Open Government

Open Government

Open Government ist ein Synonym für die Öffnung von Regierung und Verwaltung gegenüber der Bevölkerung und der Wirtschaft. Dies kann zu mehr Transparenz, zu mehr Teilhabe, zu einer intensiveren Zusammenarbeit, zu mehr Innovation und zu einer Stärkung gemeinschaftlicher Belange beitragen. Im angelsächsischen Sprachraum hat sich für diese Entwicklung, die besonders von den Web 2.0-Technologien geprägt wird, die Bezeichnung „Open Government“ durchgesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Open Government

Open Government wird vor allem als ein Sammelbegriff für eine ganze Reihe unterschiedlicher Konzepte und Visionen verwendet, die sich mit bestimmten Facetten einer Öffnung von Staat und Verwaltung auseinandersetzen. Hierzu zählen Überlegungen zu:[1]

Öffnen sich Staat und Verwaltung in diesem Sinne gegenüber der Bevölkerung und der Wirtschaft, aber auch nach Innen, so kann dies zu mehr Transparenz, zu mehr Teilhabe, zu einer intensiveren Zusammenarbeit, zu mehr Innovation und zu einer Stärkung gemeinschaftlicher Belange beitragen. Eine solche Öffnung im Zeitalter des Web 2.0 mit mehreren Kommunikationskanälen und einem direkten Kontakt zwischen Verwaltung und Bürgerschaft, so die spanische EU-Ratspräsidentschaft in ihrer Granada Strategie 2010, könnte deren Transformation beschleunigen. Ein anzustrebendes Ziel sei daher die Errichtung eines laufenden Dialogs mit den Bürgern, um deren Bedürfnisse und Anforderungen zu verstehen und diese bei Entscheidungsfindungen zu berücksichtigen. Das erfordere eine offene, kooperative Zusammenarbeit der Verwaltung mit der Bevölkerung und verlange Transparenz und Offenheit bei all ihren Entscheidungen und Handlungen. Dies bedingt einen kulturellen Wandel in den Köpfen, damit der öffentliche Sektor eine offene, für die Bürger verständliche Organisation wird, einen organisatorischen Wandel, um sich an den neuen Anforderungen zu orientieren und ein vertikales Mehrkanalmanagement, um niemanden auszuschließen [2].[3]

Nutzen

Historische Entwicklung

Für diese Öffnung von Staat und Verwaltung hat sich im angelsächsischen Sprachraum die Bezeichnung „Open Government“ durchgesetzt. Vorreiter für diesen Verwaltungskulturwandel ist der neu gewählte US-Präsident Barack Obama. Noch am Tage seiner Amtseinführung im Januar 2009 hat er im Memorandum „Transparency and Open Government“ die neuen verwaltungsstrategischen Grundpfeiler seiner Präsidentschaft verkündet [5]:

  • Regierung und Verwaltung sollen transparent sein.
    • Transparenz stärkt das Pflichtbewusstsein und liefert den Bürgern Informationen darüber, was ihre Regierung und ihre Verwaltung derzeit machen.
  • Regierung und Verwaltung sollen partizipativ sein.
    • Partizipation verstärkt die Effektivität von Regierung und Verwaltung und verbessert die Qualität ihrer Entscheidungen, indem das weit verstreute Wissen der Gesellschaft in die Entscheidungsfindung mit eingebunden wird.
  • Regierung und Verwaltung sollen kollaborativ sein.
    • Kollaboration bietet innovative Werkzeuge, Methoden und Systeme, um die Zusammenarbeit über alle Verwaltungsebenen hinweg und mit dem privaten Sektor zu forcieren.

Durch diese strategischen Vorgaben zu mehr Offenheit, die die Demokratie stärken und Effizienz und Effektivität in Regierung und Verwaltung erhöhen soll, bekommen Transparenz, Teilhabe und Zusammenarbeit einen hohen Stellenwert. Diese Vorgaben entstanden nicht spontan, sondern sind das Ergebnis einer über mehrere Jahrzehnte andauernden Entwicklung, die Barack Obama auf Grund eigener Überzeugung aufgriff. Bei seiner Wahl zum US-Präsidenten profitierte er besonders von den Web 2.0-Technologien, die es ihm ermöglichten, Unterstützer zu mobilisieren und Wähler zur Abstimmung zu bewegen. Diese neuen Arten der sozialen Interaktion funktionieren allerdings nur, wenn sie transparent sind (wenn sich die Nutzer sicher sind, dass sie offensichtlich nicht ausgenutzt werden und sinnvolle Zwecke verfolgt werden), wenn sie partizipativ sind (wenn die Nutzer das Gefühl haben, mitgestalten zu können) und wenn sie kollaborativ sind (wenn Aufgaben so aufgeteilt werden können, dass einzelne Nutzer mit einem kleinen Beitrag das gemeinsame Projekt vorantreiben können) [6][7]. [8]

In den USA, Großbritannien, Australien und in Neuseeland haben die nationalen Regierungen das Potential einer vernetzten aktiven Bürgergesellschaft erkannt und Open Government 2009 zu einem wichtigen Pfeiler ihrer Verwaltungs- und Innenpolitik gemacht. Offenheit, Transparenz, Partizipation, Kollaboration, Innovation, Öffnung frei verfügbarer Daten, offene Standards und Schnittstellen sowie quelloffene Software prägen diesen kulturellen Wandel, der durch ein neues partnerschaftliches Verhältnis zum Bürger geprägt ist und mit dem neues Vertrauen aufgebaut werden kann.[9]

