- Ohrenkuss
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Ohrenkuss ...da rein, da raus Beschreibung Kulturmagazin Sprache Deutsch Verlag downtown-Werkstatt für Kultur und Wissenschaft Erstausgabe 1998 Erscheinungsweise halbjährlich Verkaufte Auflage 4000 Exemplare Chefredakteurin Katja de Bragança Herausgeberin Bärbel Peschka
Katja de BragançaWeblink www.ohrenkuss.de ISSN 1439-5118 Ohrenkuss ...da rein, da raus ist ein Kulturmagazin, das von Menschen mit Down-Syndrom gemacht wird und in seiner Konzeption einzigartig ist. Präsentiert werden ausschließlich Texte und gegebenenfalls Illustrationen, die Menschen mit Down-Syndrom verfasst haben. Das Layout und die Fotos stammen von professionellen Journalisten.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Idee zu einem entsprechenden Magazin kam Katja de Bragança auf einem internationalen Kongress zum Thema Down-Syndrom im Jahre 1987 im Rahmen eines Vortrags über einen jungen Mann mit Down-Syndrom, der die Geschichte von Robin Hood nacherzählt. Zu dieser Zeit war man der Ansicht, Menschen mit Down-Syndrom seien generell unfähig, schreiben und lesen zu lernen.[1]
1998 bis 2000 leitete die promovierte Biologin de Bragança am Bonner Medizinhistorischen Institut ein Forschungsvorhaben, finanziert von der Volkswagenstiftung. Dessen Ausgangsfragen waren: „Wie erleben Menschen mit Down-Syndrom die Welt? Wie sieht die Welt Menschen mit Down-Syndrom? – Eine Gegenüberstellung“. De Braganças Anspruch war ein wissenschaftlich fundiertes Projekt, das trotzdem zeitgemäß sein sollte und in einer für die Öffentlichkeit sichtbaren und verständlichen Form präsentiert werden sollte.[2] Die Idee war, aus originellen und einzigartigen Texten von Menschen mit Down-Syndrom ein Magazin zu erstellen. Dies erschien als geeignetes Medium, um die Fähigkeiten und die Kreativität der Menschen mit Down-Syndrom auch einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln. Zugleich würde ein Magazin als Forum dazu dienen, das Potential von Menschen mit Down-Syndrom zu entwickeln und ihr Selbstbewusstsein zu stärken.
Der Titel der Zeitschrift Ohrenkuss … da rein, da raus entstand in einer der ersten Sitzungen. Ein Autor drückte de Bragança spontan einen Kuss auf das Ohr, woraufhin alle lachten und jemand rief: „Ein Ohrenkuss!“ Die Erklärung folgte sofort: „Man hört und sieht ganz vieles – das meiste davon geht zum einen Ohr hinein und sofort zum anderen Ohr wieder hinaus. Aber manches ist auch wichtig und bleibt im Kopf – das ist dann ein Ohrenkuss.“[3] Die Finanzierung durch die Volkswagenstiftung lief über einen Zeitraum von zwei Jahren. In diesem Rahmen entstanden die ersten vier Ausgaben des Ohrenkuss, einer Weiterführung des Magazins wurde aber von den Autorinnen und Autoren, de Bragança sowie den Lesern gewünscht.
Themen
Jede Ausgabe des Magazins hat ein bestimmtes Thema zum Gegenstand, z.B. Liebe, Essen, Arbeit, Musik, Sport, Lesen, Schreiben, Tiere, Mode, Wohnen und Traum. Die Themen werden in einer Redaktionssitzung von den Autoren selbst zur Diskussion gestellt und ausgewählt. Zur Recherche unternimmt das Ohrenkuss-Team häufig Exkursionen.
2005 reisten de Bragança und die Autorinnen Angela Fritzen und Veronika Hammel, begleitet von der GEO-Journalistin Susanne Krieg und dem Fotografen Michael Bause, in die Mongolei. Zu dieser Reise entstanden ein Ohrenkuss-Magazin „Mongolei“ (No. 15/2005) sowie ein ausführlicher Artikel in der GEO (8/2006).[4] Für die Ausgabe zum Thema „Mode“ (13/2004) wurden Ohrenkuss-Autoren modisch eingekleidet und von dem professionellen Fotografen Mathias Bothor abgelichtet. Für die Ausgabe „Luxus“ (18/2007) besuchte das Team das Historische Grüne Gewölbe in Dresden, für „Wohnen“ (16/2006) das Bauhaus Musterhaus Am Horn in Weimar. Im Rahmen des Themas „Jenseits von Gut und Böse“ (14/2005) war das Ohrenkuss-Team in der Gedenkstätte Buchenwald und verfasste emphatische Texte. Außerdem besuchte die Redaktion eine Ausstellung über Erwin Wurm im Kunstmuseum Bonn für das Thema „Du bist ein Mensch“ (25/2010) und das Arp-Museum Bahnhof Rolandseck für das Thema „Paradies“ (23/2009).
