Hein Gorny

Hein Gorny
Hein Gorny, Selbstportrait, um 1930

Hein Gorny (* 21. April 1904 in Witten; † 14. Juni 1967 in Hannover) war ein deutscher Fotograf, der im Geist der Neuen Sachlichkeit vor allem Werbeaufnahmen, Porträtstudien, Tierfotografie, Sach- und Industrieaufnahmen machte.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

1922 ging Hein Gorny, nach Abbruch einer Tischlerlehre, nach Hannover. Dort hatte er Kontakt zum „Kröpcke-Kreis“ und lernte den damaligen Geschäftsleiter der Kestnergesellschaft, Hans Krenz, kennen. Zwei Jahre später, auf Reisen nach Italien und Ägypten, entstanden die ersten Fotos von Hein Gorny. Vermittelt durch Hans Krenz wurden sie im „Hannoverschen Anzeiger“ veröffentlicht. 1925 porträtierte Hein Gorny den bekannten Kulturphilosophen Theodor Lessing in Hannover. Bei dieser Begegnung lernte er auch dessen Tochter Ruth Lessing kennen, die später seine Frau wurde. Eine andere prägende Begegnung war 1927 die Bekanntschaft mit Albert Renger-Patzsch, der zu diesem Zeitpunkt eine Ausstellung in der Kestnergesellschaft vorbereitete. Als Autodidakt begann Hein Gorny 1929 als Fotograf zu arbeiten und erhielt erste Aufträge. In dieser Zeit eröffnete er ein eigenes Photoatelier in Hannover. Hein Gorny bekam in Hannover Kontakt zum intellektuellen Kreis. Ein Jahr später reiste er zusammen mit Erich Ohser und Erich Kästner nach Leningrad und Moskau.

1931 zog Hein Gorny zusammen mit Ruth Lessing nach Berlin. Ein Jahr später heirateten die beiden. Hein Gornys Schwiegervater Theodor Lessing wurde 1933 in Marienbad Opfer eines Attentats. 1934 versuchte Hein Gorny eine Arbeitserlaubnis in Paris zu bekommen. Dies scheiterte. Auf Empfehlung arbeitete er dann in St. Moritz für die Kulturverwaltung. Für photographische Reportagen und Werbeaufnahmen kehrte Hein Gorny zwischenzeitlich nach Hannover zurück. 1935 zog er mit seiner Frau in die Lindenallee 4, Berlin. Im selben Jahr wurde sein Sohn Peter Hans geboren. Ebenfalls in diesem Jahr übernahm Hein Gorny zusammen mit dem Photographen Karl Theodor Gremmler das Atelier von Lotte Jacobi am Kürfürstendamm 35, nachdem diese in die USA emigriert war. Ruth Gorny verwaltete das Archiv und führte die Laborarbeiten aus. Hein Gorny wurde in die Gesellschaft Deutscher Lichtbildner berufen und war dort Mitglied von 1936 bis 1938.

Im Jahr 1938 hatte eine Veröffentlichung in der Zeitschrift „Das schwarze Korps“ zur Folge, dass Hein Gorny denunziert wurde. Die Reichspressekammer forderte ihn auf, sich von seiner jüdischen Frau scheiden zu lassen. Dies lehnte Hein Gorny ab. Finanziert vom Bruckmann Verlag reiste er nach New York, um sich dort eine neue Existenz aufzubauen, währenddessen bereitete Ruth Gorny ihre Ausreise vor und verkaufte das Atelier. Ihre endgültige Umsiedlung in die USA scheiterte jedoch, Ruth Gorny bekommt keine Aufenthaltsgenehmigung. Aus diesem Grund kehrte Hein Gorny 1939 wieder nach Deutschland zurück und nahm die Arbeit in seinem alten Photoatelier erneut auf. Die Tochter Katrin Barbara wurde geboren. 1941 wurde Gorny wegen seiner Ehe mit einer Jüdin als „wehrunwürdig“ eingestuft und deshalb nicht in den Kriegsdienst eingezogen. Trotzdem konnte er weiter, zwar mit Einschränkungen, als Fotograf arbeiten. Sein Freund Werner Kube, der für den Bruckman Verlag arbeitete, vermittelte ihm 1942 einen kriegswichtigen Auftrag für ein Buch über Gebirgsjäger. Aufgrund dieser Tätigkeit wurde Gorny vom Arbeitsdienst freigestellt. 1943 wurde das Haus Kurfürstendamm 35 von Bomben getroffen, das Photoatelier blieb erhalten, aber das Löschwasser zerstörte einen Teil des Negativ-Archives. 1944 wurde die Wohnung der Familie Gorny zerstört. Im Winter 1944 ließ sich Hein Gorny scheiden und heiratete seine Fotolaborantin Bayerle. Im April zog er mit seiner neuen Ehefrau nach Caputh, wo er am 25. April 1945 von sowjetischen Truppen als Zivilgefangener festgenommen wurde. Ab Mitte Mai kam er frei und zog wieder nach Berlin. Er ließ sich von Bayerle scheiden und heiratete im Herbst Ruth ein zweites Mal. 1946 kam es zu einer erneuten Scheidung der beiden.

