- MUNA Lübberstedt
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MUNA Lübberstedt ist ein Komplex in Lübberstedt-Bilohe, der von August 1944 bis April 1945 Außenlager des KZ Neuengamme war.
Die genaue Bezeichnung lautet „Lufthauptmunitionsanstalt 2/XI Lübberstedt“; das bedeutet: 2. Muna im Luftgau-Kommando XI (Hamburg). Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Gelände in den Händen britischer und amerikanischer Truppen und später von der Bundeswehr übernommen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der Planungsbeginn der Anlage war ca. 1936. Vom Herbst 1939 bis Mitte 1940 waren 7 Barackenlager des Reichsarbeitsdienstes (RAD) und der Wehrmacht in Axstedt und Lübberstedt entstanden. Die Nutzung als MUNA begann im August 1941. 60 Bunker für die Lagerung von Munition wurden gebaut. Produziert wurden Seeminen und Flak-Munition. Die Aufsicht lag in den Händen von deutschen dienst verpflichteten Frauen und Gefolgschaftsleuten. Die Arbeit musste im Wesentlichen von ca. 1600 Zwangsarbeitern und -arbeiterinnen erledigt werden. Es waren Ostarbeiter und -innen, Kriegsgefangene und 500 jüdische Frauen aus Ungarn. Sie kamen am 21. August 1944 von Auschwitz und wurden im KZ-Außenlager von Neuengamme in Lübberstedt-Bilohe untergebracht. Am 20. April 1945 wurde dieses Lager evakuiert. Die Arbeiterinnen wurden mit einem Zug abtransportiert, in dem auch mehrere Waggons mit Munition mitgeführt wurden. In der Nähe von Eutin und Plön wurde der Zug von britischen Fliegern am 3. Mai 1945 bombardiert. Die Frauen nutzten teilweise die Gelegenheit zur Flucht. Von den 500 Frauen überlebten ca. 380 den Krieg. Der Produktionsbereich und einige Bunker der Muna wurden am 4. Mai 1945 von der Wehrmacht gesprengt.
Nachnutzung
Britische Truppen besetzten die Muna Lübberstedt und übergaben das Gebiet nach kurzer Zeit an die amerikanischen Streitkräfte. Es entstand ein Munitionsdepot. 1948 wurde von hier aus eine Schulspeisung organisiert. Im Sommer 1951 wurde vom Roten Kreuz ein Kinderheim eingerichtet. Die schulpflichtigen Kinder wurden in einer Heimschule unterrichtet. Nach der Schließung wurde 1954 erneut ein Kinderheim durch das Rote Kreuz geführt. Seit 1956 nutzte die Bundeswehr den Komplex als Munitionsdepot und als Kaserne, später als Materiallager.
MUNA Lübberstedt heute
Am 27. Januar 1996 wurde in Hambergen der Arbeitskreis MUNA Lübberstedt e. V. gegründet. Der Verein pflegt und gestaltet die 12 Grabstellen auf dem Friedhof in Lübberstedt. Die Bundeswehr nutzt das Gelände seit Herbst 2009 nicht mehr. Der Verein möchte eine Öffnung des Geländes erreichen. Es soll eine Erlebnislandschaft mit einer kleinen Dokumentationsstätte entstehen.
Fotos vom derzeitigen Zustand der MUNA Lübberstedt
(aufgenommen bei der Vorführung des Theaterstückes von „Das letzte Kleinod“, September 2010)
Theaterstück „MUNA Lübberstedt“
Die Theatergruppe „Das letzte Kleinod“ inszenierte im September 2010 das Stück Muna Lübberstedt – Dokumentarische Inszenierung einer Militärbrache.[1] Der Regisseur und Autor des Stückes, Jens-Erwin Siemssen, hat mit vielen Zeitzeugen aus der Umgebung und Überlebenden des Lagers gesprochen, die als Kinder oder Jugendliche die MUNA Lübberstedt erlebt hatten, um das über die Region hinaus beachtete Theaterstück zu schreiben.[2] Erstmals seit 70 Jahren wird der Stacheldraht für Besucher geöffnet. Die Besucher werden vom Bahnhof Lübberstedt mit einem historischen Triebwagen in die MUNA Lübberstedt gefahren. Um die Genehmigung für die Nutzung des Areal zu bekommen, musste die Künstlergruppe die überwachsenen 7,8 km langen Gleise erst freiräumen und ausbessern lassen.
Szenen des Theaterstückes
- Waldhaus - Das „Waldhaus“ war ehedem ein Ausflugslokal in der Nähe des Bahnhofes Lübberstedt, das von Wochenendtouristen aus Bremen und Bremerhaven besucht wurde.
- Schneiderstube - In der Schneiderei arbeiteten Frauen an Ausbesserungen.
- LKW - Wenn ein Transport mit Frauen kam, musste eine Frau aus der Schneiderstube übersetzten.
- Rote Marie - Die Aufseherin war eine große blonde Frau, deren Haare sich rot gefärbt hatten - wegen des Materials, mit dem die Bomben gefüllt wurden.
- Kleine Marie - Eine grausame Aufseherin, deren ganzer Stolz es war, ihrer Kolonne deutsche Lieder beizubringen.
- Galoschen - Die Frauen klapperten mit Holzgaloschen über die Pflastersteine.
- Munition - In den Bunkern von achtzehn Meter Breite und vierzehn Metern Tiefe wurde Munition gelagert.
- Baracken - In den Baracken gab es doppelstöckige Betten. Zu essen gab es Gemüsesuppe. „Heinrich, aus den Sudeten“, steckte des Gefangenen auch mal Schokolade oder Wurst durch den Zaun zu.
- Kriegsende - Am Kriegsende wurden Gebäude und Brücken gesprengt.
Literatur
- Barbara Hillman, Volrad Kluge, Erdwig Kramer: Lw. 2/XI – Muna Lübberstedt – Zwangsarbeit für den Krieg. Unter Mitarbeit von Thorsten Gajewi und Rüdiger Kahrs. Edition Temmen, Bremen 1995, ISBN 3-86108-254-3.
- MUNA Lübberstedt, Prospekt des Arbeitskreises MUNA Lübberstedt e.V., o.J.
Weblinks
- Links zum Thema MUNA Lübberstedt im Open Directory Project
- Außenlager der KZ-Gedenkstätte Neuengamme
- Lübberstedt auf der Seite "Relikte in Niedersachsen und Bremen"
- Rüdiger Kahrs, Die Evakuierung des KZ-Außenlagers Lübberstedt bei Bremen nach Ostholstein 1945
- Mögliche Nachnutzung der Lufthauptmunitionsanstalt Lübberstedt auf weser-kurier.de
Einzelnachweise
- ↑ Muna Lübberstedt der Theatergruppe Das letzte Kleinod
- ↑ Geschichte atmen in alter Munitionsfabrik. In: Die Welt. 3. September 2010.
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