Public Goods Game

Public Goods Game

Das Public goods game (auch Öffentliche-Güter-Spiel) ist Bestandteil der Spieltheorie und wird in der Experimentellen Ökonomik untersucht; in der Standardvariante des Spieles entscheiden die Teilnehmer im Geheimen wie viele ihrer eigenen Token sie in den öffentlichen Topf geben wollen. Jeder Spieler behält also seine nicht eingezahlten Token und erhält zusätzlich einen einheitlichen Anteil an Token aus dem Topf (Um einen Anreiz für Beitragsleistungen zu geben multipliziert der Spielleiter vor der Auszahlung die Anzahl der Token im öffentlichen Topf).

Inhaltsverzeichnis

Ergebnisse

Die Gruppe als Ganzes steigt am besten aus, wenn alle Teilnehmer ihre gesamten Token dem öffentlichen Topf beisteuern. Wenn jeder Spieler ab Beginn des Spieles jeden Token in den öffentlichen Topf einzahlt, erhält die Gruppe die maximal mögliche Auszahlung vom Spielleiter. Trotzdem liegt das Nash-Gleichgewicht bei diesem Spiel für alle Teilnehmer bei Beiträgen von Null. Wäre das Experiment eine rein analytische Veranstaltung der Spieltheorie, dann würde es zu überhaupt keinen Beiträgen in den öffentlichen Topf kommen, da jeder Spieler besser daran tut nichts beizutragen als irgendeinen anderen Betrag zu leisten - unabhängig davon, wie sich jeder der anderen Spieler verhält.

Genau genommen kommt das Nash-Gleichgewicht in solchen Experimenten selten vor; die Beteiligten neigen dazu etwas in den Topf zu geben. Das Ausmaß der Beteiligung einzelner Individuen variiert dabei sehr stark (von 0% bis 100% der Anfangsausstattung werden eingebracht - die Beteiligten verhalten sich also sehr heterogen). (Diese und andere Ergebnisse sind der Zusammenfassung von Ahn & Janssen's 2003 entnommen - s. Quellen)

Varianten

Wiederholtes Spielen (Iterated public goods games)

Bei Public goods games mit wiederholtem Spielen wird das Standardspiel mit der gleichen Gruppe über mehrere Runden durchgeführt. Typisches Ergebnis ist eine abnehmende Zahlungsbereitschaft für öffentliche Beiträge, gegenüber dem einfachen Durchgang ("One-shot" public goods game). Sobald vertrauensvolle Beitragszahler erkennen, dass nicht jeder so viel beisteuert wie sie selbst, neigen sie dazu den Betrag den sie mit der Gruppe teilen in der nächsten Runde zu reduzieren. Folgt eine weitere Runde, so geschieht das gleiche von einem niedrigeren Niveau aus, so dass sich der Gesamtbetrag im Topf erneut verringert. Dennoch fällt bei wiederholtem Spielen die Summe der Token im öffentlichen Topf selten oder nie auf Null, da meist eingefleischte Einzahler verbleiben.

Eine Erklärung für das fallende Beitragsniveau ist Ungerechtigkeitsaversion; sobald erkannt wird, dass andere ihren Anteil für einen kleineren Beitrag erhalten, reagieren die beitragenden Mitglieder gegen die wahrgenommene Ungerechtigkeit (und das obwohl die Identität der Trittbrettfahrer unbekannt und es nur ein Spiel ist). Diejenigen die in einer Runde nichts beitragen, tragen auch nur selten in späteren Runden etwas bei, auch wenn sie andere Personen bemerken, die etwas beitragen.

Nicht-verdecktes Spielen (Open public goods games)

Werden die Beiträge offengelegt, so sind diese tendenziell höher. In typischen public goods games mit sechs Personen ist das Verschleiern der Beiträge nicht schwer. In paarweisen Wiederholungen ("pairwise iterations") mit nur zwei Spielern ist die Beitragshöhe immer bekannt.

Mit Bestrafung (Public goods games with punishment)

Hier ist es Spielern erlaubt, andere Spieler zu bestrafen, ihnen also Punkte abzuziehen. Dies kann auch auf eigene Kosten, also unter Punktabzug modelliert werden.

In einem klassischen Experiment mit Zürcher Studenten zeigten Ernst Fehr und Simon Gächter 2002, dass bei wiederholten Spielen in stabilen Gruppen die Möglichkeit zur Bestrafung auf eigene Kosten Free Riding reduzierte und Kooperation verstärkte, was zu einem deutlichen Anstieg der langfristigen Gewinne führte (genug Spieler waren bereit, auf eigene Kosten Trittbrettfahrer zu bestrafen).[1]