In den folgenden Jahren betätigte Hein Gorny sich im Kunsthandel und wurde für kurze Zeit Teilhaber eines Studios für Werbefotografie in Kassel. Infolge einer Krankheit, die sich bereits in den letzten Kriegsjahren abgezeichnet hatte, kam er in eine Klinik in Hannover. In der Heilanstalt in Ilten wurde er photographisch noch vereinzelt aktiv, doch die angefangenen Projekte konnte er nicht mehr abschließen. In der Folge eines Zimmerbrandes wurde er schwer verletzt, er erlag den Verletzungen am 14. Juni 1967.

Werk

Im Stil der Neuen Sachlichkeit machte Hein Gorny Werbefotografien für Hannoveraner Firmen, u.a. für Bahlsen und Pelikan AG. In den Jahren von 1930–1940 erschienen seine Werbefotografien in der Edition Arts et Métiers graphiques. In den Berliner Jahren publizierte er vor allem Bildbände über Tiere und Landschaften. Als Illustrationsfotograf schuf er hierbei Illustrationen zum bereits fertigen Text eines Autors. 1938 erschien das Buch mit dem Titel „Ein Pferdebuch“, außerdem fotografierte er Bademoden in Prerow. Für die Bademodenindustrie war Gorny auch noch ein Jahr später tätig. 1945–1946 entstanden umfangreiche Trümmerserien. Zusammen mit dem amerikanischen Fotografen Adolph C. Byers fotografierte er das in Trümmern liegende Berlin aus der Luft wie am Boden. Der Plan ein Buch mit dem Titel „In Memoriam“ herauszubringen konnte nicht realisiert werden.

„Besonders in seinen frühen Arbeiten ist die Freude am Experiment, die Aufgeschlossenheit allem Neuen und Ungewöhnlichen gegenüber deutlich sichtbar. Seine positive Einstellung zum Leben, seine unbeschwerte, fast überschwängliche Art, das Medium Fotografie zu benutzen, ließen ihn – bewusst oder unbewusst – den Zeitgeschmack übernehmen.“

Heinrich Riebesehl[1]

Seine Werke befinden sich größtenteils im Bildarchiv Preussischer Kulturbesitz, in der Berlinischen Galerie und in der Collection Regard Berlin.

Ausstellungen

  • 1930 München („Das Lichtbild“)
  • 1935 Paris („Salon International d´Art Photographique“)
  • 1972 Hannover (Spectrum Photogalerie)
  • 1982 Berlin (Berlinische Galerie)
  • 1997 Bonn (Kunst- und Ausstellungshalle der BRD)
  • 2011 Berlin (Collection Regard)

