Nina Kogan

Nina Kogan

Nina Iossifowna (Ossipowna) Kogan (russisch Нина Йосифовна (Осиповна) Коган), wiss. Transliteration Nina Josifovna (Osipovna) Kogan; * 25. Märzjul./ 6. April 1887greg. in Witebsk; † 1942 ? in Leningrad) war eine russische Künstlerin, Kunsterzieherin und Bühnenbildnerin. Ihr suprematistisches Ballett von 1920 ist eine der ersten kinetischen Theateraufführungen überhaupt.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Über den kurzen Lebensweg Nina Kogans ist wenig bekannt, auch der Todestag und -monat sind unbekannt.

1918 wurde sie mit der Leitung des Grundkursateliers an der 1918 von Marc Chagall organisierten Witebsker Kunstschule des Volkes (Prawdastr. 5) betraut, nachdem die bisherigen Kunstakademien im Zuge der Oktoberrevolution geschlossen wurden. Zunächst arbeitete sie unter der Direktion von Marc Chagall und ab Herbst 1919 unter Kasimir Malewitsch, Schuldirektorin war ab 1920 Wera Jermolajewa. Durch Malewitsch und El Lissitzky wurde sie eine Anhängerin des Suprematismus. Eine enge Verbindung hatte sie auch zu Nikolai Suetin, Iwan Tscherwinko,[1] Ilja Tschaschnik u. a. aus der Künstlergruppe UNOWIS (Verfechter der Neuen Kunst), in der sie eine leitende Funktion hatte.

1920 veröffentlichte sie das Flugblatt „Über die Graphik“ und andere programmatische Beiträge in der Zeitschrift „UNOWIS“ (Nr. 1 und Nr. 2) und in „Put' Unowisa“.[2] Als Bühnenbildnerin inszenierte sie im gleichen Jahr das erste und einzige suprematistische Ballett, eine Ausweitung des Suprematismus auf die darstellende Kunst und wurde somit Teil der Erneuerungsbewegung des russischen Theaters nach der Oktoberrevolution.

1922 übersiedelte sie zusammen mit der Malewitsch-Gruppe, von denen nur wenige in Witebsk blieben, nach Leningrad, nachdem die Spannungen zwischen der Chagall-Gruppe und auch mit der Partei und der örtlichen Kunstkritik über die gesellschaftlich geforderten Kunstrichtungen größer geworden waren. Kogan nahm mit Werken an der von Naum Gabo und El Lissitzky 1922 organisierten „Ersten Russischen Kunstausstellung“ 1922 in der Galerie van Diemen in Berlin teil. In 1938 beteiligte sie sich an der Ausstellung von Werken russischer Künstlerinnen in Leningrad, 1940-41 an der 6. und 7. Ausstellung von Werken Leningrader Künstler.

Das Flugblatt „Über die Graphik“ und vor allem ihre Werke zeichnen Nina Kogan als eine der exponiertesten Künstlerinnen des nachrevolutionären Russland aus. Ihr suprematisches Ballett von 1920 hatte keine Handlung, sondern war ein abstrakter Tanz, in dem die farbigen Formen des Bühnenbildes in ständiger Bewegung waren und sich bald zu einem Kreuz, einem Kreis oder zu einem Quadrat veränderten.

Auch in ihrem Ölgemälde „Komposition“ von 1920 sind die streng geometrischen Formen in einem subtilen Wandel begriffen, wobei die kühle Farbigkeit und die klare, fast metallisch wirkende Oberfläche das leise Funktionieren einer Maschine suggerieren. In der Arbeit „Suprematistische Komposition“, entstanden in der Zeit von 1920 bis 1922, ist die Vorstellung von einer Bewegung der geometrischen Formen und damit ständig wechselnder Konfigurationen durchaus lebendig ganz im Sinne ihres Balletts.

Behutsam vollzog sie die Umwandlung des Suprematismus in die strengere, zweckbestimmte, um Objektivität ringende Gedankenwelt des Konstruktivismus. Dieser Prozess floß auch in ihre pädagogischen Überlegungen ein, die sie den zu ihrem Studio eingeschriebenen Kunststudenten vermittelte. In der ersten Stufe - der „Malereifakultät“ erfährt der Schüler, das die gesamte Natur wie jede Wahrnehmung konstruierte Farbe sei. Die zweite Stufe ist die „Fakultät für Material“: der Umgang mit den verschiedenen Materialien als Mittel der Transzendierung. Auf der dritten Stufe, der „Faktischen Fakultät“, gilt vornehmlich die Technik als Konstruktionsmittel. Aufgabe der neuen Schule sei es, den Schülern den Weg zum Schöpferischen und Erfinderischen zu weisen, ihn zu Aktivitäten anzuleiten, die schließlich eine neue, utilitär-technische Welt aus Elementen, die der Suprematismus vorgezeichnet hat, hervorbringen. [3]

1934 wurde sie, ebenso wie Jermolajewa, im Zuge der Stalinschen Säuberungen verhaftet.[4] Ihr Todesjahr wird mit 1942 oder 1944 angegeben. Ende der 1970er Jahre kamen eine Reihe ihrer suprematistischen Arbeiten wieder zum Vorschein.[5]

Werke (Auswahl)

  • 1920 Komposition, Öl auf Leinwand, 88x66 cm, Galerie Gmurzynska, Köln - 1980 Sammlung Ludwig, Köln
  • 1920-22 Suprematistische Komposition, Öl auf Leinwand, 72x54 cm, Sammlung Ludwig, Köln, Inv. ML 1373

Ausstellungen

  • 1985 Galerie Schlégl, Zürich, Einzelausstellung
  • 1986 Russische Avantgarde 1910-1930 Sammlung Ludwig Köln, Kunsthalle Köln

Sammlungen

Schriften

  • Nina Kogan: O suprematitscheskom balete. In: Al'manach Unowis. Nr. 1, 1920.

Literatur

  • Nina Ossipowna Kogan : 1887 Witebsk - 1942 ?, suprematistische Werke 1920 - 1923. Ausstellung vom 14. Mai - 29. Juni und vom 15. August - 14. September. Galerie und Edition Schlégl, Zürich 1985.
  • Herbert Gerten (Red.) & Evelyn Weiss (Bearb.): Russische Avantgarde 1910–1930, Sammlung Ludwig, Köln. Prestel, München 1986, ISBN 3-7913-0766-5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Nikolai Suetin : 1897-1954. The State Russian Museum. Palace Editions, [Bad Breisig]; RA, [Moskau] 2008, ISBN 978-3-940761-00-2, S. 17
  2. Victor Martinovich: Vitebsk Avant-Garde (1918-1922) : Social and Cultural Context and Art Criticism. Vilnius Academy of Arts, 2008. (englische Zusammenfassung der Diss. ab S. 24-37)
  3. Flugblatt, 20. November 1920, abgedruckt im Katalog Köln 1979/80, S. 163
  4. Nikolai Suetin : 1897-1954. The State Russian Museum. Palace Editions 2008, S. 61
  5. Aleksandra Shatskikh, Katherine Foshko Tsan: Vitebsk: The Life of Art. Yale University Press 2008, ISBN 978-0300101089, S. 102 Google Books, Vorschau
  6. Mit dem Fahrrad zur Milchstrasse = With the bicycle to the Milky Way. Sammlung Hoffmann. König, Köln 2009, ISBN 9783865606532

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