Eine Folgestudie von Herrmann et al. (2008) wiederholte das Experiment in 16 Industriegesellschaften. Dabei zeigte sich nicht nur eine Variabilität zwischen den Gesellschaften bei der Bestrafung von Trittbrettfahrern, sondern auch ein bisher unbeobachetes Phänomen: Die Bestrafung von Kooperation. Dabei wurde eine noch größere intergesellschaftliche Variabilität festgestellt. Während Teilnehmer in einigen Staaten wie den USA, Australien, China oder Deutschland kaum antisoziale Bestrafungen ausführten, waren diese in anderen Staaten (Saudi-Arabien, Griechenland, Oman) so stark, dass sie den Zusatznutzen der Bestrafung von Trittbrettfahrern zunichte machten. Diese Resultate zeigen, dass die Möglichkeit zur Bestrafung die langfristigen Gewinne eher erhöht, wenn strenge Normen der Kooperation und die Rule of law bestehen, da schwache Normen der Kooperation und schwache Rule of Law mit antisozialem Bestrafen korreliert. Eine mögliche Erklärung ist die Toleranz von Rache, wenn also antisoziale Spieler soziale Spieler bestrafen, nachdem sie selbst von ihnen bestraft wurden. Normen der Kooperation und Rule of Law zeigten sich als Komplemäntärgüter, nicht als Substitute.[2]

Mit Vergebung bzw. Belohnung (Public goods games with mercy/reward)

Spielern nach einer Runde zu vergeben bzw. sie zu belohnen wird auch gerne angewendet (obwohl noch teurer und ebenfalls "irrational"). Ohne die Hilfe der Bestrafungsmechanismen sind Vergebung bzw. Belohnung im Experiment allerdings nicht dazu geeignet dauerhafte Gruppenkooperation zu erreichen.

Multiplikationsfaktor

Damit die privaten Beiträge "irrational" erfolgen, müssen die Token im öffentlichen Topf mit einem Wert multipliziert werden, der kleiner als die Anzahl der Spieler und größer als 1 ist. Andere Multiplikationsfaktoren sind für die Strategie kaum von Belang; allerdings führen im Allgemeinen höhere Faktoren auch zu höheren Beitragsleistungen.

Beispiel: Isaac et al. haben gezeigt, dass bei großen Gruppen (40) und sehr kleinen Multiplikationsfaktoren (1,03) nach ein paar Runden fast niemand etwas einzahlt (nur einige wenige tun dies nach wie vor). Dagegen führt ein Multiplikationsfaktor von 1,3 bei der gleichen Gruppengröße dazu, dass durchschnittlich etwa 50% der Anfangsausstattungen in den öffentlichen Topf eingebracht werden.

Folgen

Der Name des Spieles leitet sich von der volkswirtschaftlichen Definition eines öffentlichen Gutes ab (engl. public good). Eine Art der öffentlichen Güter ist teuer, nicht-ausschließbar und jeder kann daran partizipieren, gleichgültig wie viel er zu Erzeugung beigetragen hat (da niemand vom Konsum ausgeschlossen werden kann - wie etwa bei der Straßenbeleuchtung). Teile der ökonomischen Theorie öffentlicher Güter besagen, dass eine Unterversorgung mit diesen Gütern erfolgt (die Menge ist geringer als es das gesellschaftliche Optimum erfordern würde), da Individuen keinen Anreiz haben diese von sich aus bereitzustellen (Trittbrettfahrerproblem). Das public goods game ist entworfen worden um diese Ansicht und damit verbundene Theorien gesellschaftlichen Handelns zu überprüfen

Spieltheorie

Die empirische Feststellung, dass in den meisten Gesellschaften Individuen beim einfachen Public goods game (ohne Wiederholung) überhaupt etwas beitragen, stellt das Motiv der absoluten Nutzenmaximierung für die Spieltheorie in Frage, obgleich dies in der Variante mit Bestrafung oder mit Wiederholung leichter erklärt werden kann; da hier ein Teil der Motivation rein "rational" ist, wenn die Spieler davon ausgehen, dass andere irrational handeln und sie diese für Nicht-Beteiligung bestrafen.

Bedeutung für die Soziologie

Die soziologische Interpretation dieser Befunde betont die Gruppenkohäsion und kulturelle Normen zur Erklärung der prosozialen Ergebnisse von Public goods games.

Siehe auch

Quellen

  • Ahn & Janseen, 2003, Adaptation vs. Anticipation in Public-Good Games [1] (englisch) (Diese Veröffentlichung von Wissenschaftlern der Indiana University und der Florida State University fasst die experimentellen Resultate früherer Forschungen zusammen und vergleicht die Theoriemodelle mit diesen Ergebnissen.)
  • Isaac, Walker, and Williams, 1994 Group Size and the Voluntary Provision of Public Goods: Experimental Evidence Utilizing Large Groups. Journal of Public Economics, 54(1)
  • James Andreoni, William Harbaugh and Lise Vesterlund 2003 The Carrot or the Stick: Rewards, Punishments, and Cooperation The American Economic Review, 93(3)(2003)pp. 893–902

Einzelnachweise

  1. Fehr, E. & Ga¨chter, S. (2002) Altruistic punishment in humans. Nature, Band 415, S. 137-40.
  2. Herrmann, B., Thoni, C. & Gächter, S. (2008) Antisocial punishment across societies. Science, Band 319, S. 1362–67.

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