Indische Tamilen in Sri Lanka

Indische Tamilen in Sri Lanka
Bevölkerungsanteil der indischen Tamilen in Sri Lanka auf Distriktebene nach dem Zensus von 2001 bzw. 1981 (in kursiver Schrift)

Indische Tamilen oder Hochlandtamilen sind in Sri Lanka derjenige Teil der tamilischen Bevölkerung, der während der britischen Kolonialzeit ab 1840[1] aus Südindien (Tamil Nadu) einwanderte. Sie unterscheiden sich sprachlich, kulturell und vom Selbstverständnis von den einheimischen Sri-Lanka-Tamilen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Kolonialgeschichte

Für den Aufbau einer großen Plantagenwirtschaft konnten die Briten ab Anfang des 19. Jahrhunderts den Bedarf an Arbeitern durch die lokale meist singhalesische Bevölkerung nicht mehr decken. Deshalb wurden indische Tamilen aus Südindien als Gastarbeiten auf die Insel geholt. Zunächst war die Plantagenwirtschaft der Engländer auf Ceylon auf den Anbau von Kaffee orientiert, eine Blattkrankheit führte jedoch zum Aufbau von Tee-Plantagen. Hierfür waren ganzjährige Arbeitskräfte notwendig. Mit dem Aufschwung des Teeanbaus holten die Arbeiter ihre Familien nach.[2] Sie siedelten sich vor allem im Bergland im Südwesten der Insel an in der Nähe des Teeanbaus an.[3]

Nicht alle indischen Tamilen kamen als Plantagenarbeiter nach Sri Lanka. Rund ein Viertel von ihnen waren Händler, Geldverleiher oder übten andere Berufe aus. Der Anteil der indischer Tamilen überschritt den der Sri-Lanka-Tamilen. Ihren höchsten Wert erreichten sie in den 1930er Jahren mit 15 Prozent an der Gesamtbevölkerung gegenüber 11 Prozent Anteil der einheimischen Sri-Lanka-Tamilen.[2]

Nach 1948

Nach der Unabhängigkeit Ceylons vom Britischen Weltreich im Jahr 1948 änderte sich die Situation der indischen Tamilen in Sri Lanka. Im sogenannten „Ceylon Citizenship Act“ von 1948 wurde ihnen kollektiv die Staatsbürgerschaft entzogen. 780.000 meist schon in Sri Lanka geborene Tamilen indischer Abstammung wurden staatenlos. Vordergründig wurden dazu singhalesisch nationalistische Erklärungen abgegeben. Allerdings wurde dieser Schritt auch von bedeutenden Vertretern der Einheimischen Sri-Lanka-Tamilen wie Ponnambalam Ramanathan unterstützt, der durch die indischen Tamilen den Einfluss und die kulturelle Eigenständigkeit seiner Bevölkerungsgruppe gefährdet sah.

1964 und 1974 wurden zwischen Indien und Sri Lanka zwei Verträge ausgehandelt, die die Repatriierung von 600.000 Tamilen indischer Abstammung nach Indien vorsahen. 375.000 indischen Tamilen wurden unter besonderen Konditionen die sri-lankische Staatsbürgerschaft zugesprochen. In der Folgezeit bemühte sich die Regierung um die Abschiebung der nicht eingebürgerten indischen Tamilen. Dies gestaltete sich jedoch schwierig, vor allem wegen der schlechten Verwaltung und der Ablehnung der Tamilen, in ein für sie fremdes Land auszuwandern. So konnten auch über zehn Jahre später nur etwa die Hälfte aller indischen Tamilen nach Indien abgeschoben werden. In den Jahren 1984/1985 verfügte die Regierung eine generelle Einbürgerung für alle verbliebenen Tamilen indischer Abstammung in Sri Lanka. Dies geschah, um weitere Interventionen Indiens in Sri Lanka zu unterbinden.

Bevölkerungsentwicklung bis 1989

Jahr 1827 1847 1877 1911 1921 1931 1946 1958 1971 1981 1989
Anzahl 10.000* 50.000* 146.000 460.000 500.000 700.000 760.000 1.000.000 1.174.900 818.700 873.000*

* geschätzte Werte

Kultur

Die soziale Struktur der indischen Tamilen ist dieselbe wie im ländlichen Tamil Nadu. Die Gemeinschaft ist durch das Kastensystem bestimmt. Auf den Teeplantagen ist die Teefabrik das Zentrum aller Aktivitäten. Die tamilischen Arbeiter leben auf der Teeplantage, die ihr gesamtes Leben bestimmt. Bis heute sind die Teepflückerinnen in Sri Lanka ausnahmslos indische Tamilinnen. Die Männer sind für Arbeiten in der Fabrik und zum Zuschneiden der Teebüsche verantwortlich.

Zur Armut und zur Isolation der Plantagenarbeiter beigetragen haben auch die Jahrzehnte. in denen indische Tamilen keine Staatsbürger Sri Lankas waren. Sie waren keine Wähler und keine politische Gruppierung hat sich für ihre Interessen stark gemacht. Die Kindersterblichkeit und Unterernährung bei indisch-tamilischen Kindern liegt weit über den Landesdurchschnitt.

Die eigene Stellung in der Gesellschaft ist dadurch geprägt, in welche Kaste man geboren wurde. Dabei unterscheidet sich das Kastensystem der indischen Tamilen von dem der einheimischen Sri-Lanka-Tamilen in einigen Punkten. Als höhere Kasten angesehen werden die Vellalas, Kallar, Agamudaiyar, Maravar, Naidus, Reddiars und Nairs; sie haben bessere Wohnmöglichkeiten und Arbeitsplätze. Die härteren körperlichen Arbeiten werden meistens von den Mitgliedern der als niedrig angesehen Kasten wie Pallars, Paraiyars, Sakkiliar verrichtet. Das Kastensystem spielt gerade bei den indischen Tamilen noch eine große Rolle, wobei es auch hier zu Modernisierungen kommt.

Religion

Etwa 90 Prozent der indischen Tamilen sind Hindus, etwa 8 Prozent Christen (davon die meisten Anglikaner und Katholiken) und etwa 2 Prozent moslemisch.

Einzelnachweise

  1. Minouche Moser: In einem leuchtend schönen Land – Abenteuer Alltag in Sri Lanka. Dryas, 2008, ISBN 978-3-9811327-6-2, S. 272. (Google books)|
  2. a b Jakob Rösel: Sri Lanka. In: Wolfgang Gieler (Hrsg.): Handbuch der Ausländer- und Zuwanderungspolitik. Von Afghanistan bis Zypern. LIT, Berlin, Hamburg, Münster 2003, ISBN 978-3-8258-6444-6, S. 601. (Google books)
  3. Jakob Rösel: Der Bürgerkrieg auf Sri Lanka: Singhalesische Hegemonie und tamilische Irredenta. In: Reinhard Mutz, Ulrich Ratsch, Bruno Schoch (Hrsg.): Friedensgutachten 2000. LIT, Berlin, Hamburg, Münster 2000, ISBN 978-3-8258-4820-0, S. 310. (Google books)

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