HELIRADIO

HELIRADIO
HELIRADIO - Gerätebau Hempel KG
Logo (1960)
Rechtsform KG
Gründung 1. April 1950
Auflösung 30. Juli 1993
Sitz Limbach-Oberfrohna, Deutschland

Gerätebau Hempel „HELIRADIO“ war ein Hersteller von Radiogeräten in der DDR. Sitz von HELIRADIO war Limbach-Oberfrohna, was auch im Unternehmensnamen (Firma) reflektiert wird: HEmpel LImbach RADIO.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Unternehmen Gerätebau Hempel wurde am 1. April 1950 durch den Ingenieur Bodo Hempel (1919–1990) gegründet. Der Hersteller firmierte in frühen Jahren als HELI Gerätebau Hempel KG Limbach, ab Anfang der 1960er Jahre als HELIRADIO Gerätebau Limbach KG. Bis 1960 waren die Geräte Werksentwicklungen.

Ab 1960 erfolgten Gestaltungen von Karl Clauss Dietel und Lutz Rudolph, einschließlich Signet, Messeständen, Werbegrafik, Arbeitsumweltgestaltung. An der elektronischen Entwicklung arbeitete Dipl.-Ing. Paul Arnold, Technischer Leiter des VEB Deutsche Schallplatten Berlin, mit. Bezüglich der elektroakustischen Entwicklung gab es Vertragsbindungen zum RFZ Berlin (Rundfunktechnisches Zentralamt der Deutschen Post Berlin-Adlershof).

HELIRADIO verfügte über ein signifikantes Signet, das mit der Überführung in VEB Gerätebau durch das bekannte RFT-Logo ersetzt wurde. Das Signet leitet sich aus den Symbolen für Antenne und Erde - zwei Pfeilen - ab, die das Negativ des Buchstabens H (für Hempel) umschließen.

Bis 1972 war HELIRADIO ein „halbstaatliches“ Unternehmen - Betrieb mit staatlicher Beteiligung, das im Zuge der damaligen Enteignungswelle in Volkseigentum überführt wurde. Die Firma wandelte sich dabei zu VEB Gerätebau. Später wurde das Werk schließlich Teil des VEB ELFEMA Mittweida/Sa. unter dem Dach der RFT. Am 1. Juli 1990 wurde das Unternehmen im Zuge der Wiedervereinigung in eine GmbH überführt und am 30. Juli 1993 liquidiert.

Personen

  • Unternehmensgründer: Ing. Bodo Hempel (* 14. Oktober 1919 in Leipzig; † 20. März 1990 in Limbach-Oberfrohna)
  • Technischer Leiter (1965 - 1978) Dipl.-Ing. Martin Viohl
  • Entwicklungschef: Ing. Erhard Gränitz, später Dipl.-Ing. Klaus Dietz
  • Formgestaltung:
    • Bis 1960 waren die Geräte Werksentwicklungen
    • Ab 1960 Gestaltungen von: Karl Clauss Dietel, Lutz Rudolph; einschließlich Signet, Messeständen, Werbegrafik, Arbeitsumweltgestaltung
  • Elektronikentwicklung:
    • Mitarbeit von Dipl.-Ing. Paul Arnold, Technischer Leiter des VEB Deutsche Schallplatten Berlin
  • Elektroakustische Entwicklung: es gab Vertragsbindungen zum RFZ Berlin (Rundfunktechnisches Zentralamt der Deutschen Post Berlin-Adlershof); (Dipl.-Phys. Orth, Dipl.-Ing. Lothar Steinke)

Produkte

rk5 sensit und Lautsprecher LK20 sensit
rk88 sensit
rk90 sensit cubus

Bei HELIRADIO wurden hauptsächlich Rundfunkgeräte und Lautsprecherboxen gefertigt.

Bekannte Empfänger aus der Blütezeit von HELIRADIO sind:

Röhrengeräte

  • RK 1
  • RK 2
  • RK 3 (einschließlich Bausteinserie 66)

Hybridgeräte

RK 4

Das Gerät RK 4 markiert den Durchbruch der Transistortechnik bei HELIRADIO. Es ist die Vorstufe zum rk5 sensit. Die Anordnung der Bedienelemente entspricht der des rk5 sensit (Balanceregler erstmals an der Frontseite) während der NF-Teil komplett mit Transistoren bestückt ist. Lediglich im HF-Teil kommt noch bewährte Röhrentechnik zum Einsatz.

