Józef Czapski

Józef Czapski

Józef Czapski (* 3. April 1896 in Prag; † 12. Januar 1993 in Paris) war ein polnischer Autor und Maler in der Nachfolge des Fauvismus und von Paul Cézanne.

Sein Engagement diente der Aufklärung von Kriegsverbrechen, aber auch künstlerischen Ideen und der eigenen Malerei. Er hielt Vorträge zu Kunst und Literatur im Lager Grjasowez in Starobjelsk bei Charkow, während er sich in sowjetischer Kriegsgefangenschaft befand. Vorträge über Proust, sein Essay über Marcel Proust wurde dort im Winter 1940/41 diktiert und liegt seit 2006 in deutscher Übersetzung vor.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Aufgewachsen als Sohn der polnisch-österreichischen Adelsfamilie Hutten-Czapski in Przyluki (Polen), lebte Czapski ab 1909 in Sankt Petersburg, wo er das Abitur ablegte und ein Jurastudium begann.

Im Oktober 1917 wurde er in ein polnisches Regiment kommandiert, das er aus pazifistischer Überzeugung nach einigen Monaten verließ, um nach Sankt Petersburg zurückzukehren. Zwar hatte Czapski sich schon 1918 in Warschau in der Akademie der Schönen Künste eingeschrieben, doch wurde sein Studium durch eine Mission unterbrochen, bei der er nach in Russland verschollenen polnischen Offizieren suchte.

An der Kunstakademie in Krakau wurde er 1921 Schüler von Józef Pankiewicz. Gemeinsam mit Kommilitonen wie Peter Potworowski gründete er in den zwanziger Jahren das „Pariser Komitee“ („Komitet Paryski“), woraus sich wahrscheinlich die Bezeichnung der Gruppe als „Kapisten“ erklärt. Die Gruppe wandte sich gegen polnische Malereitraditionen, lehnte aber auch die ungegenständliche Kunst ab. Vorbilder waren die Malerei des Fauvismus, Vincent van Gogh und Cézanne.

1924 reisten die Kapisten nach Paris und blieben dort sechs Jahre, statt der vorgesehenen sechs Wochen. Czapski erholte sich 1926 in London von einer Typhuserkrankung und fand dabei Zeit für die Lektüre von Prousts großem Romanwerk Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. 1930 reiste er nach Spanien. Die Kapisten hatten Ende der 20er und Anfang der 30er Jahre eine Reihe erfolgreicher Ausstellungen.

1939 wurde Czapski nach dem Polenfeldzug mit seinem Regiment an die Ostfront kommandiert und geriet Ende September für achtzehn Monate in sowjetische Kriegsgefangenschaft. In seinem Gefangenenlager waren ungefähr 400 Offiziere interniert, die überlebten - im Gegensatz zu den 15.000 Opfern des Massakers von Katyn. Er versuchte, sich trotz Kälte, Hunger und Krankheit durch ein Tagebuch geistig aufrecht zu halten und zeichnete seine Gemälde aus dem Gedächtnis nach. Die Häftlinge mussten keine Zwangsarbeit leisten. Einige Gefangene organisierten Lesungen zu Themen aus verschiedenen Wissensgebieten. Czapski sprach über polnische Malerei, Proust und Delacroix.

Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion und dem Sikorski-Maiski-Abkommen trat Czapski 1941 in Tozk in die polnische Armee ein und erhielt die Anweisung, nach den 15.000 verschollenen Offizieren zu suchen. Im Jahr darauf begleitete in einer organisatorischen Funktion eine Abteilung der Armee über den Persischen Korridor durch den Iran, den Irak bis nach Palästina, Ägypten und Italien.

1945 wurde er wieder in Paris sesshaft. 1947 war er Mitbegründer der Zeitschrift "Kultura". Es folgten Ausstellungen, Buchpublikationen, Vortragsreisen und Auszeichnungen. 1990 wurde er mit dem Jan-Cybis-Preis ausgezeichnet. 1993 starb er im Alter von 96 Jahren in Paris.

Ausstellungen

  • 1929: Kapisten-Ausstellung in der Galerie Zack in St. Germain-des-Prés
  • 1931: Kapisten-Ausstellung in der Galerie Moos in Genf
  • 1932: Einzelausstellung in der Galerie Maratier in Paris
  • Ab 1950: Ausstellungen in Amiens, Brüssel, Genf, London, Rio de Janeiro und Toronto
  • 1985: Biennale Paris (10 Bilder)
  • 1986: Erzbischöfliches Museum Warschau

Literarische Werke

  • Wspomnienia Starobielski, Rom 1945.
  • Unmenschliche Erde, Köln und Berlin 1967.
  • Le Tumulte et le Spectre, Paris 1981.
  • Proust - Vorträge im Lager Grjasowez, Berlin 2006.

Literatur

  • Czapska, Maria: Une Famille d'Europe Centrale; Paris 1972.
  • Czapska, Maria: A Travers la Tournante; Lausanne 1980.
  • Ditzen, Lore: Proust - Vorträge im Lager Grjasowez, Berlin 2006. -Nachwort
  • Dufour-Kowalski, Emmanuel & Hersch, Jeanne: Joseph Czapski: un destin polonais: hommage pour le centenaire de sa naissance; Schweiz 1997.
  • Krawczyk, J.: Jozef Czapski ou la vision picturale du monde et de ses transcendances, Polen 1983.
  • Sperber, Manès: Unmenschliche Erde, Köln und Berlin 1967. -Vorwort
  • Silberstein, Jill: Lumières de Joseph Czapski; Montricher 2003.
  • Werner- Gagnebin, Murielle: Czapski, La Main et l'Eespace, Lausanne 1974.
  • Zagajewski, Adam: Joseph Czapski - Meister meines Nichtwissens, in: Sinn und Form Nr.6, 2003.

Weblinks


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