Schallgefäß

Schallgefäß

Schallgefäße (engl.: acoustic jars; franz.: vases acoustiques) nennt man nach Vitruv (um 20 v. Chr.) und seiner Schrift „De architectura libri decem“ (Zehn Bücher über Architektur) die in einem antiken Theater mit gestuften Sitzreihen unter den Sitzen aufgestellten Gefäße aus Bronze oder Ton verschiedener Größe und Form. Nach Vitruv sollen diese Gefäße den Schall verstärken und die Verständlichkeit verbessern. Er beschreibt dies in Buch V Kapitel V seines Werkes.[1] Nach heutiger Sicht wirken diese Gefäße wie Helmholtz-Resonatoren und sind nachhallverlängernd, ein Effekt, wie er bei antiken Freilufttheatern mit ihren extrem kurzen Nachallzeiten sehr erwünscht war. Archäologische Untersuchungen von Arns und Crawford aus den 1990er Jahren fanden zwar in einigen antiken Theatern im griechisch/römischen Kulturbereich Indizien für die Existenz von Schallgefäßen in der Antike[2], aber es konnte kein unwiderlegbarer Beweis erbracht werden.

Inhaltsverzeichnis

Anwendung im Mittelalter

Auch in vielen mittelalterlichen Kirchen in ganz Europa findet man in die Wände des Chores oder des Langhauses eingemauerte Schallgefäße mit der Öffnung zum Kirchenraum. Dort ist die Wirkung der Gefäße eine andere, da die Kirchen Räume mit relativ großer Nachhallzeit sind. Die Gefäße wirken in diesen Räumen nachhallzeitverkürzend, also ebenfalls ein wünschenswerter Effekt. In osmanischen Moscheen wurden ebenfalls vergleichbare Klangkörper entdeckt Die Baumeister mittelalterlicher Kirchen kannten aus den Klosterbibliotheken die Schrift von Vitruv. Ohne die genaue akustische Funktion dieser Gefäße im Mittelalter zu erkennen - die Wissenschaft von der Akustik gab es in der heutigen Form noch nicht - war ihre Verwendung in den Kirchen durch die Baumeister in erster Linie ein architektonisches Erbe der Antike.

Literatur

  • Paul Thielscher: Die Schallgefäße des antiken Theaters. In: Horst Kusch (Hrsg.): Festschrift Franz Dornseiff zum 65. Geburtstag. Leipzig 1953, S. 334-371.
  • Victor Desarnaulds und Yves Loerincik: Vases acoustiques dans les églises du Moyen Age. Mittelalter. Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins 6 (2001) H.3, S. 65 - 72.
  • Robert G. Arns und Bret E. Crawford: Resonant Cavities in the History of Architectural Acoustics. In: Technology and Culture, V ol 36, No. 1, 1995 .
  • Bernhard Floch: Microphones and Megaphones in the Roman World. In: The Classical Weekly, V ol. 37, No. 5, 1943, Seite 51-53.
  • Mutbul Kayili, Acoustic Solutions in Classic Ottoman Architecture, Manchester 2005.
  • J.G.Landels: Assisted Resonance in Ancient Theatres. In: Greece & Rome, Second Series, V ol. 14, No. 1, 1967, Seite 80-94.
  • Richard Stillwell: Volume II, The Theatre. In: The American School Of Classical Studies At Athens (Hsrg.): Corinth, Results Of Excavations, New Jersey 1952.
  • Paul Thielscher: Vitruv und die Lehre von der Ausbreitung des Schalles, Das Altertum 4, 1958. Seite 222-228.

Einzelnachweise

  1. http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/vitruvius1796a/0255
  2. Robert G. Arns und Bret E. Crawford: Resonant Cavities in the History of Architectural Acoustics. In: Technology and Culture, Vol 36, No. 1, 1995

Weblinks

 Wikisource: "De architectura libri decem" – Quellen und Volltexte (Latein)

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  • Echeion — (gr. Ant.), 1) Schallgefäß; bes. 2) Vorkehrung auf dem Theater zur Verstärkung des Schalles, s.u. Theater, auch die Donnermaschine, s. Bronteion …   Pierer's Universal-Lexikon

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