Offenlegung (Marktdisziplin)

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QS-Recht

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Seit dem Basler Konsultationspapier von 1999 bzw. der überarbeiteten Basler Rahmenvereinbarung vom Juni 2004 (Basel II)[1] wird zur Stärkung der Marktdisziplin die Offenlegung für Kreditinstitute auf europäischer Ebene vorgeschrieben. Für deutsche Kreditinstitute verbindlich geregelt ist die Offenlegung seit Inkrafttreten der "Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen (Solvabilitätsverordnung - SolvV)" am 1. Januar 2007[2]. Die entsprechenden Vorschriften zur Offenlegung finden sich in den §§ 319 bis 337Vorlage:§/Wartung/buzer SolvV.

Inhaltsverzeichnis

Marktdisziplin

Bereits mit der Basler Rahmenvereinbarung wurde das Ziel verfolgt, durch die Offenlegung – die sogenannte "dritte Säule" – die Vorschriften zu den Eigenkapitalanforderungen (Säule I) und den aufsichtlichen Überprüfungsprozessen (Säule II) für Institute zu ergänzen. Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht beabsichtigte, die Marktdisziplin zu erhöhen, indem den Kreditinstituten eine Reihe von Offenlegungsanforderungen (engl. disclosure requirements) vorgegeben wurden, "die es den Marktteilnehmern gestatten, Kerninformationen über den Anwendungsbereich, das Eigenkapital, die Risikopositionen, die Risikomessverfahren und – daraus abgeleitet – die Angemessenheit der Eigenkapitalausstattung des Instituts beurteilen zu können" (Textziffer 809).

Offenlegungsintervalle

Während die Basler Rahmenvereinbarung für den Regelfall eine halbjährliche Offenlegung empfiehlt (Textziffer 818), geht das deutsche Recht in der Regel von einem jährlichen Offenlegungsintervall aus. In einzelnen Fällen kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine häufigere als jährliche Offenlegung anordnen, "insbesondere wenn dies aufgrund des Umfangs und der Struktur der Geschäfte sowie der Marktaktivität des Instituts angemessen ist" (§ 321Vorlage:§/Wartung/buzer SolvV). In jedem Fall hat die Offenlegung zeitnah zu erfolgen, und zwar nach Maßgabe der (technischen) Verfügbarkeit der Daten sowie in Anlehnung an die externen Rechnungslegungsvorschriften.

Erfahrungsgemäß sind gerade größere und international tätige Institute in den letzten Jahren aus Imagegründen und mit Rücksichtnahme auf die krisenbedingt erhöhte Sensibilität des Bankenpublikums dazu übergegangen, die jährliche Offenlegung durch unterjährige Aktualisierungen und Berichterstattungen zu ergänzen. Hinzu kommen die gesetzlichen Implikationen der Bankenkrise, aus denen ab 2011 eine Verschärfung der Offenlegungsanforderungen für bestimmte Portfolien und Forderungsklassen (Verbriefungen) erwartet werden kann[3], was mittelfristig auch die Häufigkeit der Offenlegung betreffen wird. Bereits im Basler Rahmenwerk wird für große und international tätige Kreditinstitute und wesentliche Tochtergesellschaften gefordert, "ihre Kernkapital- und Gesamtkapitalkoeffizienten einschließlich ihrer Bestandteile vierteljährlich offen [zu] legen" (Textziffer 818).

Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich der Offenlegungsvorschriften wird im deutschen Recht konkretisiert in § 319Vorlage:§§/Wartung/alt-URL-buzer SolvV, wonach die Vorgaben auf Institute, Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG) anzuwenden sind. Bei einer Instituts- oder Finanzholding-Gruppe sind die Offenlegungsvorschriften nur von dem übergeordneten Institut der Gruppe anzuwenden. Die Vorschriften entfallen für Tochterunternehmen eines Instituts oder einer Finanzholding-Gruppe mit Sitz in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums, soweit im Rahmen einer gruppenbezogenen Berichterstattung regelmäßig Informationen publiziert werden, die mit den Offenlegungsvorschriften der Solvabilitätsverordnung vergleichbar sind.

Quantitative & qualitative Offenlegung

Je nach Ansatzwahl des Instituts – Kreditrisiko-Standardansatz (KSA) oder auf internen Ratings basierender Ansatz (IRBA) – und den institutsrelevanten Portfolien und Forderungsklassen schreibt die Solvabilitätsverordnung die quantitative Offenlegung von 20 bis 40 Berichten vor, die sich auf den Anwendungsbereich, die Kapitalstruktur, das Kreditrisiko, derivative Adressenausfallrisiken, Verbriefungen, das Marktrisiko, Beteiligungsinstrumente, operationelle Risiken und Zinsänderungsrisiken beziehen. Ergänzend schreibt das Regelwerk qualitative Offenlegungspflichten vor, die insbesondere die definitorische Eingrenzung der verwendeten Metriken und Begriffe sowie die Darstellung von institutseigenen Ansätzen und Methoden betreffen, so beispielsweise eine Erläuterung des Ansatzes, "nach dem das Institut die Angemessenheit seines internen Kapitals zur Unterlegung der aktuellen und der zukünftigen Aktivitäten beurteilt" (§ 325Vorlage:§/Wartung/buzer Abs. 1 SolvV).

