- Manfred Kohrs
-
Manfred Kohrs (* 24. Januar 1957 in Hannover) ist ein deutscher Künstler und Tätowierer und gilt als einer der Pioniere der neuzeitlichen Tätowiererszene.[1] Kohrs war Schüler des Frankfurter Tätowierers Horst Heinrich Streckenbach ("Tattoo Samy"),[2] mit dem er gemeinsam eine Rotationstätowiermaschine entwickelte[3] und die ersten Piercing-Barbells anfertigte. Außerdem forcierte Kohrs die Benutzung von Autoklaven in Deutschland beim Tätowieren. Im Jahr 1977 gründete er die erste deutsche Tätowierervereinigung.[4][5]
Inhaltsverzeichnis
Tätigkeit als Tätowierer
Das erste Tattoo stach sich Manfred Kohrs während seiner Schulzeit im Alter von zwölf Jahren auf den Arm und begann im Alter von 13 Jahren „mit Nadel und Faden“ selbst mit der Tätowiererei. Im Januar 1975 ließ er sich von Herbert Hoffmann tätowieren und erlernte die Grundlagen der Arbeit mit einer Tätowiermaschine. Am 26. Januar 1975 traf Kohrs, anlässlich einer Live-Sendung des ZDF, im Kunstverein Hannover auf Timm Ulrichs[6] und Horst Heinrich Streckenbach, der laut dem Schriftsteller Marcel Feige einer der Tätowierer war, „ohne die die Geschichte der Tätowierung in Deutschland nicht denkbar wäre“.[7] Ulrichs, der zu der Zeit Professor für Kunst in Münster war, hatte einige „Old-Skool“-Tätowiermotive auf Leinwand ausgestellt und Streckenbach tätowierte Kohrs im Laufe der Sendung.[8][9]
In der Folgezeit erlernte Kohrs bei Streckenbach das Tätowieren und eröffnete im Jahr 1977 das erste Tätowierstudio in Hannover. Kohrs, der bei der Deutschen Grammophon Gesellschaft Betriebsschlosser gelernt hatte, fertigte seine Maschinen und das Zubehör selbst an; die von Streckenbach ab 1970 angefertigte Tätowiermaschine[10] entwickelte er dabei ständig weiter.[11]
Die Tätowiererei gab Manfred Kohrs 1990 zu Gunsten eines wirtschaftswissenschaftlichen Studiums auf und ist heute in der Unternehmens- und Steuerberatung tätig.Verbandsarbeit
Im Jahr 1977 lud Kohrs alle in Deutschland gewerblich gemeldeten Tätowierer – darunter auch Streckenbach, »Tattoo Eddy« († 23. Januar 1993, Fürth), Herbert Hoffmann (1919–2010) und Theodor Vetter, »Tattoo Theo«, (1932–2004)[12] – zu einem Informationstreffen nach Hannover ein.[13] „Zu jener Zeit gab es im gesamten Bundesgebiet lediglich 14 selbstständig tätige Tätowierer.“[14][15] Zweck dieses Treffens war die Gründung einer nationalen Vereinigung, um anschließend technische und hygienische Standards einzuführen. Streckenbach und Kohrs waren zur damaligen Zeit die einzigen deutschen Tätowierer, die einen Autoklaven zur Sterilisation der Geräte einsetzten. Das Treffen in Hannover verlief jedoch weitgehend ergebnislos, sodass Manfred Kohrs lediglich mit acht Teilnehmer die erste Interessenvereinigung deutscher Tätowierer gründete.[16] Kohrs nahm daraufhin Kontakt mit dem US-Tätowierer „Philadelphia Eddie“ Funk auf und engagierte sich zunächst im National Tattoo Club of the World.[17] Zwischen 1978 und 1984 reiste Kohrs mehrfach in die USA,[18] besuchte Tattoo-Conventions und publizierte in Verbandsmagazinen und Zeitschriften.[19] Auf der ersten „Convention“ des National Tattoo Club of the World, vom 23. bis 25. März 1979 im Cosmopolitan Hotel in Denver (Colorado), traf er u.A. auf Don Ed Hardy und Terry Wrigley,[20] der ihn als 25. Mitglied in die European Tattoo Artist Association (E.T.A.A.) aufnahm.[21]
Kunst