Redaktion
Die Redaktion hat ihren Sitz in Bonn, Redaktionssitzungen finden vierzehntäglich statt. Rund sechzehn Menschen mit Down-Syndrom zwischen 15 und 58 Jahren zählen zu den festen Autoren, die regelmäßig an den Sitzungen teilnehmen. Neben ihrer Tätigkeit bei Ohrenkuss gehen die Autoren beruflichen Tätigkeiten nach oder befinden sich noch in der (Schul-)Ausbildung.[2]
Die während der Redaktionssitzungen entstehenden Texte werden entweder selbst verfasst oder einer Schreibassistenz diktiert. Weder Rechtschreibung noch Inhalte werden korrigiert.[5] Zusätzlich zu den Bonner Redakteuren hat der Ohrenkuss rund 40 aktive Fernkorrespondenten in Österreich, der Schweiz und den USA, die ihre Beiträge zu den jeweiligen Themen an die Redaktion in Bonn senden. Die letzte Auswahl der Texte unterliegt einer Textredaktion, nur eine kleine Auswahl der verfassten Texte wird abgedruckt. Während der mindestens halbjährlichen Redaktionsarbeit der Bonner Autoren entstehen zahlreiche Texte, die sich im Laufe der Recherchezeit inhaltlich immer mehr verdichten. Der Schreibstil der Autoren wird oft als eigenwillig, phantasievoll und unverfälscht bezeichnet.[6]
Durch sein professionelles Layout hebt sich das Magazin von Publikationen aus dem Behindertenbereich ab. Fotografen und die Kölner Grafikerin Maya Hässig arbeiten an der ästhetischen Gestaltung, die Fotografien mit Illustrationen der Ohrenkuss-Redakteure kombiniert. Der Ohrenkuss verzichtet sowohl in der Online- als auch in der Printausgabe gänzlich auf Werbung.
Leserschaft
Zu den Abonnenten gehören unter anderem Menschen mit Down-Syndrom, deren Verwandte und Bekannte, Journalisten, Werbetexter, Künstler, Fotografen, Ärzte, Hebammen, Humangenetiker, Germanisten und Lehrer.
Das Wörterbuch
Zum zehnjährigen Bestehen des Magazins erschien im November 2008 das Ohrenkuss-Wörterbuch, das im Stil eines Nachschlagewerkes Texte und Fotografien der Redakteure versammelt. Für das Layout des Buches ist Jennifer Skupin (Design-Agentur KesselsKramer, Amsterdam) verantwortlich, verlegt wird es im Eigenverlag von den Herausgeberinnen Bärbel Peschka und Katja de Bragança. Für das Wörterbuch erhielt der Ohrenkuss 2010 unter anderem den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland.
Auszeichnungen
- 2010 Bundesverdienstkreuz am Bande für Katja de Bragança
- 2010 Designpreis der Bundesrepublik Deutschland 2011 in Silber für das Ohrenkuss-Wörterbuch
- 2009 Designpreis NRW: Dritter Preis für das Ohrenkuss-Wörterbuch
- 2009 BCP-Award Best of Corporate Publishing, Gold
- 2008 Nominiert: Shortlist der schönsten deutschen Bücher 2008
- 2008 Das Magazin Ohrenkuss im „Big book of Brochures“
- 2007 Gesundheitspreis pulsus, Kampagne des Jahres[7]
- 2007 Nominiert für den Goldenen Prometheus
- 2007 AstridAward – Internationaler Preis für gutes Design New York, Bronze
- 2006 BCP-Award Best of Corporate Publishing, Gold
- 2006 „Ausgewählter Ort 2006“, Land der Ideen
- 2006 Jugendkulturpreis NRW, 3. Preis
- 2005 Deutscher PR-Preis
- 2004 Oskar-Kuhn-Preis der BLEIB GESUND STIFTUNG, 1. Preis
- 2004 Ideenpreis der Körber-Stiftung
- 2004 BIENE-Award, Bronze
- 2004 Innovationspreis des Hausärzteverbandes Nordrhein
- 2000 Aktionsprogramm „PUSH – Dialog Wissenschaft und Gesellschaft“, Stifterverband für die deutsche Wissenschaft
- 1999 Förderpreis „Demokratie Leben“ des Deutschen Bundestags und der Initiative „Demokratie leben“
Weblinks
Presseberichte
- „Mongolisch ist mongolisch und klingt so wie mongolisch“ in „Aus Politik und Zeitgeschichte“ vom 7. Juni 2010
- „Die trotzdem Geborenen“ auf zeit.de am 12. März 2009
- „Die Welt mit fremden Augen“ – Bilderstrecke zum Ohrenkuss-Wörterbuch auf süddeutsche.de vom 24. Dezember 2008
- „Keine Zahlen, sondern Buchstaben: Ohrenkuss von A-Z“ auf faz.net am 2. Dezember 2008
- „Eine Seele mit vier Beinen“ auf spiegel-online.de vom 7. Dezember 2004
- „Einfach etwas anders“ auf berlinonline.de/berliner-zeitung vom 13. Oktober 2003
Einzelnachweise
- ↑ Aus einem Artikel der GEO vom 8. August 2006 , abgerufen am 5. September 2011
- ↑ a b Aus einem Interview von Spiegel Online mit Katja de Bragança vom 7. Dezember 2004, abgerufen am 5. September 2011
- ↑ Aus einem Artikel der Tageszeitung „Neues Deutschland“ vom 7. Januar 2006, abgerufen am 5. September 2011
- ↑ GEO, 8. August 2006: „Glücklich in der Steppe“, abgerufen am 31. August 2011; GEO online: „Wir gratulieren“, abgerufen am 5. September 2011
- ↑ Aus einem Artikel der Berliner Zeitung vom 13. Oktober 2003, abgerufen am 5. September 2011
- ↑ „Wer schreibt eigentlich für Ohrenkuss?“, abgerufen am 5. September 2011
- ↑ http://www.tk.de/tk/unternehmen-und-karriere/ueber-die-tk/gesundheitspreis-pulsus/149598
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