Als fachliche Implementierungshilfen sind den Instituten sogenannte Umsetzungsempfehlungen an die Hand gegeben worden, die seit 2004 unter Leitung der Bundesbank regelmäßig aktualisiert und veröffentlicht werden[4]. Tendenziell haben die Bundesbank-Vorgaben in den vergangenen Jahren zu einer Vereinheitlichung in der institutsübergreifenden Darstellung der Offenlegungsberichte und zur Verkleinerung von gesetzlichen und inhaltlichen Interpretationsspielräumen geführt.

Die Offenlegungsberichte sind gemäß § 320Vorlage:§/Wartung/buzer SolvV auf der hauseigenen Internetplattform oder einem vergleichbaren Medium gesondert zu publizieren. Die Veröffentlichung ist gemeinsam mit dem Hinweis auf das maßgebliche Veröffentlichungsmedium im elektronischen Bundesanzeiger bekanntzumachen. Von Institutsseite soll das einmal gewählte Offenlegungsmedium im Sinne der Markttransparenz stetig genutzt werden.

Bei der Berichtdarstellung ist zum Schutze des Bankenpublikums pro Offenlegungsbericht eine Rückverfolgung auf Einzelkunden- bzw. Transaktionsebene auszuschließen, das heißt die Offenlegung hat ausdrücklich unter Wahrung des Wesentlichkeits-, Schutz- und Vertraulichkeitsgrundsatzes nach § 26aVorlage:§/Wartung/buzer des Kreditwesengesetzes (KWG) zu erfolgen. Stattdessen sind die Institute verpflichtet, die qualitative und quantitative Struktur sowie Strukturveränderungen der wesentlichen Portfolien und deren produktbezogene und/oder graphische Verteilung anzuzeigen, wodurch (potentiellen) Investoren, Anlegern, Kunden und Kooperationspartnern eine nachhaltige Einordnung der Vermögens und Ertragslage des Instituts im Zeitablauf ermöglicht werden soll.

Mit der Verpflichtung zur regelmäßigen Offenlegung sind für die Institute aufgrund der gesetzlich geforderten Informationsgüte und der Notwendigkeit zur Abstimmung mit dem Meldewesen (Bank) sowie der externen Rechnungslegung hohe zusätzliche IT-Aufwendungen verbunden, insbesondere was die standardisierte Erhebung und die Zusammenführung der institutweiten Daten in einem revisionssicheren Data Warehouse anbelangt. Während kleinere (KSA-) Institute die mit der Offenlegung zusammenhängenden Reporting- und Analyseerfordernisse im Wesentlichen fallweise bzw. auf Grundlage unstrukturierter Informationsbeschaffung mit hohem manuellem Aufwand bewerkstelligen, ist bei mittleren und großen Instituten und Institutsgruppen der Einsatz von Business Intelligence-Systemen üblich, um die in der SolvV vorgegebenen Historisierungserfordernisse erfüllen und der Verpflichtung zur zeitnahen Berichterstellung (§ 321Vorlage:§/Wartung/buzer Abs. 2 SolvV) nachkommen zu können.

Über den mit der Offenlegung für die Institute entstehenden "disziplinarischen" Effekt hinaus werden die bis dahin bestehenden handels- und kreditwesengesetzlichen Regelungen zur Publizierung wesentlicher Kenngrößen in Richtung einer stärkeren Markttransparenz deutlich verbessert. Dass die Offenlegung allenfalls einen hinreichenden Schutzmechanismus darstellt und ggf. einer weiteren Feinjustierung in Richtung einer höheren Frequentierung bedarf, haben die Entwicklungen seit 2007 deutlich gemacht.

Ob und inwieweit aus der Offenlegung für Kreditinstitute Lerneffekte bspw. für die Versicherungswirtschaft eintreten, die im Rahmen von Solvency II ab 2013 der Offenlegungspflicht unterliegen wird, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt kritisch einzuschätzen. Studien und Umfrageergebnisse[5] deuten an, dass dieselben Entwicklungen in der Versicherungswirtschaft noch einmal durchlaufen werden müssen.

Literatur

  • Gabriel, Roland / Golla, Guido / Hoppe, Tobias (et al.): Business Intelligence als Enabler des Basel II-Berichtswesens – Auswirkungen der Offenlegungspflichten gemäß Säule III des Baseler Frameworks für den Einsatz eines Reportingsystems, in: Controlling – Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung, 21. Jahrgang 2009, Heft 10, S. 538-544.
  • Hillen, Karl-Heinz / Hartmann, Ullrich / Hosemann, Detlef (Hrsg.): Neue regulatorische Offenlegungspflichten für Kreditinstitute: Qualitative und quantitative SolvV-Vorgaben. Umsetzungshinweise - Interne/externe Prüfungen, Heidelberg 2008

Einzelnachweise

  1. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht: Internationale Konvergenz der Kapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen. Überarbeitete Rahmenvereinbarung, [Basel] Juni 2004 (online).
  2. BGBl. I 2006 S. 2926
  3. Vgl. §§ 334 SolvV-Entwurf vom 10. Dezember 2009.
  4. Deutsche Bundesbank: Anwendungsbeispiele des Fachgremiums "Offenlegungsanforderungen" zur Umsetzung der quantitativen Anforderungen nach Teil 5 der Solvabilitätsverordnung (SolvV) i.V.m. Basel II Säule 3, [o.O.] November 2006.
  5. Golla, Guido / Klimetzek, Christian: Schlechte Vorbereitung auf neue Offenlegungspflichten, in: Versicherungswirtschaft, 65. Jahrgang (15. Mai 2010), S. 742-746.
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