- Negativattest
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Unter Negativattest werden in Deutschland verschiedene behördliche Bescheinigungen verstanden.
- Schriftliche Bescheinigung des Jugendamtes nach § 59 a SGB VIII an die bei der Geburt des Kindes nicht verheiratete Mutter, wonach diese mit dem Vater des Kindes keine gemeinsame Sorgeerklärung beurkundet hat.
- Bescheinigung einer Gemeinde nach § 24 BauGB, wonach sie das ihr zustehende gesetzliche Vorkaufsrecht bei Grundstücken nicht ausüben wird (so genannte Vorkaufsrechtsverzichterklärung).
- Entscheidung der Kartellbehörde nach § 32c GWB an betroffene Unternehmen, nach der sie von ihren Befugnissen nach den §§ 32 und 32a GWB vorläufig keinen Gebrauch machen wird.
- Entscheidung der zuständigen (Aufsichts-) Behörde, dass ein ihr mitgeteiltes Rechtsgeschäft keiner behördlichen Genehmigung bedarf.
- Eine Bescheinigung der Agentur für Arbeit, die diese erteilt, wenn ein Insolvenzverwalter eine Massenentlassungsanzeige gem. § 17 KSchG angezeigt hat, obwohl dies gem. § 17 KSchG nicht erforderlich war. Das Negativattest wirkt dann wie eine zum gleichen Zeitpunkt erteilte Zustimmung zur vorzeitigen Entlassung.
Inhaltsverzeichnis
Einzelheiten
Sozialgesetzbuch VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz)
Die Mutter, die mit dem Vater des Kindes bei der Geburt nicht verheiratet ist, kann vom Jugendamt eine schriftliche Bestätigung/Auskunft nach § 58 a KJHG verlangen, dass sie mit dem Vater des Kindes keine gemeinsame Sorgeerklärung beurkundet hat (so genanntes Negativattest). Diese Bestätigung dient der Mutter im Rechtsverkehr mit Behörden, Kreditinstituten, gegenüber Kindergärten, Schulen, Ärzten, usw. als Nachweis, dass ihr im Umkehrschluss die alleinige elterliche Sorge für ihr Kind zusteht.
Baugesetzbuch
Jeder Gemeinde steht nach § 24 Baugesetzbuch generell ein gesetzliches Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken zu. Die Ausübung dieses Rechts kann nur erfolgen, wenn der mit dem Grunderwerb verbundene Zweck dem Wohl der Allgemeinheit dient. Das Negativattest ist in diesem Zusammenhang eine Bescheinigung über den Verzicht der Gemeinde auf das ihr zustehende gesetzliche Vorkaufsrecht. Dieses Negativattest muss dem Grundbuchamt vorliegen, bevor ein Eigentumswechsel in das Grundbuch eingetragen werden kann. Der Grundbuchbeamte darf auch die Aufteilung eines Grundstücks in Wohnungseigentum und gemeinschaftliches Eigentum erst grundbuchrechtlich vollziehen, wenn ihm ein Genehmigungsbescheid vorgelegt wird; dem Genehmigungsbescheid gleichgestellt ist gemäß § 22 Abs. 7 Satz 2 BauGB in Verbindung mit § 23 Abs. 2 BauGB eine Bescheinigung der Baugenehmigungsbehörde, dass die Genehmigung nach § 22 Abs. 6 Satz 2 i. V. m. § 19 Abs. 3 Satz 3 BauGB als erteilt gilt.
Kartellrecht
Hier ist das Negativattest die Entscheidung der Kartellbehörde gemäß § 32c GWB, nach der sie bezüglich einer konkreten Vereinbarung oder einer bestimmten Verhaltensweise von Unternehmen von ihren Befugnissen nach §§ 32 und 32 a GWB (Abstellungsverfügung; einstweilige Maßnahmen) keinen Gebrauch machen wird. Es steht dabei im pflichtgemäßen Ermessen der Kartellbehörde, ob sie dem entsprechenden Antrag der betroffenen Unternehmen entsprechen möchte. Das Negativattest steht unter dem Vorbehalt eines späteren kartellbehördlichen Einschreitens, falls neuere Erkenntnisse über die Vereinbarung oder Verhaltensweise die tragenden Gründe der Entscheidung nach § 32c GWB berühren. Damit ist dieses Negativattest nicht als eine endgültige Freistellung auszulegen. Im Rahmen der Legalausnahme wird die Kartellbehörde Negativatteste regelmäßig auf Präzedenzfälle mit besonderer Breitenwirkung beschränken. Grundsätzlich haben die Unternehmen selbst einzuschätzen, ob eine Vereinbarung gegen das Verbot des § 1 GWB und Art. 101 Abs. 1 AEUV (ex-Art. 81 Abs. 1 EGV) verstößt bzw. ob eine missbräuchliche Verhaltensweise im Sinne der §§ 19 bis 21 GWB und Art. 102 AEUV (ex-Art. 82 EGV) vorliegt.
Kommunalrecht
Ein Negativattest, also eine durch Verwaltungsakt getroffene Entscheidung der zuständigen (Aufsichts-) Behörde, dass ein ihr mitgeteiltes Rechtsgeschäft keiner Genehmigung bedarf, kann einer Genehmigung gleichgestellt werden, wenn der gesetzliche Genehmigungsvorbehalt ausschließlich dem Schutz öffentlicher und nicht dem Schutz privater Interessen dient[1].
Einzelnachweise
- ↑ BGH Urteil vom 22. September 2009, Az: XI ZR 286/08
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