Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung

Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung

Die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung vertritt nach ihrem Selbstverständnis die Interessen der Schwerstkranken und Sterbenden. Sie unterstützt bundesweit Betroffene und Angehörige dabei, ihnen zustehende Rechte einzufordern, durchzusetzen und so ihre Selbstbestimmung zu wahren. Außerdem nimmt sie Einfluss auf Politik, Krankenkassen und Leistungserbringer, um das Gesundheitswesen im Interesse der Schwerstkranken und Sterbenden kontinuierlich zu verbessern.[1]

Gegründet wurde die Deutsche Hospiz Stiftung 1995 durch den Malteserorden, der eine Anschubfinanzierung geleistet hat. Heute finanziert sich die Stiftung ausschließlich aus Zinsen ihres Vermögens, Spenden und Beiträgen ihrer über 55.000 Mitglieder und Förderer. Sie verzichtet, um unabhängig zu sein, komplett auf öffentliche Gelder.

Im Jahr 2009 benannte sich die Deutsche Hospiz Stiftung in Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung um. Der neue Name soll unterstreichen, dass die Stiftung weder Dachverband noch Interessensvertretung hospizlicher Einrichtungen ist, sondern Sprecherin schwerstkranker Menschen. Die Patientenschutzorganisation begreift "Hospiz" nicht bloß als bestimmten Ort, sondern vor allem als Synonym für Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende.[2]

Inhaltsverzeichnis

Ziele und Forderungen

Jährlich sterben in Deutschland circa 800.000 Menschen. Etwa 60 Prozent von ihnen, also rund 500.000 Menschen, würden nach Angaben der Stiftung in ihren letzten Wochen, Monaten und Jahren professionelle Schmerzmedizin, menschliche Zuwendung und spezialisierte Pflege - also palliative Angebote - benötigen. Tatsächlich wurden zuletzt lediglich 23.000 Menschen in einem Hospiz begleitet, und nur 44.000 fanden Aufnahme auf einer Palliativstation. Knapp 4.000 Menschen wurden von einem spezialisierten ambulanten Palliativteam versorgt. Weitere 39.000 Menschen erhielten Unterstützung von ambulanten Hospizdiensten.[3]

Aufgrund dieses Missverhältnisses fordert die Stiftung, nicht allein auf mehr Hospize und Palliativstationen zu setzen, sondern einen grundlegenden Wandel in der Gesundheitsversorgung der Betroffenen herbeizuführen. Dringend benötigt würden "mobile palliative medizinische und pflegerische Teams, die dort im Einsatz sind, wo tatsächlich gestorben wird – in Pflegeheimen, Krankenhäusern und zu Hause". Zusätzlich müssten die Angebote der bestehenden Einrichtungen des Gesundheitswesens auf die besonderen Bedürfnisse der Betroffenen ausgerichtet werden. Genug Geld dazu sei vorhanden: Schließlich würde bereits heute die Hälfte der jährlichen Gesundheitsausgaben (Gesamthöhe 263 Milliarden Euro im Jahr 2008) für Menschen in ihren letzten zwölf Lebensmonaten ausgegeben. Dieses Geld werde allerdings momentan vielfach nicht sinnvoll verwendet.[4]

Im Einzelnen fordert die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung:[5]

  • Pflegeheime sollen eigene Ärzte beschäftigen. Auf diese Weise könnten Bewohner besser versorgt und unnötige Krankenhausaufenthalte verhindert werden.
  • Besonders für demenziell Erkrankte müsste ein höherer pflegerischer und ärztlicher Betreuungsaufwand abrechenbar werden. Die derzeit von der Pflegekasse gewährte Pauschale gemäß § 45 SGB XI erachten die Patientenschützer als zu niedrig.
  • Bei pflegerischen Defiziten müssten Täter und Träger der Einrichtung zivilrechtlich haftbar gemacht werden. Ein Dienstleistungshaftpflicht-Gesetz, das sich am Verbraucherschutz orientiert, ist nach Ansicht der Stiftung deshalb dringend erforderlich.
  • Pflegeheimbewohnern sollte es möglich sein, in einem stationären Hospiz Aufnahme zu finden.
  • Stationären Hospizen müsste es möglich werden, Ärzte anzustellen.
  • Der Rechtsanspruch auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung, der seit April 2007 besteht, müsste endlich flächendeckend umgesetzt werden. Vielerorts ist der Stiftung zufolge noch nicht einmal die Basisversorgung geschaffen, auf die die spezialisierte Versorgung aufbauen soll.
  • Die Deutsche Hospiz Stiftung ist der Ansicht, dass das 2009 nach jahrelanger Debatte in Kraft getretene Patientenverfügungsgesetz nicht die nötige Balance zwischen Selbstbestimmung und Fürsorgepflicht des Staates erreicht. Deshalb bedürfe es einer Ergänzung: Sowohl eine Beratungs- als auch eine Aktualisierungspflicht seien notwendig.
  • Die Stiftung setzt sich dafür ein, dass aktive Sterbehilfe weiterhin ein Straftatbestand bleibt.
  • Sie fordert, dass organisierte Suizidbeihilfe durch eine entsprechende Strafvorschrift im Strafgesetzbuch verboten wird.

