- Wizebsk
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Wizebsk
Віцебск
Wappen
FlaggeStaat: Weißrussland Woblast: Wizebsk Koordinaten: 55° 11′ N, 30° 10′ O55.18333333333330.166666666667162Koordinaten: 55° 11′ N, 30° 10′ O Höhe: 162 m Fläche: 96 km² Einwohner: 347.928 (2009) Bevölkerungsdichte: 3.624 Einwohner je km² Zeitzone: EET (UTC+2) Telefonvorwahl: (+375) 212 Postleitzahl: BY - 210xxx Kfz-Kennzeichen: 2 Webpräsenz: Wizebsk (weißrussisch Віцебск/Viciebsk; russisch Витебск, Witebsk; poln. Witebsk, lit. Vitebskas, lett. Vitebska) ist eine Stadt im Norden Weißrusslands nahe den Grenzen zu Russland und Lettland mit 347.500 Einwohnern (Stand 1. Januar 2009). Sie hat einen Flusshafen an der Dwina, ist Industriestadt (Maschinenbau, Leicht-, Nahrungsmittel-, Textilindustrie), Eisenbahn- und Straßenknotenpunkt sowie kultureller Mittelpunkt des Gebietes mit Universität, Hochschulen, Theater, Museen, Galerien und Baudenkmälern. Wizebsk ist Hauptstadt der Woblast Wizebsk sowie Sitz des am 13. Oktober 1999 gegründeten römisch-katholischen Bistum Witebsk.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Stadt wurde im Jahre 947 auf Befehl der Großfürstin Olga von Kiew (881–969) gegründet und 1021 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Wizebsk entstand als Festung gegen Eindringlinge und war im 12. und 13. Jahrhundert ein wichtiges Handels- und Handwerkszentrum, Sitz eines Fürstentums und hatte Handelsverbindungen zur Hanse. 1320 wurde Wizebsk von Großfürstentum Litauen annektiert, nach anderen Quellen wurde es als Mitgift ins Großfürstentum Litauen integriert.
Im 16. Jahrhundert wurde der Ort bei Kriegshandlungen mehrmals zerstört. Als mit der Union von Lublin am 12. August 1569 die Adelsrepublik Polen-Litauen begründet wurde, gehörte Wizebsk zum neu gegründeten Staat. Von 1654 bis 1667 war die Stadt von russischen Truppen besetzt. Während des Großen Nordischen Krieges von Schweden gegen Polen und Russland wurde sie 1708 fast vollständig niedergebrannt.
Im Laufe der Ersten Teilung Polens im Jahre 1772 fielen die Stadt und ihre Umgebung an Russland. Am 28. Juli 1812 wurde Wizebsk von den Truppen Napoléon Bonapartes erobert und dabei in Brand gesteckt. Im 19. Jahrhundert wurde sie zu einem bedeutenden Industriezentrum in der Region und war Hauptstadt des Gouvernements Witebsk. Die Stadt bildete einen Eisenbahnknotenpunkt auf den Strecken von Sankt-Petersburg nach Warschau und von Moskau nach Riga. Die Bevölkerung der Stadt war immer gemischt. In den 1920er Jahren hatte die Stadt rund 100.000 Einwohner, davon 45% Juden, 30% Weißrussen und 20% (Groß-)Russen. 1900 waren noch 52% der Bevölkerung Juden, sodass die Stadt zu einem der größten jüdischen Zentren zählte.[1]
Der Historiker Karl Schlögel stellt fest, dass die Stadt als ein Zentrum der europäischen Kultur betrachtet werden muss, „aus welchem viele und Grund legende Impulse für Europas kulturelle Weiterentwicklung kamen“.
- „In einem geschichtlichen Augenblick kam in Vitebsk eine Konstellation zustande, die zu den produktivsten in der europäischen Moderne gehört. Zwischen 1917 und 1922 war Vitebsk ein Laboratorium der Moderne, in welchem bedeutende Vertreter der europäischen Avantgarde, wie z. B. Marc Chagall, El Lissitzky, die Künstlervereinigung UNOVIS, Kasimir Malewitsch, die Theaterregisseure Rudolf Ungern und Ivan Sollertinskij und viele andere experimentierten. Dieses einzigartige und innovative kulturelle Zentrum fiel den Zerstörungsorgien des 20. Jahrhunderts zum Opfer“ (Karl Schlögel, Die erste Stadt der neuen Welt).
Nach der Gründung der Sowjetunion war Wizebsk Teil der Weißrussischen SSR.
