Kleiner Michel (St. Ansgar Hamburg)

Kleiner Michel (St. Ansgar Hamburg)
Der „Kleine Michel“ von Osten mit dem Turm des „Großen Michel“
St. Ansgar von Westen

Der Kleine Michel (St. Ansgar Hamburg) war zunächst eine Vorläuferkirche zur evangelischen Hauptkirche Sankt Michaelis und wurde in der Hamburger Franzosenzeit zu einer römisch-katholischen Kirche geweiht. Nach der Zerstörung durch Bombardierung wurde die Kirche mit französischer Hilfe wieder aufgebaut und 1955 erneut geweiht. Sie ist ein Gedenkort der deutsch-französischen Freundschaft.

Inhaltsverzeichnis

Vorläuferkirche von St. Michaelis

Um 1600 wurde wegen der Pesttoten außerhalb der Stadtmauern ein Friedhof mit einer Kapelle angelegt. Die Kapelle mit Turm, Wetterfahne und Glocke wurde dem Erzengel Michael geweiht. Im Jahr 1605 wurde der erste reguläre Gemeindegottesdienst gehalten. Im Jahr 1647 kaufte die inzwischen entstandene Neustadt-Gemeinde der Altstadt-Gemeinde St. Nikolai diese erste Michaelis-Kirche Hamburgs ab. Sie baute wegen der zunehmenden Bevölkerung 200 m westlich am Krayenkamp die größere Kirche St. Michaelis nach einem Beschluss der Bürgerschaft aus dem Jahr 1647. Diese wurde 1661 eingeweiht. Die alte Kirche, nunmehr „Kleiner Michel“ genannt, verfiel und wurde 1747 abgerissen.

Notkirche für St. Michaelis

Nach dem Brand des großen Michels durch Blitzschlag am 10. März 1750 wurde der kleine Michel durch eine private Spende von Senator Joachim Caspar Vogt als Barockkirche wieder aufgebaut, 1757 eröffnet, geweiht und als Notkirche benutzt, bis 1762 die neue St. Michaeliskirche eingeweiht wurde.[1]

Römisch-katholische Kirche St. Ansgar

Im Jahr 1807 hielten spanische Truppen Napoleons im beschlagnahmten „Kleinen Michel“ den ersten katholischen Gottesdienst. Unter den napoleonischen Truppen befanden sich italienische, spanische und französische katholische Soldaten. Der Präfekt der französischen Truppen erklärte 1811 den „Kleinen Michel“ zur römisch-katholischen Kirche, die am 3. Februar auf den Namen St. Ansgar geweiht wurde. Im Jahr 1814 zogen die französischen Truppen aus Hamburg ab.

Statue Karls des Großen vor der Kirche

Stillschweigend wurde hier aber auch weiterhin katholischer Gottesdienst gefeiert. Im Jahr 1824 kauften Senat und Bürgerschaft den „Kleinen Michel“ der evangelischen „Großen Michaeliskirche“ für 30.000 Mark ab, weil diese einen Teil des Kirchhofs für sich beanspruchte. Die Stadt überließ daraufhin das Bauwerk der katholischen Gemeinde mit ihren mittlerweile 6.000 Mitgliedern für 5.000 Mark, einen Bruchteil der Kaufsumme.[2]

Im Jahr 1830 wurde die Kirche so durchgreifend renoviert, dass fast ein Neubau entstand.

Zum 1000. Todestag Ansgars, des ersten Bischofs von Hamburg, im Jahr 1865 schenkte Bischof Melchers von Osnabrück dem Kleinen Michel eine Unterarmreliquie des Heiligen. Sichtbar im Altar der Kirche ist sie das Grab des Hl. Ansgar für die Stadt und das Erzbistum Hamburg.

1889 wurde vor St. Ansgar die bronzene Statue Karls des Großen aufgestellt, ein Werk von Engelbert Peiffer.[3]

Zerstörung und Wiederaufbau

Am 11. März 1945 wurde die barocke Kirche durch alliierte Sprengbomben völlig zerstört. Die Verbundenheit französischer Christen und ihre tatkräftige Hilfe ermöglichte es, die Kirche in den Jahren 1953-1955 wieder aufzubauen.

Nach Ideen des Hamburger Architekten Gerhard Kamps und des Pariser Architekten Jean-Charles Moreux wurde sie auf den Fundamenten des ersten Kirchbaus in der Hamburger Neustadt in sachlichem Stil gestaltet. Die wiederaufgebaute Kirche erhielt das Nebenpatrozinium des Hl. Bernhard von Clairvaux, des Gründers der Zisterzienser. Am 10. Juli 1955 wurde sie den Heiligen Ansgar und Bernhard geweiht.[4] Wöchentlich wird eine Messe in französischer Sprache durch die Mission Catholique Francaise et Francophone de Hambourg gehalten. Die philippinische Gemeinschaft wird ebenfalls im Kleinen Michel betreut.[5]

Im Jahr 1973 wurde neben der kleinen Michaeliskirche die Katholische Akademie Hamburg eingeweiht.

2005 feierte die Gemeinde „400 Jahre Kleiner Michel“.

Orgeln

Die 1955 von der Orgelbaufirma Krell (Duderstadt) in neobarockem Stil errichtete große Orgel auf der Empore ist seit 2005 nicht mehr bespielbar. Ein Orgelbauverein sammelt Spenden für einen Neubau. In Gottesdiensten und Konzerten erklingt seit 2006 eine romantische Chororgel der Firma Matthäus Mauracher (1890), die ursprünglich in Klöch in der Steiermark stand. Es handelt sich um eine einmanualige Orgel mit mechanischer Traktur und Hängeventilladen:

Manual C–f3
Principal 8′
Oktav 4′
Mixtur III-IV
Gemshorn 8′
Salicional 8′
Gedeckt 8′
Philomela 8′
Rohrflöte 4′
Harmonika 8′
Pedal C–d1
Subbaß 16′
Oktavbaß 8′

Spielhilfen: Pedalkoppel, Fortezug (Harmonika), feste Kombinationen (mf/ff)[6]

Einzelnachweis

  1. Bild Hamburg (Hrsg.): Der neue Michel. Abschnitt: Die Geschichte der Barockkirche. Sonderproduktion von ca. 2010
  2. Holmer Stahncke: Ein deutsch-französisches Symbol der Versöhnung. In: Hamburger Abendblatt vom 24. Dezember 2010, S. 46
  3. Bild und Info zur Statue
  4. Holmer Stahncke: Ein deutsch-französisches Symbol der Versöhnung. In: Hamburger Abendblatt vom 24. Dezember 2010, S. 46
  5. Internetseite Kleiner Michel (St. Ansgar Hamburg), Aufruf 27. Dezember 2010
  6. Festschrift zur Einweihung der Mauracher-Orgel

Weblinks

 Commons: Kleiner Michel (St. Ansgar Hamburg) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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