Literatur

Fotoabbildungen Hein Gornys in Büchern und Heften

  • Wolf H. Döring:Bildnisse – drinnen und draußen. Halle 1939.
  • Paul Eiper:Prangender Sommer im deutschen Wald. Berlin 1933.
  • Paul Eiper:Dein Wald. Herbst und Winter. Berlin 1937.
  • Paul Eiper:Liebe zum Tier. Erlebtes und Geschautes. Berlin 1937.
  • Paul Eiper:Die gelbe Dogge Senta. München 1951.
  • Hein Gorny:Die Chronik der Feldmühle. Stettin 1935.
  • Hein Gorny:Ein Pferdebuch. München, 1938.
  • Hein Gorny:Ein Hundebuch. München, 1941.
  • Hein Gorny, H. E. Trieb:Fotoerfolg am Badestrand. Halle, 1941.
  • Julius Kempf:Buntes Trachtenbüchlein Oberbayern. München 1954.
  • Ilse Obrig:Dackel Jüttje und das Katzenkind. Stuttgart 1952.
  • H. L. Oeser:Das Nieverlorene Paradies. Aus deutschen Wäldern, Wiesen und Gärten. Ein Bildwerk vom Pflanzenreich. Berlin 1934.
  • Hanns Reich:Pferd. Ein terra magica Bildband. Düsseldorf 1967.
  • Reichsinnungsverband des Schlosserhandwerks Berlin (Hrsg.):Der Schlüssel erschließt Ihnen Interessantes für die Gestaltung von Haus, Heim und Hof.[Werbeschrift]. Berlin. O.J.
  • Alexander Schmook:Im grünen Revier – Jagd – und Tiergeschichten. Berlin 1936.
  • Georg Thurmaier, Josef Rick:Das helle Segel. Freiburg 1936.
  • H. E. Trieb:Durch Wald und Flur. Halle, 1939.
  • Karl Zorn:Im Westerwald und Taunus: Aus den Erlebnissen und Erinnerungen eines Wildmeisters. Hamburg/Berlin 1966.

Kataloge

  • H. G.. Hannover 1972. (Kat. Spectrum Photogalerie)
  • La Photographie sous la Republique de Weimar. Une exposition de l`Institut pour les Relations Culturelles avec l´Etranger (Institut für Auslandsbeziehungen). Stuttgart 1980.
  • Berlin fotografisch: Fotografie in Berlin 1860-1982. Berlin 1982. (Kat. Berlinische Galerie)
  • Photographische Perspektiven aus den Zwanziger Jahren ( 20er Jahre ). Katalog der Ausstellung 1994 im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg. Vorwort Wilhelm Hornbostel Aus der Reihe Dokumente der Photographie, Band 4. Hamburg 1994. (Kat. Museum für Kunst und Gewerbe)
  • Deutsche Fotografie. Macht eines Mediums 1870-1970. Köln 1997. (Kat. Kunst- und Ausstellungshalle BRD, Bonn)
  • Und sie haben Deutschland verlassen...müssen. Fotografen und ihre Bilder 1928-1997. Bonn 1997. (Ausst.-Kat. Rheinisches Landesmuseum)
  • Hommage à Berlin. Hein Gorny – Adolph C. Byers – Friedrich Seidenstücker. Berlin 2011. (Kat. Collection Regard) ISBN 978-3-00-033886-1

Zeitschriften

  • „Arts et Metiers Graphiques. Photographie“. Jahrgang 1930-1940.
  • „Das Deutsche Lichtbild (1938). Jahresschau 1938“. Berlin/Stuttgart 1938.
  • „Das Deutsche Lichtbild (1936). Jahresschau 1936“. Berlin 1935.
  • „Das Deutsche Lichtbild (1936). Jahresschau 1936“. Berlin 1934.
  • „Volk und Welt. H2/ Februar 1939. Deutschlands Monatsbuch“. Hannover 1939. (HG. Oppermann)
  • Westermanns Monatshefte 77. Jahrgang 153. Band 1. und 2.Teil September 1932 bis Februar 1933. Heft 913-918. Braunschweig 1932.
  • Fotogeschichte, Heft 73: Klingbeil, Almut: Theodor Lessing, Hein Gorny und die Neue Sachlichkeit. Fotogeschichte. Beiträge zur Geschichte und Ästhetik der Fotografie. Marburg Bd. 19 (1999), 73, S.29-38.

Lexika

  • Auer, M.: Encyclopédie Internationale des Photographes de 1839 à nos jours. Hermance 1985.
  • Auer, M.: Auer Index. Hermance 1992.
  • Breuille, J.-P.: Dictionnaire de la photo. Paris 1996.
  • Kirschbaum, J.: Lexikon der Fotografen. Frankfurt am Main 1981.
  • Koetzle, H.-M.: Das Lexikon der Fotografen 1900 bis heute. München
  • Misselbeck, R.: Prestel-Lexikon der Fotografen. Von den Anfängen 1839 bis zur Gegenwart. München/ Berlin/ London/ New York 2002.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Koetzle, H.-M.:"Das Lexikon der Fotografen 1900 bis heute" München, S. 174

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