Halbleitergeräte

rk5 sensit

Sowohl das Gerät rk5 sensit als auch die Lautsprecher LK20 sensit wurden 1967/1968 gestaltet. Die Serienfertigung lief 1970 an.

Der rk5 sensit bildete die Grundlage aller folgenden Geräte der rk-Serie bis zum rk88, die sowohl vom elektrischen Aufbau als auch von der äußeren Form in den Folgemodellen nur leicht modifiziert wurden. Das Gerät war zum Zeitpunkt der Markteinführung ausgesprochen modern. Elektronischer Sendersuchlauf und (fast) vollständiger Einsatz von Siliziumtransistoren waren ein absolutes Novum auf dem DDR-Markt.

Dass ein solches Gerät von einem „halbstaatlichen Betrieb“ entwickelt und erfolgreich verkauft wurde, sorgte sicher für Aufsehen auch auf politischer Ebene. Dass für die Fertigung eine Reihe von Halbleitern importiert werden mussten, führte dazu, dass die Geräte trotz ihres Preises nie in ausreichender Stückzahl geliefert werden konnten. Dabei war der Preis durchaus im Rahmen dessen, was beispielsweise für Geräte wie Rema Adagio oder Andante gezahlt werden musste, obwohl diese mit preiswerten Germaniumtransistoren und einem großen Anteil an Standardbaugruppen gefertigt wurden.

Aus technischer Sicht bemerkenswert ist die abgestimmte HF-Vorstufe im AM-Bereich, die in der Gerätepalette der DDR-Industrie einmalig war. Sie verlieh dem Gerät ausgezeichnete Fernempfangseigenschaften. Das war besonders wichtig in den Gebieten der DDR, die außerhalb der Reichweite westdeutscher UKW-Sender (ARD, RIAS) lagen.

rk7 sensit

Der einzige Germaniumtransistor des rk5 sensit wird durch einen sowjetischen Siliziumtyp ersetzt. Die NF-Endstufe wurde überarbeitet, der UKW-Tuner konnte mit DDR-Transistoren bestückt werden.

rk8 sensit

Die Variante rk8 wurde mit zwei weiteren Lautsprecherbuchsen versehen, die zum Anschluss von zwei "Pseudo-Quadro"-Lautsprechern geeignet waren.

rk88 sensit

Im rk88 tauchte der erste integrierte Schaltkreis in der rk-Serie auf – im Stereodecoder wurde der A290 eingebaut (DDR-Nachbau des MC1310/XR1310). Die Variante rk88 sensit IC erfuhr durch den Einsatz von integrierten Schaltkreisen die erste durchgreifende Neugestaltung. FM-ZF, AM-HF und ‑ZF, Abstimmelektronik/Anzeige und NF-Vorstufen wurden mit ICs bestückt. Damit war der UKW-Tuner die einzige Baugruppe, die über den gesamten Fertigungszeitraum keine Veränderungen erfuhr – abgesehen vom Ersatz westlicher Import-Halbleiter durch solche aus der DDR oder den Bruderländern, sobald sie verfügbar waren.

rk90 sensit cubus

An der Gestaltung des rk90 cubus wurde von 1984–1987 gearbeitet. (Wann die Elektronikentwicklung begann/endete, muss noch nachgetragen werden.) Der rk90 sensit cubus besaß eine vollständig digitale Steuerung und war auf den Einsatz einer Fernbedienung angewiesen. Es existieren einige Vorserienexemplare, zu einer Serienfertigung ist es nicht gekommen. Der ehemals private Betrieb war inzwischen vollständig enteignet und dem VEB ELFEMA Mittweida angegliedert worden. Offensichtlich war es unter diesen Bedingungen nicht mehr möglich, ein Produkt zu entwickeln und zu fertigen, das den damaligen Stand der Entwicklung mitbestimmte und internationalen Vergleichen standhielt. Der Coup, der 1970 mit dem rk5 sensit gelang, ließ sich nicht mehr wiederholen. Die lange Entwicklungszeit und die Existenz funktionierender Muster deuten darauf hin, dass der Fertigungsanlauf behindert wurde, vermutlich weil die Betriebsleitung das mit der Innovation verbundene Risiko nicht tragen wollte. Eines der seltenen Exemplare kann im Industriemuseum Chemnitz besichtigt werden.

