Jüdische Gemeinde Altenmuhr

Jüdische Gemeinde Altenmuhr

Eine Jüdische Gemeinde in Altenmuhr, einem Ortsteil der Gemeinde Muhr am See im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen (Bayern), bestand seit dem Ende des 16. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ende des 16. Jahrhunderts wurden erstmalig Juden von den Herren von Lentersheim im Ort aufgenommen. Die jüdische Gemeinde vergrößerte sich beträchtlich im 18. Jahrhundert, die Zahl der jüdischen Familien wuchs von 12 (1732) auf 42 (1796).

Die Familien standen seit 1799 unter dem Schutz von Karl August von Hardenberg und die meisten lebten in armen Verhältnissen. Ihre Blütezeit erlebte die jüdische Gemeinde in der Mitte des 19. Jahrhunderts.

Die jüdischen Familien lebten zunächst im sogenannten Judenhof, der sich an der Stelle des ehemaligen Schlosses von Mittelmuhr befand. Nach 1790 konnten die jüdischen Familien auch außerhalb des Judenhofes wohnen.

Die jüdische Gemeinde Altenmuhr besaß eine Synagoge, ein rituelles Bad (Mikwe) und eine jüdische Elementarschule (bis 1924). Die Gemeinde bestattete bis 1906 ihre Toten auf dem jüdischen Friedhof in Bechhofen und danach auf dem Friedhof in Gunzenhausen. Die jüdische Gemeinde gehörte bis 1845 zum Distriktsrabbinat Gunzenhausen und danach zum Distriktsrabbinat Ansbach.

Neben dem Volksschullehrer war zeitweise ein Vorbeter angestellt, der auch als Schochet tätig war. Ab 1893 wurden alle diese Tätigkeiten von einer Person ausgeführt. Nach 1924 bestand nur noch eine Religionsschule und ab 1929 hatte die jüdische Gemeinde Altenmuhr einen gemeinsamen Lehrer mit der jüdischen Gemeinde Windsbach.

Die im Ersten Weltkrieg Gefallenen aus der jüdischen Gemeinde Altenmuhr waren: Isak Fleischmann (geb. 5. Mai 1885 in Altenmuhr, gef. 19. Juli 1916) und Julius Weinmann (geb. 3. Februar 1893 in Altenmuhr, gef. 7. Juni 1917). Ihre Namen stehen seit 1958 auf dem Kriegerdenkmal des Ortes.

Synagoge

Im 18. Jahrhundert war zunächst ein Betraum in einem Privathaus vorhanden. Erst 1803 errichtete die jüdische Gemeinden im Judenhof eine Synagoge. Sie war 18 Meter lang und achteinhalb Meter breit und hatte ein Walmdach. In der Synagoge waren 80 Plätze für Männer und 40 für Frauen.

Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge geschändet und die Inneneinrichtung zerstört. Das Gebäude wurde verschont, da es bereits vor dem Pogrom von der politischen Gemeinde erworben worden war. Die Synagoge wurde als Scheune für Getreide und Gerätschaften genutzt und schließlich 1968 abgebrochen.

Gemeindeentwicklung

Jahr Gemeindemitglieder
1732 12 Familien
1796 42 Personen
1811/12 206 Personen, 32,3% der Einwohner
1837 250 Personen, 34,7 der Einwohner
1867 163 Personen, 21% der Einwohner
1880 116 Personen, 14,6% der Einwohner
1900 105 Personen, 14,1% der Einwohner
1910 91 Personen
1925 49 Personen
1933 29 Personen
1934 20 Personen
1937 14 Personen

Nationalsozialistische Verfolgung

Die meisten der 29 jüdischen Einwohner, die 1933 in Altenmuhr lebten, zogen in größere Städte um oder konnten emigrieren. Die neun jüdischen Einwohner, die beim Novemberpogrom 1938 noch im Ort wohnten, wurden von SA-Männern aus den Häusern geholt und festgehalten. Später wurden sie nach Gunzenhausen abtransportiert.

Das Gedenkbuch des Bundesarchivs verzeichnet 28 in Altenmuhr geborene jüdische Bürger, die dem Völkermord des nationalsozialistischen Regimes zum Opfer fielen.[1]

Gedenken

1986 wurde ein Gedenkstein aufgestellt, der folgende Inschrift trägt: Hier stand bis 1968 eine Synagoge. 1985. Zum Gedenken an die jüdische Gemeinde, die über 300 Jahre in Altenmuhr bestand.

Der Gedenkstein wurde von dem Ansbacher Künstler Jörg Kutzer gestaltet.

Einzelnachweise

  1. Gedenkbuch - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 - 1945. Abgerufen am 11. Mai 2010.

Literatur

  • Klaus-Dieter Alicke: Lexikon der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum. 3 Bände. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2008, ISBN 978-3-579-08035-2.
  • Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern. Band II. Hrsg. von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz. Erarbeitet von Barbara Eberhardt, Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Angela Hager unter Mitarbeit von Frank Purrmann und Axel Töllner mit einem Beitrag von Katrin Keßler. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu 2010, ISBN 978-3-89870-448-9, S. 39−44.

Weblinks


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