Internationale Finanzkontrolle in Griechenland 1898–1978

Internationale Finanzkontrolle in Griechenland 1898–1978

Als Internationale Finanzkontrolle (Diethnis Ikonomikos Elenchos DOE Διεθνής Οικονομικός Έλεγχος Δ.Ο.Ε.) wird die Tätigkeit der Internationalen Finanzkommission in Griechenland bezeichnet, die von 1898 bis 1978 andauerte.

Inhaltsverzeichnis

Historischer Hintergrund

Anhaltende Finanzkrise

Der griechische Nationalstaat war seit seiner Gründung 1821 chronisch verschuldet. Nach dem Staatsbankrott von 1893 zahlte er nur noch 30 % der für seine Auslandsschulden vereinbarten Zinsen. Nach der Niederlage im griechisch-türkischen Krieg 1897 musste Griechenland an das Osmanische Reich Reparationen entrichten. Hierzu war es auf erneute Auslandsanleihen dringend angewiesen; die ausländischen Banken, die zur Gewährung neuer Kredite nur bereit waren, wenn auch die Tilgung der Altschulden garantiert wurde, bekamen damit ein Druckmittel in die Hand.

Verhandlungen über einen Rettungskredit

Vertreter der europäischen Großmächte verhandelten in Athen von Oktober 1897 bis Januar 1898 über die Bedingungen, zu denen Griechenland einen neuen Kredit erhalten sollte. Vereinbart wurde ein Darlehen in Höhe von 151,3 Millionen Goldfranken. Durch dieses Darlehen wurden neben den an das Osmanische Reich zu zahlenden Reparationen in Höhe von insgesamt 93,9 Millionen Franken die bereits bestehenden Schulden in Höhe von 31,4 Millionen Franken und das griechische Haushaltsdefizit für das Jahr 1897 von 22,5 Millionen Franken sowie die Kosten für die Ausgabe des Darlehens (Gebühren, Broker etc.) in Höhe von 3,5 Mio. Franken abgedeckt.

Internationale Finanzkommission

Um die Rückzahlung der Schulden zu gewährleisten und die griechische Zahlungsmoral zu überwachen, wurden die Einkünfte aus den Staatsmonopolen für Tabak, Salz, Zündhölzer und Zigarettenpapier, aus Hafenzöllen und der Stempelsteuer der Verfügung der griechischen Regierung entzogen und der Kontrolle der Internationalen Finanzkommission unterstellt. [1] Die Kommission übernahm andererseits die Rolle eines Bürgen bei neu aufzunehmenden Staatsanleihen.

Die Kommission setzte sich aus Vertretern Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands, Österreich-Ungarns, Russlands und Italiens zusammen. Nach dem Ersten Weltkrieg verblieben Großbritannien, Frankreich und Italien in der Kommission. [2] [3]

Die Kommission verwaltete die Einnahmen durch eine unter ihrer Kontrolle stehende griechische Regiegesellschaft. [4]

Die Kommissionsmitglieder hatten diplomatischen Status.[5] Sie hatten weit gehende Kontrollbefugnisse, insbesondere das Recht, sich alle Bücher, Rechnungsbelege etc. vorlegen zu lassen und die Einziehungsstellen und Anstalten zu besuchen, deren Einnahmen verpfändet waren.

1928 kam es infolge einer hohen Inflation zu Meinungsverschiedenheiten zwischen der Kommission und der griechischen Regierung über die Umrechnung und die Höhe der jährlich abzuführenden Beträge. Ein internationales Schiedsgericht entschied zwar hinsichtlich der Umrechnung zu Gunsten Griechenlands, setzte jedoch wegen der Inflation die Annuitäten um 20 % herauf. [6]

Die Finanzkontrolle wirkte sich auf die griechischen Staatsfinanzen im ersten Jahrzehnt stabilisierend aus. Allerdings finanzierte der griechische Staat vor allem seine militärische Aufrüstung und kriegerische Unternehmungen zur Vergrößerung seines Staatsgebiets im Ersten Weltkrieg und danach im griechisch-türkischen Krieg 1919 - 1922. Als dieser mit dem Desater der Kleinasiatischen Katastrophe endete, war Griechenland mit der Aufnahme von über einer Million Flüchtlingen überfordert. Unter der Regie des Völkerbunds wurde eine weitere Anleihe mit einem Volumen von 12,3 Millionen Pfund Sterling aufgelegt.[7], wobei der Schuldendienst ebenfalls der internationalen Finanzkontrolle unterstellt wurde. [8]

Bis in die 1930er Jahre flossen auf diese Weise 35 % der griechischen Staatseinnahmen in den Schuldendienst. [9]

Nach den 1920er Jahren verminderte sich die Beteiligung der Internationalen Kommission an öffentlichen Finanzen jedoch deutlich. Der Einmarsch der deutschen Wehrmacht 1941 beendete sie zunächst. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte sie nur noch eine geringe Bedeutung. Allerdings existierte sie bis 1978, als das Büro der Kommission in Athen geschlossen wurde. [10] [11]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. „Finanzkontrolle“, in: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 570-571
  2. Helmut Coing, „Staatsschuldenverwaltung, Internationale“ In: Hans-Jürgen Schlochauer (Hrsg.), Wörterbuch des Völkerrechts Zweite Auflage. Verlag Berlin 1962, ISBN 3-11-001032-1; Band 3, S. 340 online
  3. Susanne-Sophia Spiliotis, Transterritorialität und Nationale Abgrenzung; Konstitutionsprozesse der griechischen Gesellschaft und Ansätze ihrer faschistoiden Transformation, 1922/24-1941 S. 64 online
  4. „Finanzkontrolle“, in: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 570-571
  5. Michael Cox . Empires, systems and states: great transformations in international politics; Cambrigde 2001, S. 28 online
  6. Michael Waibel Sovereign Defaults Before International Courts and Tribunals, Cambridge 2011, S. 44 online
  7. Olga Christodoulaki & Jeremy Penzer, Bonds on the London Stock Exchange, 1914-1929
  8. Protocol relating tot he settlement of refugees in Greece vom 29. September 1923
  9. Susanne-Sophia Spiliotis, Transterritorialität und Nationale Abgrenzung; Konstitutionsprozesse der griechischen Gesellschaft und Ansätze ihrer faschistoiden Transformation, 1922/24-1941 S. 64 online
  10. Diplomatischer Briefwechsel zwischen der griechischen und der französischen Regierung
  11. Giannis Siatras, Διεθνής Οικονομικός Έλεγχος: 112 χρόνια από την (προηγούμενη) επιβολή του! In: eurocapital.gr [1]

Literatur

  • William H. Wynne: State Insolvency and Foreign Bondholders: Selected Case Histories of Governmental Foreign Bond Defaults and Debt Readjustments. Washington 1951 Voransicht

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