Während der Fertigung der rk-Serie wurden weitere Geräte gestaltet:

  • RC 1
  • CLOCK
  • VS 1 und
  • Programat (Serienfertigung wurde verhindert)

Lautsprecher

Neben den Rundfunkgeräten wurden bei HELIRADIO auch qualitativ hochwertige Lautsprecher gefertigt. Oftmals waren sie direkt von entsprechenden Produktlinien abgeleitet, die bei HELIRADIO für den Rundfunk und das Fernsehen der DDR hergestellt wurden. Mit zunehmender Nachfrage wurden aber auch Serien gefertigt, die speziell für den Heimbereich ausgelegt waren.

Kugellautsprecher LK22

K12-Studio

Geschlossene Kompaktbox mit furniertem Spanplattengehäuse. Als Lautsprecher wurde ein Breitbandchassis Schulz KSP 130k mit 13 cm Durchmesser und 5 VA verbaut. Bemerkenswert ist die passive Entzerrung des Lautsprechers mit einem Saugkreis, der sich im Lautsprechergehäuse befindet. Interessant ist auch die leicht schräge Anordnung des Lautsprechers im Gehäuse.

Aktivlautsprecher K12‑Studio

Die Box K12‑Studio ist identisch mit der Box K12E - allerdings ist auf der Rückseite ein Verstärkerteil angebaut. Die Verstärkerplatine ist mit VS‑12 gekennzeichnet. Auch die aktive Variante der K12 ist mit passiver Entzerrung des Lautsprechers ausgestattet. Der Eingang ist symmetrisch, es werden studioübliche 1,55 V benötigt. Oft wurden die originalen Diodenbuchsen gegen eine dreipolige Tuchelbuchse und einen Pegelregler ersetzt. Die Box fand oft beim Fernsehen der DDR als Kontrollmonitor Verwendung.

Kugellautsprecher k20 sensit

  • Einkanal-Breitbandbox, Lautsprecher KSP215 mit Schaumstoffsicke und Hochtonkegel
  • eingebautes Frequenzgangkorrekturglied

Aktivlautsprecher Z 132

Der Z 132 entstand in den 60er-Jahren durch Kombination einer Endstufe aus dem VS 1 Röhrenvollverstärker (Bausteinserie 66) mit der Box L40. Der Lautsprecher ist ein Schulz KSP 215k mit 21 cm und 12,5 VA. Im Laufe der Jahre wurde der Röhrenverstärker VS 1-32 durch den Transistorverstärker V132 ersetzt, der praktisch baugleich mit dem im „K12-Studio“ verwendeten Verstärker ist. Die Transistorversion der Lautsprecherbox wurde Z132/1 benannt.

Anmerkung

Nachdem die Kugelform für Lautsprecherboxen am Markt etabliert war, wurde sie auch von anderen Herstellern aufgenommen – nicht nur in der DDR. In der DDR jedoch unterlagen auch die Kugelboxen dem üblichen Drang zur Standardisierung. Darum kann hier von Aussehen und Bezeichnung nicht immer direkt auf den Hersteller geschlossen werden. Auch wurde die Fertigung bestimmter Modelle in andere RFT-Betriebe verlagert. Beispielsweise wurde die K 20 sensit auch im VEB Statron Fürstenwalde gefertigt.

Formgestaltung

Die Geräte von HELIRADIO sind geprägt durch die unverwechselbare Handschrift des Gestalter-Duos Dietel/Rudolf, denen es immer stärker gelang, eine eigenständige Form zu entwickeln. Das zeigte sich erstmals beim rk5 sensit, der international anerkannte Gestaltungsvorlagen zurückließ und es setzte sich weiter fort mit jedem neu hinzukommenden Gerät. Das Gerät Programat gilt als besondere Entwicklungs- und Gestaltungsleistung (mit Sendersuchlaufsystem, Prototyp 1968); des Weiteren die Studiolautsprecher VS 1 und andere, die Studiomonitore K12‑Studio sowie das Gerät Subharchord zur synthetischen Klangerzeugung.