Leistungen und Angebote

  • Patientenschutztelefon: An das Patientenschutztelefon der Deutschen Hospiz Stiftung können sich Menschen wenden, die Fragen rund um die Themen Selbstbestimmung und Aufenthalt im Pflegefall, Vorsorge und Sterbebegleitung haben, oder die dringend Hilfe benötigen, weil sich zum Beispiel eine Krankenkasse weigert, die Kosten für palliative Versorgung zu übernehmen oder weil es Konflikte mit einem Pflegeheim gibt. Dieser Dienst ist kostenlos.[6]
  • Schiedsstelle Patientenverfügung: Im Falle von Konflikten rund um Vorsorgedokumente bietet die Stiftung den Service ihrer Schiedsstelle Patientenverfügung an. Im Vorfeld gerichtlicher Auseinandersetzung können sich sowohl Ärzte als auch Angehörige gebührenfrei beraten und strittige Dokumente prüfen lassen. Je nach Bedarf reicht die Hilfestellung der Stiftung von der telefonischen Beratung über die Erstellung von Gutachten bis hin zur Mediation vor Ort.[7]
  • Medizinische Patientenanwaltschaft: Um für den Fall eventuell zukünftig auftretender Einwilligungsunfähigkeit vorzusorgen, hat die Stiftung mit der "Medizinischen Patientenanwaltschaft" ein umfassendes Konzept entwickelt, zu dem neben Patientenverfügung auch Vorsorgevollmacht für Gesundheitssorge und Betreuungsverfügung gehören. Mitglieder des Fördervereins der Stiftung können sich gebührenfrei individuelle Vorsorgedokumente erstellen lassen.[8] Im Jahr 2009 wurden laut Angaben der Stiftung rund solcher 7.800 Vorsorge-Beratungsgespräche geführt.[9]
  • Bundeszentralregister Willenserklärung: Das "Bundeszentralregister Willenserklärung" ist ein deutschlandweites Registrierungssystem für Vorsorgedokumente wie die Patientenverfügung oder Vorsorgevollmachten für Gesundheitssorge. Mitglieder des Fördervereins der Stiftung können ihre Vorsorgedokumente hier gebührenfrei registrieren lassen, so dass Bevollmächtigte und behandelnde Ärzte im Ernstfall darauf Zugriff haben.[10] Über die Vermittlung des Dokumentes selbst hinaus, kann die Stiftung auch als Patientenanwalt auftreten, da auch die komplette Entwicklungsgeschichte des Dokumentes archiviert wird.
  • Politische Interessensvertretung: Die Stiftung ist auch auf politischer und gesellschaftlicher Ebene tätig, um die Situation für Schwerstkranke und Sterbende grundsätzlich zu verbessern. Sie entwickelt konkrete Vorschläge zur Umstrukturierung des Gesundheitswesens im Sinne einer umfassenden, professionellen Begleitung der Betroffenen und berät Politiker, Behörden und Fachleute.
  • Informationsarbeit: Um öffentlichen Druck zu erzeugen, macht die Stiftung fortlaufend auf Missstände aufmerksam.[11] Außerdem gibt sie die Informationsdienste "Hospiz Info Brief"[12] und "Hospiz Patientenschutz Aktuell" sowie die Publikation "Hospiz bewegt" heraus.

