morgenpost: Stasiopfer-Gedenkstätte erhält "Grotewohl-Express".
  2. Berliner Zeitung vom 13. März 2004: Vier Gefangene auf 1,3 Quadratmetern und kein Blick nach draußen.
  3. Vgl. Kordan, Klaus: Krokodil im Nacken, Weinheim 2002.
  4. Vgl. Newsletter des Bürgerkomitees Leipzig vom 25. März 2004.

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