Wizebsk wurde während des Zweiten Weltkriegs wie kaum eine andere Stadt zerstört, ihre große jüdische Gemeinde – in der Stadt gab es einst etwa 70 Synagogen und jüdische Bethäuser – ausgelöscht. Am 10. Juli 1941 nahm die deutsche Wehrmacht Wizebsk ein. Ihr folgte sogleich das Einsatzkommando 9 (EK 9) der Einsatzgruppe B, dessen Kommandeure im Rahmen des Holocaust von Juli bis Oktober 1941 zwischen 6.800 und 15.000 Juden erschießen ließen. Am 26. Juni 1944 eroberte die Rote Armee die Stadt in der Kesselschlacht bei Wizebsk wieder zurück. Während des Kampfes wurde sie fast vollständig zerstört. Danach bestand in der Stadt das Kriegsgefangenenlager 271 für deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs.[2] Schwer Erkrankte wurden im Kriegsgefangenenhospital 2813, Letcy, versorgt. Seit 1991 ist Wizebsk Teil des unabhängigen Staates Weißrussland.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Sehenswert in der Stadt sind das Rathaus aus dem Jahre 1775, die Kasaner Kirche von 1760 und die Maria-Verkündigungs-Kirche aus dem 12. Jahrhundert. Wenige Kilometer außerhalb der Stadt liegt die Repin-Datscha, das dreistöckige Sommerhaus des bekannten russischen Malers Ilja Repin, in dem viele seiner Gemälde entstanden.
Das Elternhaus des russisch-jüdischen Malers und Grafikers Marc Chagall wurde als Museum hergerichtet und im Marc Chagall Art Center werden viele seiner Lithografien gezeigt.
Ein herausragendes kulturelles Ereignis der Stadt ist das internationale Kunstfestival „Slawischer Basar“, das seit 1992 jährlich stattfindet und an dem viele Musikgruppen und Künstler Weißrusslands, der Ukraine, Russlands und der baltischen Staaten teilnehmen.
Sonstige Bauwerke
In Wizebsk befindet sich ein 245 Meter hoher Sendeturm, der als freistehender Stahlfachwerkturm mit einem horizontalen Kreuz ausgeführt ist, an dem der Antennenmast abgespannt ist. Ein fast identischer Turm befindet sich in Hrodna.
Wappen
Beschreibung: In Blau ein nach rechts sehender Männerkopf mit Haar und Bart in Braun und weißem Kragen schwebt über einem goldbegrifften silbernen Schwert mit der Spitze nach links weisend und in den Ecken in Gold die Zeichen oben „IΣ“, „XΣ“ und unten „C“ „C“ mit einer Tilde „~ „ über den Gruppen.
Der Schild liegt auf einen größeren roten Barockschild auf und ein naturfarbener Cherubkopf schwebt darüber. Zu den Seiten je eine naturfarbene Engelsputte mit rotem Band die Scham verdeckend und das blauen Band des Ordens Andreas des Erstberufenen haltend.
Am Wappenfuß grüner Blätterstrauß und natürliche Rosen, wie auch an der oberen Schildkartusche zu den Seiten. Zwei grüne goldgerandete Rollwerke hängen an den Seiten herab.
Söhne und Töchter der Stadt
- Evgeny Agrest (* 1966), schwedischer Schachspieler
- Schores Alfjorow (* 1930), Nobelpreisträger für Physik des Jahres 2000
- Marc Chagall (1887–1985), Maler und Grafiker
- Lasar M. Chidekel (1904–1986), Maler und Architekt
- Samuel Chotzinoff (1889–1965), US-amerikanischer Musikkritiker und -schriftsteller, Musikproduzent, Pianist und Musicalautor
- Joseph Günzburg (1812–1878), Bankier
- Isser Harel (1912–2003), Chef des israelischen Geheimdienstes Mossad
- Lew Judin (1903–1941), Maler
- Marcelo Koc (1918-2006), argentinischer Komponist
- Sjarhej Ljachowitsch (* 1976), Profiboxer
- Valery Panov (* 1938), israelischer Balletttänzer und -choreograf
- Wital Radyjonau (* 1983), Fußballspieler
- Marina Sailer (* 1970), deutsche bildende Künstlerin
- Sinaida Stahurskaja (1971-2009), Radrennfahrerin
- Boris de Schloezer (1881–1969), Musikwissenschaftler und Übersetzer
- Iwan Sollertinski (1902–1944), Musikwissenschaftler
- Aron Trainin (1883–1957), Mitunterzeichner des Londoner Viermächte-Abkommens, sowjetischer Jurist des Internationalen Militärgerichtshof bei den Nürnberger Prozessen
- Immanuel Velikovsky (1895–1979), Arzt, Psychoanalytiker, Katastrophist und Chronologiekritiker
- Gennadi Vengerov (* 1959), Schauspieler und Sprecher
- Ossip Zadkine (1890–1967), weißrussisch-französischer Maler und Bildhauer
Partnerstädte
Wizebsk ist Partnerstadt von
- Frankfurt (Oder), Deutschland
- Nienburg/Weser, Deutschland
- Zielona Góra, Polen
- Daugavpils, Lettland.
