Sibirische Hanfnessel

Sibirische Hanfnessel
Sibirische Hanfnessel
Sibirische Hanfnessel (Urtica cannabina)

Sibirische Hanfnessel (Urtica cannabina)

Systematik
Eurosiden I
Ordnung: Rosenartige (Rosales)
Familie: Brennnesselgewächse (Urticaceae)
Tribus: Urticeae
Gattung: Brennnesseln (Urtica)
Art: Sibirische Hanfnessel
Wissenschaftlicher Name
Urtica cannabina
L.

Die Sibirische Hanfnessel (Urtica cannabina), auch Sibirische Nessel oder Hanf-Brennnessel genannt, ist eine Pflanzenart in der Familie der Brennnesselgewächse (Urticaceae). Sie ist in weiten Teilen Eurasiens beheimatet.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Erscheinungsbild und Blatt

Die Sibirische Hanfnessel wächst als ausdauernde krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 50 bis 150 cm. Sie bilder verholzende Rhizome als Überdauerungsorgane. Die langen, verzweigten Stängel sind nur spärlich mit Borsten- und Brennhaaren bedeckt.

Die gegenständig am Stängel angeordneten Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Der 2 bis 8 cm lange Blattstiel ist mit Brennhaaren flaumig bedeckt. Die dreiteilig bis fiederteilige Blattspreite ist mit einer Länge von 7 bis 15 cm und einer Breite von 3,5 bis 10 cm im Umriss fünfkantig. Die Blattunterseite ist flaumig behaart und den auf den Blattnerven befinden sich Nesselhaare. Die Blattoberseite ist anfangs spärlich borstig behaart, später kahl und es sind dicht punktförmige Cystolithe vorhanden. Das oberste Teilblatt ist fiederteilig und allmählich nach unten hin verkürzt. Die seitlichen Teilblätter sind unregelmäßig eingeschnitten-gesägt bis schwach-gesägt. Die freien Nebenblätter sind mit 5 bis 15 mm linealisch und mit Brennhaaren auf beiden Seiten flaumig bedeckt.

Brennhaare

Die Brennhaare der Sibirischen Hanfnessel brechen bereits bei sehr leichter Berührung ab und führen zu starken, schmerzhaften, langanhaltenden Verbrennungen. In den Brennhaaren wurde Acetylcholin, Histamin und Serotonin gefunden. Es ist allerdings noch nicht gesichert, ob diese Verbindungen (insbesondere Histamin) für den Juckreiz verantwortlich sind.[1]

Blütenstand und Blüte

Die Sibirische Hanfnessel ist einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch). Die Blütezeit liegt zwischen Juli und August. Die Blütenstände enthalten jeweils nur Blüten eines Geschlechtes. Im oberen Bereich des Stängels befinden sich in den Blattachseln die männlichen, rispigen, 5 bis 8 cm langen Blütenstände. In den darunter befindlichen Blattachseln befinden sich die weiblichen, ährigen, 2 bis 7 cm langen Blütenstände, die oft aufrecht sind; in ihrem unterem Bereich sind die dicken Blütenstandsachsen verzweigt. Die höchstens kurz gestielten, männlichen Blüten weisen im knospigen Zustand einen Durchmesser von 1,2 bis 1,5 mm auf und besitzen vier flaumig behaarte, eiförmige Blütenhüllblätter, die bis zur Hälfte ihrer Länge verwachsen sind, sowie vier Staubblätter. Die vier Blütenhüllblätter der weiblichen Blüten sind im unteren Drittel ihrer Länge verwachsen und ihre zwei dorsal-ventralen Lappen sind mit einer Länge von 2 bis 4 mm elliptisch-eiförmig, außerdem sind sie borstig behaart und besitzen ein bis vier Nesselhaare. Die zwei seitlichen Lappen sind drei- bis viermal kürzer, eiförmig bis länglich-eiförmig und besitzen oft nur ein Nesselhaar.

Frucht

Die grau-bräunlichen Achänen sind mit einer Länge von 2 bis 3 mm eiförmig und etwas abgeflacht mit einem spitzen Ende und warziger Oberfläche. Auf den Achäne sind die haltbaren Blütenhüllblätter erkennbar. Die Früchte reifen zwischen August und Oktober.

Verbreitung

Die Sibirische Hanfnessel besiedelt weite Teile Zentralasiens; sie kommt auch im südwestlichen Asien und Europa vor. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich über den europäischen Teil Russlands, Sibirien, die Mongolei, den Iran bis nach China.

Anbau

Die Samen werden im Frühjahr in ein Frühbeet ausgesäht. Diese werden später pikiert und in einzelne Töpfe umgepflanzt. Wenn sie groß genug sind werden sie dann im Sommer ausgepflanzt. Sie müssen dann bis zur Ernte regelmäßig gegossen werden, da sonst bei der Fasergewinnung die Fasern eine schlechtere Qualität erhalten. Sonst benötigen sie eine geringe Pflege. [2]

Verwendung

Fasernutzung

Geschichte

Die Sibirische Hanfnessel wird schon lange als Faserpflanze genutzt, besonders in Asien. In den fünfziger Jahren wurde sie teilweise noch in verschiedenen asiatischen Gebieten der UdSSR wild zur Fasergewinnung genutzt. Heute werden sie noch vom Stoffkontor Kranz AG in Lüchow kultiviert und verarbeitet. [3]

