Konstruktivismus (Kunst)

Konstruktivismus (Kunst)

Der Konstruktivismus ist eine streng gegenstandslose Stilrichtung der Malerei der Moderne in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er baut auf dem Suprematismus des ukrainischen Malers Kasimir Malewitsch auf.

Konzeptionell bedeutete die Stilrichtung eine Absage an die bisherige, historisch gewachsene Formen- und Bildersprache der Malerei wie der Kultur als Ganzes, um noch einmal von vorne zu beginnen, malerisch bei den grundlegenden geometrischen Formen und gleichmäßigen Farbflächen.

Die Richtung hatte zeitweise den Charakter einer politischen Bewegung und wurde in der Sowjetunion entwickelt; der niederländische De Stijl wird ebenfalls in diesem Zusammenhang genannt.

Der Begriff Konstruktivismus verweist auf das lateinische Wort constructio: „Zusammenfügung“, „Bau“.

Inhaltsverzeichnis

Eigenschaften

Charakteristisch ist ein einfaches geometrisches Formenvokabular, wie auf dem berühmten Bild Schwarzes Quadrat auf weißem Grund von Kasimir Malewitsch. Die neue Kunstrichtung, der in den theoretischen Manifestationen auch ein gesellschaftliches Moment innewohnte, hatte auch Einfluss auf die zeitgenössische Plastik und Architektur.

Obwohl der Versuch, Kunstobjekte mittels mathematisch fundierter Konstruktionen zu erstellen, nicht neu ist (vgl. Goldener Schnitt), wird der Terminus Konstruktivismus im Allgemeinen nur für moderne Kunst gebraucht, zumeist in Verbindung mit geometrischen Abstraktionen und technoiden Gestaltungsformen. Der Konstruktivismus ist eine Ausdrucksform der abstrakten Kunst, parallel zum Dadaismus in den 1920er Jahren. Die Anhänger des Konstruktivismus vertraten ein geometrisch-technisches Gestaltungsprinzip mit meist großen Farbflächen und geometrischen Grundformen.

Entwicklung

Die Architektur galt dem Konstruktivismus gleichsam als „Mutter aller Künste“. Der Name Konstruktivismus soll 1913 erstmals für abstrakte Reliefkonstruktionen Wladimir Tatlins sowie für Werke des ukrainischen Malers Kasimir Malewitsch verwendet worden sein, der im so genannten programmatischen Nullpunkt auf ein weißes Quadrat ein schwarzes „vollkommenes“ Viereck malte und umgekehrt; siehe Suprematismus. Die Künstler des Konstruktivismus bezeichneten sich selbst als „Bildner“ und lehnten naturalistische „Nachbildungen“ kategorisch ab.

Der russische Konstruktivismus weist nach dem Umsturz von 1917 aufgrund der revolutionären politischen Situation oft propagandistische Züge auf. So baute man 1920 in Petrograd nach den Entwürfen Tatlins ein 30 m hohes Holzobjekt als Modell für einen geplanten, aber nie realisierten 400 m hohen Stahlgerüst-Pavillon, der ein Monument der III. Kommunistischen Internationale werden sollte. Es war vorgesehen, die einzelnen Teile wie die beweglichen Sphären eines Planetariums zu konstruieren.

In einem 1920 von Tatlin und den Brüdern Pevsner mit staatlicher Unterstützung veröffentlichten Manifest wurden der konstruktive Realismus und die Kinematik als Gestaltungsprinzipien hervorgehoben. Da, wie Lenin meinte, die Kunst nur dann politisch verwertbar sei, wenn sie auch von der Allgemeinheit verstanden und akzeptiert werde, erfolgte kurz danach in der Sowjetunion jedoch die Ablösung des Konstruktivismus durch den Sozialistischen Realismus.

Verbindungen

Abgesehen von seinem russischen Ursprung, wurde der Konstruktivismus auch von den Künstlervereinigungen De Stijl, Bauhaus und von der konkreten Kunst beeinflusst. Die auf der sowjetischen Ausgangsbasis aufbauende Strömung wird 'analytischer Konstruktivismus' genannt.

Wie Malewitsch malten z. B. auch Josef Albers, Lyonel Feininger und Victor Vasarely streng geometrische Formen. Auch Max Bill, Richard Paul Lohse und Barnett Newman vertraten das konstruktive Prinzip. Oskar Schlemmer wurde für seinen figuralen Konstruktivismus bekannt. Die der englischen Gruppe „Unit one“ angehörenden Maler sympathisierten mit dem Konstruktivismus, bevorzugten aber weniger gebundene Formen.

Der Konstruktivismus war eine der frühen Strömungen moderner Kunst, mit der sich eine große Anzahl bildender Künstler auseinandersetzte. In Großbritannien wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in London eine neue konstruktivistische Kunst-Bewegung, maßgeblich von Victor Pasmore und anderen Künstlern beeinflusst, begründet. Viele dieser Künstler entstammten der St Martin's School of Art und hatten den Schwerpunkt ihres Schaffens in den 1950er und 1960er Jahren.

Künstler des Konstruktivismus

geordnet in der chronologischen Reihenfolge ihrer Geburtsjahre

  • László Péri (1899?-1967), britischer Bildhauer und Maler ungarischer Herkunft
  • Wasiliy Yermilow (1894-1968), russisch-ukrainischer Maler und Designer
  • Robert Jacobsen (1912-1992), dänischer Eisenbildhauer
  • Rudolf Ortner (1912-1997), deutscher Architekt, Maler und Fotograf
  • Rolf Rappaz (1914-1996); Schweizer Grafiker und bildender Künstler
  • Gottfried Honegger (* 1917); Schweizer Grafiker und bildender Künstler


Neuer Konstruktivismus in Großbritannien nach dem Zweiten Weltkrieg:


andere Künstler, später:


Siehe auch: Konstruktivismus (Architektur)

Bedeutende Sammlungen konstruktiver Kunst

Siehe auch

Literatur

  • Rotzler, Willy. Konstruktive Konzepte. Eine Geschichte der konstruktiven Kunst vom Kubismus bis heute. 3.überarb.Aufl. Zürich 1995. ISBN 3-85504-113-X
  • Simons, Katrin, EL LISSITZKY PROUN 23 N oder der Umstieg von der Malerei zur Gestaltung, Frankfurt am Main und Leipzig 1993, ISBN 3-458-33076-3

Weblinks


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