Herrenstand (Böhmen)

Herrenstand (Böhmen)

Der Herrenstand war ein Teil der böhmischen Ständeordnung. Aufgrund seiner staatsrechtlichen Stellung unterschied er sich vom übrigen titulierten Adel im Heiligen Römischen Reich.

Geschichte

In der ältesten böhmischen Herrenstandsordnung vom 18. März 1500 wurde festgelegt, dass niemand in den Herrenstand aufzunehmen sei, der nicht den Ritterstand seiner Familie über vier Generationen nachweisen konnte und darüber hinaus musste nicht nur der König, sondern zusätzlich auch die alten Herrenstandsfamilien selbst einer möglichen Aufnahme zustimmen. Zu diesem Zeitpunkt gab es nur 30 solcher alten Herrenstandsfamilien in Böhmen. Die politischen Veränderungen nach der Schlacht am Weißen Berg ermöglichten es dem König, die Einflussnahme der alten Geschlechter abzuschwächen. Mit der verneuerten Landesordnung vom 10. Mai 1627 wurde auch eine neue Ständepyramide in Böhmen geschaffen. An der Spitze stand die hohe Geistlichkeit (der Erzbischof von Prag, die übrigen Bischöfe usw.), es folgte der Herrenstand, der neben den Freiherren und Grafen nun auch die Herzöge und Fürsten einschloss, dann der Ritterstand mit Landbesitz und schließlich die Königlichen Städte. Zur Aufnahme in den Herrenstand genügte jetzt jedoch die Verleihung eines Freiherren-, Grafen- oder Fürsten-Titels durch den König von Böhmen oder das Inkolat an eine entsprechende ausländische Familie. Das Mitspracherecht der bisherigen Herrenstandsfamilien war entfallen. Gehörte jemand nur dem Ritterstand an, so erhielt er zunächst die Aufnahme in den böhmischen Freiherrenstand. Erst drei Generationen später erfolgte die Verleihung des alten Herrenstandes oder auch der Titel Alter böhmischer Freiherr. Von dieser Wartefrist befreit, waren die Familien, in der bereits zuvor zumindest eine Linie den Freiherren- oder Grafenstand erhalten hatte. Die besondere Stellung des böhmischen Herrenstandes endete mit der Auflösung der ständischen Verfassung von 1849. Doch sahen sich dessen ehemalige Mitglieder noch bis 1918 als Bewahrer und Hüter der Rechte des Landes Böhmen.

Bedeutung

Neun der dreizehn höchsten Staatsämter durften nur von Mitgliedern des Herrenstandes besetzt werden. Dazu gehörte das Amt des Oberstburggrafen von Prag, des Oberstlandhofmeisters oder des Oberstlandmarschalls. Darüber hinaus gehörte der Betreffende dem Landtag an, unterstand einer privilegierten Gerichtsbarkeit, genoss persönliche Steuerfreiheit und anderes. Diese Elite im Königreich Böhmen erhielt eine staatsrechtliche Stellung, die weit über der des vergleichbaren Adels in anderen Ländern lag.

Literatur


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