Wichtige Erfolge

  • In der Phase der Etablierung des Hospiz-Konzeptes und der Palliative-Care-Versorgung hat die Stiftung Hospizeinrichtungen mit Millionenbeträgen direkt unterstützt. Für die Arbeit ambulanter Hospizdienste und stationärer Hospize sind inzwischen staatliche Finanzierungs- und Förderungsmöglichkeiten entstanden. In einem Ministergespräch 1996 wurde die gesetzliche Teilfinanzierung von Hospizen auf den Weg gebracht und 1997 vom Bundestag verabschiedet. Die finanzielle und politische Förderung der Deutschen Hospiz Stiftung hat vielen Hospizeinrichtungen geholfen.
  • 1998 stellte der damalige stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Hospiz Stiftung, Michael Wirtz, die Grünenthal-Stiftung für Palliativmedizin vor. Damit wurde der Grundstock für den palliativmedizinischen Lehrstuhl an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen gelegt.
  • Im Jahr 2007 hat der Gesetzgeber einen Rechtsanspruch auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung für jeden Versicherten festgeschrieben. Dazu wurden Vorschläge aus einem Entwurf für ein Palliativleistungsgesetz der Deutschen Hospiz Stiftung[13] aufgegriffen.
  • Am 18. Juni 2009 hat der Bundestag ein Patientenverfügungsgesetz beschlossen. Bereits vier Jahre vorher hatte die Stiftung einen eigenen Gesetzentwurf[14] präsentiert. Auch wenn nicht alle inhaltlichen Forderungen erfüllt wurden, so zeigt sich die Stiftung zumindest dahingehend zufrieden, dass durch das Gesetz wenigstens Leitplanken eingezogen sind, an denen sich Betroffene, Angehörige, Ärzte und Vormundschaftsrichter orientieren können. Insbesondere wurden die Vorschläge für die inhaltliche Gestaltung einer Patientenverfügung durch das Gesetz realisiert.
  • Eine weitere wichtige Stiftungs-Forderung ist 2009 Gesetz geworden: Von keinem gesetzlich versicherten Patienten darf mehr ein Eigenanteil für seinen Aufenthalt in einem stationären Hospiz verlangt werden. Seit August 2009 übernehmen die Krankenkassen 90 Prozent der Kosten. Den übrigen Anteil tragen die Hospize auf eigenen Wunsch selbst.

Auszeichnungen

  • Courage-Preis (September 1999)
1999 wurde Uschi Glas als Schirmherrin der Deutschen Hospiz Stiftung mit dem Courage-Preis geehrt, der in der niedersächsischen Stadt Bad Iburg an Personen und Einrichtungen verliehen wird, die sich um das Gemeinwohl verdient gemacht haben.[15]
  • "Brisant"-Preis (September 2005)
2005 erhielt Uschi Glas, die Schirmherrin der Deutschen Hospiz Stiftung, den Medienpreis "Brisant Brillant", der vom ARD-Boulevardmagazins Brisant vergeben wird.[16]
  • Arnold-Janssen-Preis (Mai 2008)
2008 wurde die Deutsche Hospiz Stiftung für ihren "couragierten Einsatz (...) für die Förderung des Hospizgedankens, eine stärkere Verbreitung der modernen Palliativmedizin sowie eines Sterbens in Würde"[17] mit dem Arnold-Janssen-Preis der Stadt Goch ausgezeichnet.
  • Springer Charity-Award (Oktober 2009)
Im Oktober 2009 hat die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung gemeinsam mit der Deutschen KinderKrebshilfe den in diesem Jahr erstmals verliehenen „Charity-Award“ des Springer-Fachverlags gewonnen. Unter zehn nominierten gemeinnützigen Organisationen wählten die Leser der medizinischen Zeitschriften des Verlags die Stiftung aus, um sie für ihr soziales Engagement zu ehren.[18]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung: Was sie ist, was sie tut und woher sie kommt. Dortmund, 2009. S. 1
  2. Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung: Pressemitteilung 45-09. 15. Dezember 2009. http://www.hospize.de/servicepresse/2009/mitteilung390.html
  3. Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung: HPCV Studie 2010. Hospizliche Begleitung und Palliative-Care-Versorgung in Deutschland. Dortmund, 2010. http://www.hospize.de/docs/hib/HPCV-Studie%202010.pdf
  4. Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung: Pressemitteilung 38-09. 15. Oktober 2009. http://www.hospize.de/servicepresse/2009/mitteilung386.html
  5. Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung: Unsere Ziele – die Weichen für die Zukunft richtig stellen. Dortmund, 2009.
  6. http://www.hospize.de/servicepresse/2010/mitteilung391.html
  7. http://www.n24.de/news/newsitem_5159453.html
  8. http://www.hospize.de/service/patientenverfuegung.html
  9. http://www.hospize.de/servicepresse/2010/mitteilung391.html
  10. http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&id=61868
  11. http://www.hospize.de/servicepresse/mitteilungen.html
  12. http://www.hospize.de/servicehospizdienste/hospizinfobrief.html
  13. http://www.hospize.de/docs/stellungnahmen/gesetz_02.pdf
  14. http://www.hospize.de/docs/stellungnahmen/gesetz_01.pdf
  15. http://www.komitee-courage.de/index.php?id=21
  16. http://www.abendblatt.de/kultur-live/article350578/Brisant-Preis-fuer-Uschi-Glas-und-Ruth-Maria-Kubitschek.html
  17. Georg Kaster (Hg.): Sterben - an der oder durch die Hand des Menschen? Dokumentation der 3. Internationalen Gocher Gespräche. dialogverlag. Münster, 2009. S. 226
  18. http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/herzkreislauf/herzinfarkt/article/571430/galenus-preis-charity-award-verliehen.html?sh=1&h=-1096411646

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