- Gelendschik, Russland
- Pskov, Russland
- Stupino, Russland
- Harbin (Mandschurei), China
In der sowjetischen Periode war Wizebsk Partnerstadt von Frankfurt (Oder) und Zielona Góra. Zur Ehre der Partnerstädte führten in Wizebsk zwei Restaurants die jeweiligen Namen der Partnerstädte, wobei nur eines von beiden noch heute existiert. Zur Ehre der polnischen Stadt Zielona Góra fand im Jahr 1988 das "Festival des polnischen Liedes" statt, das im Jahr 1992 zum "Internationalen Kunstfestival" «Славянский базар в Витебске» umgestaltet wurde und jährlich stattfindet.
Ausbildung
Die Witebsker Staatliche Technologische Universität (WSTU) wurde im Jahre 1965 gegründet. Sie hat vier Fakultäten:
- ökonomische Fakultät
- mechanisch-technologische Fakultät
- Fakultät für Konstruktion und Technologie
- Fakultät für Design und Technologie.
Zur WSTU gehören ein Sportkomplex, ein Sanatorium und eine Abteilung für Design und Entwicklung.
Die Witebsker Staatliche P. M. Mascherov Universität (WSU) wurde im Jahre 1910 gegründet. Sie hat 11 Fakultäten:
- Mathematische Fakultät
- Fakultät für Physik
- Fakultät für Geschichte
- Pädagogische Fakultät
- Biologische Fakultät
- Fakultät für weißrussische Philologie und Kultur
- Fakultät für soziale Pädagogik und Psichologie
- Philologische Fakultät
- Fakultät für Sportwissenschaft
- Juristische Fakultät
- Fakultät für bildende Kunst und Grafik.
Die Witebsker Staatliche Medizinische Universität (WSMU) wurde im Jahre 1934 gegründet. Sie hat 7 Fakultäten:
- Heilfakultät
- Pharmazeutische Fakultät
- Fakultät der Zahnmedizin
- Fakultät der Vorbereitung der ausländischen Bürger
- Fakultät der Erhöhung der Qualifikation der Spezialisten und der Umschulung der Fachkräfte
- Fakultät der Erhöhung der Qualifikation nach der Pädagogik und der Psychologie
- Fakultät der Berufsorientierung und der Vorbereitung von Abiturienten
Die Witebsker Staatliche Akademie der Tiermedizin (WSAT) wurde im Jahre 1933 gegründet. Sie hat 5 Fakultäten:
- Fakultät der Tiermedizin
- Biotechnologische Fakultät
- Fakultät der Berufsorientierung und der Vorbereitung von Abiturienten
- Fakultät des Fernstudiums
- Fakultät der Erhöhung der Qualifikation der Spezialisten und der Umschulung der Fachkräfte
Sport
Der FK Wizebsk (oder Lokomotiv-96 Vitebsk, weißrussisch ФК Віцебск, russisch ФК Витебск/FK Witebsk) spielt in der Wyschejschaja Liha, der höchsten Spielklasse Weißrusslands.
Bibliographie
- Karl Schlögel, Die erste Stadt der neuen Welt. Wie Witebsk in Weißrussland für einen historischen Augenblick zur Metropole der Moderne wurde.
- Schischanov V.A. Das Witebskmuseum der modernen Kunst: istoriia sozdaniia i kollektsii. 1918-1941. - Minsk: Medisont, 2007. - 144 s.[1]
Weblinks
Commons: Wizebsk – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- http://w3.vitebsk.by/ Die offizielle Web-Seite Witebsks
- The plan of Vitebsk 1904.pdf
- Official site of Vitebsk regional museum of local lore
Einzelnachweise
- ↑ Magocsi, P. R. (2002): Historical Atlas of Central Europe. Seattle: University of Washington Press. S. 109
- ↑ Maschke, Erich (Hrsg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des zweiten Weltkrieges. Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld 1962-1977.
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