Open Government und Deutschland

Eine Öffnung von Staat und Verwaltung im Sinne von Open Government wäre in Deutschland technisch möglich. E-Government und insbesondere die Web 2.0-Technologien tragen bereits heute dazu bei, mit „Transparenz 2.0“, „Partizipation 2.0“ und „Kollaboration 2.0“ bewährte Konzepte für Staat und Verwaltung weiter zu entwickeln. Freie Information, Partizipation, Rechenschaft und offene Kommunikation prägen die Bundesrepublik Deutschland seit Jahrzehnten. Mittlerweile lassen sich über das Internet Verwaltungsinformationen in Echtzeit publizieren und weltweit abrufen. Portale ermöglichen die Bündelung und Aufbereitung verteilter Datenbestände in Tabellen, Berichten, Charts und Karten. Durch diesen gezielten Einsatz von Informationstechnologien lassen sich neuartige Informationsangebote und Abläufe generieren, die erheblich zur Transparenz in Staat und Verwaltung beitragen. Web 2.0-Technologien eröffnen eine verstärkte partizipative Einbindung der Bevölkerung und neuartige kollaborative Formen der Zusammenarbeit. Der wirtschaftliche Wert der Datenbestände des öffentlichen Sektors wird zudem zunehmend als nationales Gut erkannt.[10]

Politisch würde eine Öffnung im Sinne von Open Government das Regieren und das Verwalten verändern. Allein durch die Bereitstellung leicht bedienbarer Anwendungen und Dienste wird sich das bisherige Verständnis von und der Umgang mit Transparenz, Teilhabe und Zusammenarbeit in Politik und Verwaltung weiter entwickeln. Schließlich stehen viele dieser Web 2.0-Technologien bereits heute allen Interessierten zur Verfügung. Zudem werden sie laufend verbessert. Durch die intensivere Einbindung der Bevölkerung und eine offene Informationspolitik lässt sich das Vertrauen der Bürger in staatliche Institutionen und in die gewählten Repräsentanten steigern und die Innovationskraft erhöhen. Eine Öffnung muss aber von den Führungskräften und den Politikern politisch gewollt werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass nach den ersten Konflikten, nach verbalen oder realen Aggressionen ein Engagement durch ein Machtwort beendet wird. Insbesondere für Politiker könnte eine Öffnung mit Repräsentationsverlusten verbunden sein. Sie werden daher eine sorgsame Abwägung fordern, unter besonderer Berücksichtigung ihrer künftigen eigenen Rolle, eines denkbaren Populismus und der Privilegierung Einzelner, die sich im Umgang mit Web 2.0-Technologien besonders auskennen. Im Kern geht es um die politisch zu diskutierende Frage, inwieweit sich Staat und Verwaltung gegenüber Bürgern, Unternehmen und Verbänden überhaupt öffnen wollen. Eine Öffnung bedeutet eben nicht nur im technischen Sinne mehr Interoperabilität durch offene Daten, Standards, Schnittstellen und quelloffene Software. Vielmehr geht es um die verwaltungspolitische Linie im Sinne von Bürger- und Adressatenorientierung, um eine neue Verantwortungsteilung zwischen Politik, Staat, Wirtschaft und Bürgergesellschaft in Zeiten leerer Kassen sowie um die Gestaltung neuartiger, organisationsübergreifender Prozess- und Wertschöpfungsketten auf Grundlage offener elektronischer Kommunikationssysteme.[11]

Quelle

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jörn von Lucke: Open Government - Öffnung von Staat und Verwaltung, Deutsche Telekom Institute for Connected Cities, Zeppelin University gGmbH, Friedrichshafen 2010, S. 3.
  2. In Anlehnung an Ministerio de Industria, Turismo y Comercio: Spanish Proposal for a Digital Europe: The Granada Strategy, Granada 2010, S. 26 f.
  3. Jörn von Lucke: Open Government - Öffnung von Staat und Verwaltung, Deutsche Telekom Institute for Connected Cities, Zeppelin University gGmbH, Friedrichshafen 2010, S. 2.
  4. Jörn von Lucke: Open Government - Öffnung von Staat und Verwaltung, Deutsche Telekom Institute for Connected Cities, Zeppelin University gGmbH, Friedrichshafen 2010, S. 19.
  5. Barack Obama: Memorandum for the Heads of Executive Departments and Agencies - SUBJECT: Transparency and Open Government, in: General Services Administration: Transparency and Open Government, Intergovernmental Solutions Division, GSA Office of Citizens Services and Communications, Washington DC 2009, S. 4.
  6. Philipp Müller: Von Facebook lernen - Transparenz, Partizipation, Kollaboration: Bürger machen ihre Verwaltung, in: Wiener Zeitung – Verwaltung Innovativ, 23. Juni 2009, S. 9
  7. Jörn von Lucke: Transparenz 2.0 - Transparenz durch E-Government, in: Verwaltung & Management, 15. Jahrgang, Heft 6, Nomos Verlag, Baden-Baden 2009, S. 329
  8. Jörn von Lucke: Open Government - Öffnung von Staat und Verwaltung, Deutsche Telekom Institute for Connected Cities, Zeppelin University gGmbH, Friedrichshafen 2010, S. 2 f.
  9. Jörn von Lucke: Open Government - Öffnung von Staat und Verwaltung, Deutsche Telekom Institute for Connected Cities, Zeppelin University gGmbH, Friedrichshafen 2010, S. 1.
  10. Jörn von Lucke: Open Government - Öffnung von Staat und Verwaltung, Deutsche Telekom Institute for Connected Cities, Zeppelin University gGmbH, Friedrichshafen 2010, S. 18 f.
  11. Jörn von Lucke: Open Government - Öffnung von Staat und Verwaltung, Deutsche Telekom Institute for Connected Cities, Zeppelin University gGmbH, Friedrichshafen 2010, S. 19.

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