- Lautscher Spitze
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Die Lautscher Spitzen sind aus Knochen gefertigte Speerspitzen, die für Teile der Kultur des Aurignaciens in der jüngeren Altsteinzeit charakteristisch sind. Sie sind nach einem der Fundorte in der Boček-Höhle (früher Fürst-Johannes-Tropfsteinhöhle) von Lautsch, heute Mladeč, in Tschechien benannt und werden fallweise auch Mladecer Spitzen genannt.
Ihr Vorkommen ist vereinzelt bereits im Mittelpaläolithikum (Große Grotte, Blaubeuren), allgemeiner jedoch im Jungpaläolithikum, besonders im Aurignacien belegt. Typisch sind sie für das Olschewien (33000-26000 v. Chr.),[1] der östlichsten Fazies des ältesten Aurignacien. Ihr Verbreitungsgebiet ist Ost-, Mittel- und Westeuropa.
Lautscher Spitzen können aus Elfenbein, Geweih oder Knochen gefertigt sein. Sie haben eine solide, nicht gespaltene Basis und erreichen bis zu 45 cm Länge. Sie wurden als Geschoßspitzen für Speere oder Lanzen verwendet. Ihr Querschnitt ist meist flachoval, fast rechteckig. Die Schäftung erfolgte in das Stirnende des Schaftes durch Einstecken in ein Loch (Tülle) und Fixierung durch Birkenpech, Teer und/oder Lederstreifen. Die Spitzen wurden auch seitlich an den Schaft gebunden. Die kleineren, meist nur wenige Zentimeter langen Knochenspitzen aus dieser Zeit wurden vielleicht als Pfeilspitzen verwendet. Das würde bedeuten, dass Pfeil und Bogen bereits vor mehr als 30000 Jahren erfunden wurden, dies gilt aber nicht als gesichert.
Der Herstellungsprozess begann mit dem Zerhacken des Rohmaterials auf die gewünschte Länge, wobei auch die Basispartie schräg zugehauen wurde. Durch Schnitzen, Schaben und Schleifen wurde das Halbfabrikat in die endgültige Form gebracht.
Lautscher Spitzen waren nur relativ kurze Zeit gebräuchlich. Sie wichen im Mesolithikum den komplizierteren Spitzen, die mit Widerhaken bestückt waren, einteilig gezähnte Spitzen hatten oder neuen speziellen Zwecken dienten, wie die Fisch- und Vogelspeere.
Funde
In Deutschland wurde 1870 in der Höhle Wildhaus, nahe der Wildscheuerhöhle in Hessen, eine 40,5 cm lange Lautscher Spitze aus Mammutknochen gefunden.[2] Der Fund löste Diskussionen um das damals noch umstrittene Zusammentreffen von Mammuts und Menschen in Europa aus.
In Österreich wurde bereits 1837 in der Großen Badlhöhle bei Peggau eine solche Spitze gefunden, konnte aber erst viel später zeitlich richtig eingeordnet werden. Aus der Tischofer Höhle in Tirol und dem Lieglloch bei Tauplitz stammen weitere Funde.
In der Uschowa-Höhle (Potočka zaijalka) in Slowenien wurden in den 1920er Jahren 128 Knochenspitzen und Fragmente gefunden.[3] Sie werden als Lautscher Spitzen vom „Typ der Potočka-Höhle" oder „Olševatyp" bezeichnet.[4] Nach diesen Funden ist das Olschewien als eine der frühesten Kulturen des Jungpaläolithikums in Mitteleuropa benannt.
Ein weiterer Fundort ist die Istállóskö-Höhle im Bükkgebirge bei Provo Heves (Ungarn). Hier wurden ebenfalls verschiedene Steingeräte und Knochenspeerspitzen aus dem Aurignacien gefunden. Die untere Fundschicht enthielt etwa 50 Speerspitzen, bei denen die Basis gespalten war. Diese Fundgattung wird Aurignacspitze genannt. Die obere Schicht, ebenfalls aus dem Aurignacien, enthielt nur Spitzen mit massiver Basis, die Lautscher Spitzen.
Literatur
- Emil Hoffmann: Lexikon der Steinzeit. München 1999, S. 232 ISBN 3-406-42125-3
Einzelnachweise
- ↑ J. Bayer: Die Olschewakultur, eine neue Fazies des Schmalklingenkulturkreises in Europa. Eiszeit und Urgeschichte, 6, S. 83-100, Leipzig 1929
- ↑ Die Sammlung aus Steeden, Museum Wiesbaden, Naturhistorische Landessammlung
- ↑ S. Brodar & J. Bayer: Die Potocka zijalka, eine Hochstation der Aurignacschwankung in den Ostalpen. Praehistorica, l, S. 1-13, Wien 1928
- ↑ S. Brodar & M. Brodar: Potocka zijalka. Visokoalpska Postaja Aurignacienskih Lovcev. Slov. Akad. Znanosti in Umetnosti Classis I, 24, Ljubljana 1983
Kategorien:- Archäologischer Fachbegriff
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