- Glatzer Madonna
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Als Glatzer Madonna wird ein Tafelbild bezeichnet, das vom ersten Prager Erzbischof Ernst von Pardubitz um 1350 dem von ihm gestifteten Augustiner-Chorherrenstift in Glatz geschenkt wurde. Bis zur Zerstörung des Stifts im Jahre 1622 zierte es den Hauptaltar der zu Ehren Maria Verkündigung geweihten Stiftskirche, die auch als Thumkirche bezeichnet wurde.
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung
Das auf Pappelholz gemalte Bild stellt die thronende Maria mit dem Kind dar. Es entstammt der Böhmischen Malerschule und wurde vermutlich vom Meister von Hohenfurth geschaffen. Es entstand im Auftrag des ersten Prager Erzbischofs Ernst (Arnestus) von Pardubitz, der auf dem Gemälde links unten kniend in kleinerem Maßstab zu sehen ist. Auf dem Gemälde mit goldenem Hintergrund sitzt Maria auf einem gotischen Thron. Mit der rechten Hand umfasst sie das auf ihrem Schoß sitzende Kind, in der linken Hand hält sie den Reichsapfel. Ikonographisch wird der Thron in Anlehnung an die Lauretanische Litanei als „Sedes sapientiae“ (Sitz der Weisheit) bezeichnet. Nach der vom Jesuiten Bohuslav Balbín 1664 verfassten „Vita Venerabilis Arnesti“ sollen ursprünglich zu dem Tafelbild vier kleinere Seitentafeln gehört haben.
Ernst von Pardubitz war ein Verehrer der Jungfrau Maria und soll als Kind eine Marienerscheinung in der Glatzer Pfarrkirche gehabt haben, die er erst kurz vor seinem Tod niederschrieb. Vermutlich deshalb gründete er vor 1350 in Glatz ein Augustiner-Chorherrenstift, das er zusammen mit seinen Brüdern Smil und Wilhelm von Pardubitz finanziell ausstattete.
1595 wurde das Augustinerstift durch päpstliche Verfügung den Jesuiten übergeben. Sie bauten das Stift zu einem Kolleg um, wurden jedoch 1618 aus Glatz vertrieben. Nach der Schlacht am Weißen Berg wurde das ehemalige Augustinerstift während der Kämpfe um Glatz 1622 zerstört und nicht wiederaufgebaut. Das Madonnenbild wurde vom damaligen Schlosshauptmann Johann Georg Semling[1] dem lutherischen Edelmann Adrian von Eckersdorf auf Labitsch übergeben, der es von ihm erbeten hatte und es in einem Haus in Frankenstein versteckte. Nach dem Ende der Belagerung von Glatz und dem Sieg der Kaiserlichen wurde es von dort am 11. November 1625 in die Glatzer Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt gebracht, an der die 1624 zurückgekehrten Jesuiten die Seelsorge übernommen hatten und nachfolgend ein Kolleg errichteten. Später fand das Bild seinen Platz an der südlichen Seitenwand der Pfarrkirche bei der unteren Sakristeitür.
Im Zuge der Säkularisation gelangte das Madonnenbild nach 1811 an den Glatzer Historienmaler Ludwig Bittner, der es 1834 renovierte und danach dem Königlichen Glatzer Gymnasium schenkte. Von diesem erwarb es im Jahre 1902 für 8.500 Mark das Berliner Kaiser-Friedrich-Museum (heute Gemäldegalerie Stiftung Preußischer Kulturbesitz).
Literatur
- Franz Albert: Die Glatzer Madonna des Erzbischofs Ernst von Pardubitz. Arnestus Druckerei, Glatz 1922 (Glatzer Heimatschriften 10, ZDB-ID 2520906-1).
- Arno Herzig, Małgorzata Ruchniewicz: Geschichte des Glatzer Landes. DOBU-Verlag u. a., Hamburg u. a. 2006, ISBN 3-934632-12-2, S. 44f.
- Joseph Kögler: Die Chroniken der Grafschaft Glatz. Neu bearbeitet und herausgegeben von Dieter Pohl. Band 2: Die Pfarrei- und Stadtchroniken von Glatz – Habelschwerdt – Reinerz mit den zugehörigen Dörfern. Pohl, Modautal 1993, ISBN 3-927830-09-7, S. 36f. (Geschichtsquellen der Grafschaft Glatz. Reihe A: Ortsgeschichte NF 2).
Einzelnachweise
Weblinks
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