Aufbereitung der Nesselstängel zu Fasern

Nachdem die Stängel von Blattwerk usw. gereinigt wurden, quetscht man die Pflanzen mittels Walzen, so dass die Brennhaare zerstört werden. Nun werden die Stängel mit 5%iger Ammoniaklösung bei 135 °C für 1½ Stunden in einen Druckbehälter gegeben. Danach werden die Fasern im Behälter im Wasserbad abgekühlt, man lässt den Druck ab, öffnet den Behälter und wäscht die Fasern mit Leitungswasser aus. Nach einer Spülung mit Methanol, um Kalkreste zu entfernen, werden die entstehenden Faserpelze an der Luft getrocknet. Zuletzt kämmt man die Fasern aus, um weitere Verunreinigungen zu entfernen und parallelisiert sie vor dem Verspinnen.[4]

Eigenschaften der Faser

Die Faser der Sibirischen Hanfnessel ist von guter Beschaffenheit, mit einem durchschnittlichen Querschnitt von 14,6 µm, einer Faserfeinheit von 9 dtex, einer durchschnittlichen Höchstzugkraft von rund 46 cN und einer mittleren Dehnung von 0,48 mm.

Verwendung der Faser

Die Faser der Sibirischen Nessel wird zur Herstellung von groben Garnen, Netzen, Stricken, etc. genutzt. Früher wurde die Faser zu feinem Nesseltuch verarbeitet. [5]

Nahrung

Die Blätter können ähnlich wie bei der Großen Brennnessel als Gemüse verwendet werden. Gekochte junge Blätter ergeben ein sehr nahrhaftes Essen, welches reich an Vitaminen und Mineralstoffen ist. Weiterhin kann man aus den jungen Blättern auch Spinat, Suppen und Eintöpfe herstellen. Beim Sammeln der Blätter sollte man darauf achten, dass man nur junge Blätter sammelt und beim Pflücken dicke Handschuhe benutzt, dass man sich nicht verbrennt. Durch gründliches Kochen oder Trocknen werden die Brennhaare zerstört. Aus den jungen Trieben kann auch Nesselbier gebraut werden. [2]

Samenöl

Aus den kleinen Nussfrüchten kann ein Öl gewonnen werden. Dieses Öl kann als Lampen- oder Brennöl verwendet werden. [2]

Verwendung im Garten

Wenn man dem Komposthaufen Blätter der Sibirischen Hanfnessel zugibt, so wird die bakterielle Aktivität beschleunigt. Aus den Blättern kann man die so genannte Brennnesseljauche herstellen. Diese kann einerseits als Pflanzendünger und als Insektenschutzmittel verwendet werden. Die Jauche wird hergestellt, indem frisch gepflückte kleingeschnittene Blätter für zwei Wochen in Regenwasser gären und die entstandene Flüssigkeit abgeseiht wird. [2]

Färben

Es können zwei Farbstoffe aus der Sibirischen Hanfnessel gewonnen werden:

  • Ein grüner Farbstoff, der durch Abkochungen aus Blättern und Stielen, gewonnen werden kann. Dieser ist sehr haltbar und schön.
  • Ein gelber Farbstoff, welcher durch Kochen mit Alaun, aus der Wurzel gewonnen werden kann. [2]

Verwendung des Brennnesselsaftes

Der Saft der Sibirischen Hanfnessel, oder eine Abkochung durch Kochen der Blätter in einer starken Salzlösung, kann als Labersatzstoff verwendet werden. Der Saft kann zugleich zum Abdichten von Holzgefäßen benutzt werden. [2]

Haarpflege

Haarwäsche oder Haarwasser wird aus den Blättern gewonnen. Dieses wird zur Antischuppen Behandlung und als Tonikum angewendet. [2]

Bekannte Gefahren von Urtica cannabina

Die Brennhaare können Reizungen der Haut hervorrufen. Durch Kochen oder Trocknen werden diese unschädlich gemacht. Es sollten allerdings nur die jungen Blätter zum Verzehren verwendet werden, weil die älteren Blätter giftige Teilchen, die Zystolithen, entwickeln. Diese wirken reizend auf die Nieren. [2]

Taxonomie

Urtica cannabina wurde 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum, 2, S. 984 erstveröffentlicht.

Quellen

  • Chen Jiarui (陈家瑞 Chen Chia-jui), Ib Friis & C. Melanie Wilmot-Dear: Urtica in der Flora of China, Volume 5. S. 80: Urtica cannabina - Online. (Abschnitt Beschreibung, Systematik und Verbreitung)

Einzelnachweise

  1. Datenblatt bei giftpflanzen.com.
  2. a b c d e f g h naturalmedicinalherbs.net.
  3. Gustav Bredemann: Die Große Brennessel Urtica dioica L. – Forschungen über ihren Anbau zur Fasergewinnung. Mit einem Anhang über ihre Nutzung für Arznei- und Futtermittel sowie technische Zwecke von Kurt Garber. Akademie-Verlag, Berlin 1959. S. 20
  4. Ch. Weigert: Verarbeitung von Nesselpflanzen zur Fasergewinnung und Vergleich der gewonnenen Fasern; Jugend forscht 2005.
  5. Gustav Bredemann: Die Große Brennessel Urtica dioica L. – Forschungen über ihren Anbau zur Fasergewinnung. Mit einem Anhang über ihre Nutzung für Arznei- und Futtermittel sowie technische Zwecke von Kurt Garber. Akademie-Verlag, Berlin 1959. S. 20

Literatur die nicht zu dieser Art gehört

  • Gustav Bredemann: Die Große Brennessel Urtica dioica L. – Forschungen über ihren Anbau zur Fasergewinnung. Mit einem Anhang über ihre Nutzung für Arznei- und Futtermittel sowie technische Zwecke von Kurt Garber. Akademie-Verlag, Berlin 1959. S. 20 f.

Weblinks

 Commons: Sibirische Hanfnessel (Urtica cannabina) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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