Museen

Produkte von HELIRADIO befinden sich in den Sammlungen

Besonderheiten

Verstärker HS-1 (ca. 1961)

HELIRADIO-Produkte können als typisch für die „zentralistisch gedrosselte“ Innovationskraft der DDR-Industrie, besonders des bis 1972 noch aktiven Mittelstandes, bezeichnet werden.

Innenansicht HS-1

Sie verbinden Kreativität mit dem offensichtlichen Zwang zur Improvisation. Zwei Beispiele (HS‑1 und Subharchord) sollen das beschreiben:

HS-1

  • Mehrere Kanäle (Stereo), einschließlich einer Trennung in Tiefton- und Mittel-Hochtonbereich.
  • Trennung in kleine Hoch-Mittelton- und Steuereinheit und eine große Tieftoneinheit (für die Tieftonwiedergabe wird ohnehin ein großer Lautsprecher in einer großen Box/Schallwand benötigt).

Der Stereo-Verstärker HS‑1 (Bild) sei als erstes Beispiel genannt, wie trotz sparsamstem Materialeinsatz Geräte mit zukunftsweisenden Eigenschaften entstanden.

Besonders hervorzuheben ist dabei der Tieftonausgang. Obwohl die Ausgangsleistung des HS‑1 (ca. 2x2 Watt) nicht annähernd heutigen Maßstäben entspricht, konnte eine für den Heimgebrauch ausreichende Lautstärke erzeugt werden. Das wurde durch die Möglichkeit zum Anschluss eines zusätzlichen Tieftonverstärkers erreicht.

Grundlegend ist dabei, dass die spektrale Verteilung üblicher Musik- und Sprachwiedergabe nur eine geringe Ausgangsleistung im Bereich über 300 Hz benötigt (Subwooferprinzip).

Damit nahm der HS‑1 alle Merkmale vorweg, die heutige, moderne Soundsysteme auszeichnen. HELI lieferte damit schon in den frühen 60er-Jahren eine Technik, die sich erst sehr viel später unter dem Begriff Subwoofer am Markt durchsetzte. Das Gesamtsystem HS‑1 hat zu seiner Zeit durchaus High-End-Qualität repräsentiert.

Improvisiert hat man bei dem Gerät insofern, als man den Aufbau so vornahm, als hätte man eine Leiterplatte, um darauf die Bauelemente unterzubringen. Tatsächlich handelt es sich jedoch um eine PVC-Platte, in die Löcher gebohrt sind, durch welche dann die Anschlussdrähte der Bauelemente gesteckt wurden. Weil die Leiterbahnen fehlten, hat man die Anschlüsse der Bauelemente auf der Unterseite in herkömmlicher Weise direkt verbunden. Von Vorteil war bei dieser Lösung, dass man auf die üblichen Lötösenleisten als Bauteileträger verzichten konnte und doch zu einem stabilen aber auch platzsparenden Aufbau kam.

So hat Heli den Einstieg in die Technik der gedruckten Schaltung gestartet. Spätere Ausführungen des HS-1 besitzen dann Leiterplatten in der heute bekannten Form. Dabei waren die Bauelemente für diese Technik gar nicht gut geeignet (die Anschlüsse der Widerstände wurden durch Blechstreifen gebildet, wie bei konventioneller Verdrahtung üblich). Für Leiterplattentechnik verwendet man aber besser Drähte mit rundem Querschnitt; damit lassen sich sehr viel einfacher zuverlässigere Lötverbindungen herstellen. Aber davon ließ man sich im Hause Hempel nicht beirren und wagte den Schritt in eine neue Technologie. (Mit Erfolg, wie eine ganze Reihe noch heute benutzter HS-1 belegen.)

Subharchord

Das Subharchord – ein Gerät zur synthetischen Klangerzeugung – ist ein weiteres Beispiel für die Innovationskraft des Unternehmens HELI, das nur durch die realsozialistische Politbürokratie zu bremsen war.

Literatur

Weblinks


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