Kaiserliche Bücherkommission

Kaiserliche Bücherkommission

Die kaiserliche Bücherkommision mit Sitz in Frankfurt am Main war eine Behörde des Heiligen Römischen Reiches zur Kontrolle des Druck- und Pressewesens. Sie entstand seit dem 16. Jahrhundert und bestand bis zum Ende des Reiches 1806. Die Kontrolle der Frankfurter Verleger und Drucker führte dazu, dass viele von ihnen nach Leipzig auswichen.

Inhaltsverzeichnis

Rahmenbedingungen

Allmählich entwickelte sich im Reich eine Kontrolle des Verlags- und Druckwesens. Im Jahr 1521 wurde die Vorzensur eingeführt und die Schriften Martin Luthers verboten. Der Reichstag zu Augsburg sprach dem Kaiser 1530 die Oberaufsicht über das Druckwesen zu. Zusammengefasst wurden die Regelungen in der Reichspolizeiordnung von 1577. Seit 1653 waren Bestimmungen zur Regelung des Pressewesens auch in den kaiserlichen Wahlkapitulationen enthalten.[1] Noch einmal verschärft wurden die Bedingungen zum Pressewesen in der Wahlkapitulation von Leopold II. von 1790. Danach durfte unter dem Eindruck der französischen Revolution keine Schrift geduldet werden, die "mit den symbolischen Büchern beiderlei Religionen, und mit den guten Sitten nicht vereinbarlich ist, oder wodurch der Umsturz der gegenwärtigen Verfassung, oder die Störung der öffentlichen Ruhe befördert wird."[2]

Entstehung

Die Frankfurter Buchmesse hatte sich seit dem 16. Jahrhundert zu einem Zentrum des Buchhandels entwickelt. Dies rief die obrigkeitliche Kontrolle auf den Plan. Schon 1567 ist ein kaiserlicher Bücherkommissar nachweisbar. Kurze Zeit später wies Kaiser Maximilian II. den Rat der Stadt Frankfurt an, während der Buchmesse acht zu geben, dass Drucker und Verleger die kaiserlichen Rechte beachten würden. Seit 1579 fanden dann regelmäßige Kontrollen und Suche nach anstößigen Werken statt. Erster ständiger Bücherkommissar wurde der Fiskal am Reichskammergericht Johannes Vest. Die Buchhändler wurden verpflichtet, über die von ihnen vertriebenen Werke Auskunft abzugeben, eine Druckerlaubnis nachzuweisen und je ein Exemplar des Werkes an die Kommission abzuliefern. Beschränkte sich die Tätigkeit anfangs auf die Zeiten der Buchmesse, übte die Kommission später mit Zustimmung der Stadt ihre Funktion auch in der übrigen Zeit aus. Seit 1608 war die Kommission eine dauerhafte Institution.

Kompetenzen

Die Buchkommission unterstand dem Reichshofrat. Enge Beziehungen bestanden auch zum Reichserzkanzler also dem Erzbischof von Mainz sowie zum Reichstag und zum Reichskammergerichtsfiskal. Ganz klar waren die Rechte und Aufgaben der Kommission nie geregelt. Streit um die Kompetenzen gab es insbesondere mit dem Rat der Stadt Frankfurt. Wenn auch teilweise bestritten, gehörte zu den Aufgaben der Kommission: Die Kontrolle der Buchstände während der Buchmesse, die Kontrolle der Verzeichnisses der gedruckten Bücher sowie der Druckerlaubnis der Verleger. Auch achtete die Kommission auf die Ablieferung eines Pflichtexemplars, diese gingen an die Wiener Hofbibliothek. Außerdem wurde die Umsetzung der kaiserlichen Druckprivilegien durchzusetzen versucht. Verbotene Schriften ließ die Kommission einziehen. Es fand allerdings keine Vorzensur von Manuskripten sondern nur eine Nachkontrolle der gedruckten Werke statt.

Problematisch war, dass die Kommission im Wesentlichen nur in Frankfurt durchsetzungsfähig war. Oft beklagt wurde, dass andere Reichsstände die Arbeit nur unzureichend unterstützen würden. Vergleichsweise gering war die Zuständigkeit der Kommission bei der Kontrolle der politischen Schriften. Dafür war der Reichshofrat direkt zuständig.

Die Frankfurter Kommission widmete sich vor allem religiösen oder philosophischen Veröffentlichungen. Hinsichtlich der inhaltlichen Ausrichtung von Bedeutung war, dass die Kommissare auch häufig offene oder heimliche päpstliche Bücherkommissare waren und daher im gegenreformatorischen Sinn tätig waren. Viele der Kommissare waren zudem Geistliche. Der Kommissar Georg Friedrich Sperling war so extrem in religiöser Hinsicht, dass zahlreiche Buchhändler Frankfurt verließen und sich in Leipzig niederließen. Dort hatte die kaiserliche Buchkommission keine unmittelbaren Rechte. Die kursächsische Buchkommission übte keine inhaltliche Kontrolle aus, auch wenn der Verstöße gegen Reichsgesetze oder landesherrliche Anweisungen verboten waren, sondern beschränkte sich im Wesentlichen darauf die Druckprivilegien zu kontrollieren. Es war nicht zuletzt diese mildere Zensurpraxis, die dazu führte, dass Leipzig gegenüber Frankfurt als Verlagsort an Boden gewann. Auch in Frankfurt wurden die Maßnahmen der Kommission unterlaufen und die kaiserliche Zensur war auf Dauer nur bedingt wirksam.

Die strikt katholische Ausrichtung änderte sich teilweise mit der Wahlkapitulation von Joseph I., in der festgelegt wurde, dass keine Bevorzugung der katholischen Seite mehr stattfinden durfte. Dennoch waren bis auf den 1780 eingesetzten letzten Kommissar Johann Konrad Deiner alle Kommissare Katholiken. Im 18. Jahrhundert gewann die Kontrolle der Schriften der Aufklärer an Bedeutung. Im Jahr 1750 etwa verbot die Kommission die Schriften des radikalen Aufklärers Johann Christian Edelmann. Eine große Menschenmenge war Zeuge als etwa 1000 Exemplare seiner Schriften verbrannt wurden.[3]

Einzelnachweise

  1. Andreas Würgler: Medien in der frühen Neuzeit. München, 2009 S.24
  2. Ludwig Hoffmann: Geschichte der Büchercensur. Berlin, 1819 S.92
  3. Christopher Clarke: Preußen. Aufstieg und Niedergang 1600-1947. Bonn, 2007 S.301

Literatur

  • Rudolf Stöber: Deutsche Pressegeschichte. Stuttgart, 2005 S.105-108
  • Ernst Fischer: Die Geschichte der Zensur. In: Medienwissenschaften. Ein Handbuch zur Entwicklung der Medien und Kommunikationsformen. Bd.1 Berlin u.a., 1999 Bd.1 503

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