Mendel Beer

Mendel Beer

Mendel Beer (* 1788 in Forbach; † 27. Januar 1870 in St. Ingbert) war der nachweislich erste Jude der Stadt St. Ingbert, angesehener Kaufmann und Ahn vieler angesehener Nachkommen. Infolge des Holocaust leben viele Nachfahren heute in den USA.

Beer kam am 13. Mai 1811 zusammen mit seiner Frau Philippina (geb. August) aus dem nördlich angrenzenden Spiesen nach St. Ingbert, wo er sich als Frucht- und Mehlhändler niederließ. Zuvor hatte er das Haus Blieskasteler Straße ersteigert.[1] Juden waren bereits damals großen Anfeindungen ausgesetzt. Die Stadt gehörte bis 1816 zu Frankreich, wo noch 1808 ein „Dekret zu Einschränkungen des Handels und der Kreditgeschäfte der Juden“ ausgegeben worden war, das die auf wenige Berufsfelder beschränkten Juden vom „Schachern und Wuchern“ abhalten sollte. Bereits im ersten Jahr wurde ihm sein Wohnhaus angesteckt.[2] Das erste von insgesamt neun Kindern war die Tochter Rosina, die am 20. Mai 1815 zur Welt kam. Sie war damit die erste hier geborene Jüdin.[3] Im Unterschied zu den rechtsrheinischen deutschen Juden hatten sie hier doch immerhin Bürgerrecht, das die Bayrische Verfassung 1818 noch einmal bestätigte. 1829 erhielt der prosperierende Ort die Stadtrechte.

1850 wandte sich Beer mit einem weiteren jüdischen Bürger, seinem Schwiegersohn und Seifenfabrikant Wolfgang Kahn, an König Maximilian II. von Bayern mit der Bitte, sich von der Verpflichtung der Moralitätszeugnisse – eine Art Führungszeugnis – befreien zu lassen. Diese Maßregelungen veranlassten die jüdischen Geschäftsleute, mit besonderen Garantien, Rabatten und ähnlichem die Gunst der Käufer zu gewinnen. Beers jüngster Sohn Josef (* 1831) ist ein Paradebeispiel für dieses Geschäftsgebaren: Er gründete mit vierzig anderen Bürgern 1867 den Vorschußverein, eine Kreditgenossenschaft, die seit 1906 Volksbank St. Ingbert heißt. Der Verein war nach dem Vorbild Hermann Schulze-Delitzschs organisiert und der erste im Saargebiet. Er verhalf vielen Bürgern zu erfolgreichen Geschäften und sorgte vor allem in den Anfangsjahren nachweislich für eine Belebung der wirtschaftlichen Aktivitäten in der Stadt.

Bis zur Mitte der 1880er Jahre wurden die St. Ingberter Juden in Blieskastel beigesetzt, da sie keinen eigenen Friedhof besaßen. Erst im Laufe des Jahres 1886 wurde auch hier ein, wenn auch mit 10 × 20 m bescheiden großer, Friedhof angelegt.[4] Mendel Beer liegt mit seiner Frau in Blieskastel begraben; der Grabstein ist noch existent.

Einzelnachweise

  1. Katasteramt St. Ingbert, Akte von 1848, Flurnr. 438/9
  2. Wolfgang Krämer: Geschichte der Stadt St. Ingbert, Bd. 2, 1955, S. 148
  3. Josef Buhmann: Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in St. Ingbert, in: „Saarpfalz. Blätter für Geschichte und Volkskunde“, ISSN 0930-1011 Sonderheft 1989
  4. Christoph Nimsgern, Eva Zutter: Juden in St. Ingbert, Wassermann-Verlag, ISBN 3928030213; 3. Auflage 1997, S. 42f.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Beer (Familienname) — Beer ist ein Familienname. Bekannte Namensträger Inhaltsverzeichnis A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z …   Deutsch Wikipedia

  • Mendel Schie — (* 1784 in Dresden; † 27. August 1848 ebenda) war ein Bankier jüdischen Glaubens.[1] Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 2 Weblinks 3 Einzelnachweise …   Deutsch Wikipedia

  • Zechariah Mendel ben Aryeh Leib of Cracow — Zechariah Mendel ben Aryeh Leib (18th century) (Hebrew: זכריה מנדל בן אריה ליב) was a Polish Talmudist, native of Cracow, and in later life chief rabbi and head of the yeshibah at Belz, Galicia. He was the author of Be er Heṭeb (alternatively,… …   Wikipedia

  • Issachar Berend Lehmann — Issachar Berend Lehmann, Berend Lehmann, Jissachar Bermann Segal, Jissachar ben Jehuda haLevi, Berman Halberstadt (* 23. April 1661 in Essen; † 9. Juli 1730 in Halberstadt) handelte in Luxusgütern, war Bankier, Münzagent, Heereslieferant sowie… …   Deutsch Wikipedia

  • FUERTH — (Heb. פירד, פיורדא), city in Bavaria, Germany. Jewish moneylenders are mentioned there in 1440. They were later expelled, but in 1528 Jews were allowed to resettle in the town. There were 200 Jewish residents in 1582. A rabbi is mentioned in 1607 …   Encyclopedia of Judaism

  • Goats (webcomic) — Infobox webcomic| title = Goats caption = Good Hitler vs Space Hitler (1 of 19) author = Jonathan Rosenberg url = [http://www.goats.com www.goats.com] status = New strips daily Monday Thursday began = 1997 April 1,… …   Wikipedia

  • Charles Darwin — « Darwin » redirige ici. Pour les autres significations, voir Darwin (homonymie). Charles Darwin …   Wikipédia en Français

  • law — 1. A principle or rule. 2. A statement of fact detailing a sequence or relation of phenomena that is invariable under given conditions. SEE ALSO: principle, rule, theorem. [A.S. lagu] Alexander l. states that a jerky nystagmus becomes worse when… …   Medical dictionary

  • Charles Robert Darwin — Charles Darwin « Darwin » redirige ici. Pour les autres significations, voir Darwin (homonymie). Charles Darwin …   Wikipédia en Français

  • Darwin — Charles Darwin « Darwin » redirige ici. Pour les autres significations, voir Darwin (homonymie). Charles Darwin …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”