Im Jahr 1976 trat Timm Ulrichs an Manfred Kohrs heran, um sich im Rahmen eines Kunstprojektes das Wort „Ende“ auf ein Augenlid tätowieren zu lassen.[22]„Mein Leben wird von der Geburt bis zum Tod ununterbrochen gefilmt“, plante Ulrichs bereits 1961. – der Abspann für den ultimativ letzten Film.[23] Ab 1981 realisierte Manfred Kohrs, als Mitglied des Kunstvereins Hannover,[24] einige künstlerische Projekte.[25][26] und widmete sich mehr der Malerei, Body Art und Konzeptkunst. Er zeichnete Kartons[27] und gegen Ende der achtziger Jahre entwarf er für Rudolf Schenker von den Scorpions diverse Motive, aus denen 1987 das Werk „Zukunftsmusik“ entstand.[28]
Dokumente
-
Eine Mitgliedsurkunde des National Tattoo Club of the World, ausgestellt von „Philadelphia“ Eddie Funk,[29] 1977
Literatur
- Marcel Feige: Tattoo-Theo, Schwarzkopf & Schwarzkopf 2001, ISBN 3-89602-355-1
- Marcel Feige: Das Tattoo-und Piercing Lexikon, ISBN 3-89602-209-1
- Marcel Feige: Ein Tattoo ist für immer, Schwarzkopf & Schwarzkopf 2003, ISBN 3-89602-381-0
- Samuel M. Steward: Bad Boys and Tough Tattoos, Routledge London & New York, ISBN 0-918393-76-0
Weblinks
Commons: Manfred Kohrs – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- QWiki: Manfred Kohrs (englisch) abgerufen am 18. November 2011
Einzelnachweise
- ↑ NaNa Hannover, Nr.36 -Portrait eines Künstlers- Manfreds Bilder fahren Straßenbahn, 23. Dezember 1982.
- ↑ Offenbach-Post, Nr. 180, 1984, Manfred Kohrs, ein Tätowierer mit künstlerischen Ambitionen
- ↑ reinMein die überlokale Zeitschrift: Das Tattoo-Kunsthandwerk – eine Technik, die unter die Haut geht abgerufen am 6. Oktober 2011
- ↑ Offenbach-Post, Nr. 180, 1984, Jugendseite
- ↑ tattoo-bewertungen (abgerufen am 5. März 2011)
- ↑ HAZ, 27. Januar 1975, "Samy tätowierte sieben Häute"
- ↑ Marcel Feige
- ↑ HAZ, 23. April 1981, Manfred Kohrs - "Tätowieren eine besondere Kunst"
- ↑ Sprengel Museum Hannover (Hrsg.): Timm Ulrichs Die Druckgrafik, 2003, S. 154, ISBN 3-89169-183-1
- ↑ Samuel M. Steward: Bad Boys and Tough Tattoos, Routledge London & New York, S. 190. ISBN 0-918393-76-0
- ↑ HAZ, 9. Juli 1981, Manfred Kohrs legt hohe Maßstäbe an seinen Beruf
- ↑ Tattoo Lexikon, Kruhm Verlag.
- ↑ Quelle: Einsicht in die Besucherliste
- ↑ Vgl. Frank-Peter Finke-Oltmanns, Tätowierungen in modernen Gesellschaften, Dissertation 1996.
- ↑ Vgl. Bundessozialgericht, Az.: B 3 KS 2/07 R Urteil vom 28. Februar 2007
- ↑ Offenbach-Post, Nr. 180, 1984, Jugendseite
- ↑ Der National Tattoo Club of the World wurde 1984 durch Mitgliederbeschluss umbenannt in National Tattoo Association, N.T.A. (englisch)
- ↑ Cellesche Zeitung, 5. Mai 1984, S. 23, -JUGEND VON HEUTE-
- ↑ National Tattoo Magazine, june 1978, S. 9, july 1978 S. 13, Sept. 1979 S. 8 ff.
- ↑ Terry’s Tattoo Studio (englisch); Terry Wrigley (1932–1999) (englisch)
- ↑ Cellesche Zeitung, 5. Mai 1984, S. 23, "Bilder die unter die Haut gehen"
- ↑ Timm Ulrichs: Tattoos
- ↑ Vgl. Christina Sticht, Timm Ulrichs: Pionier der Konzeptkunst, nw-news.de, 31. März 2010.
- ↑ Cellesche Zeitung, 5. Mai 1984, S. 23, Jugend von Heute
- ↑ NaNa Hannover, Nr.36/37, -Portrait eines Künstlers- Manfreds Bilder fahren Straßenbahn, 23. Dezember 1982.
- ↑ body-modification.com (englisch) abgerufen am 15. November 2011
- ↑ National Tattoo Magazine, june-july 1978, S. 13 cartoon by Kohrs
- ↑ Im Bestand des Kunstvereins 2000 Wedemark
- ↑ About Crazy Philadelphia Eddie (englisch)
Kategorien:- Deutscher Künstler
- Fotograf
- Deutscher
- Geboren 1957
- Mann
- Tätowierer
-
Wikimedia Foundation.