Schloss Rethmar

Schloss Rethmar
Haus Rethmar, 1988

Schloss Rethmar liegt in dem kleinen Dorf Rethmar bei Sehnde östlich von Hannover.

Geschichte

Bauherren der ehemaligen kleinen Burg, des „festen Hauses zu Rethmare“, waren die begüterte und einflussreiche Familiensippe derer von Rautenberg oder Rutenberg, deren Turmhügelburg im Dorf Rautenberg nahe Hildesheim in einer für sie verlorenen Fehde gegen den Bischof unterging.

Die Familie zog dann nach und nach aus dem Machtbereich des Hildesheimer Bischofs über die Bistumsgrenze hinweg in das benachbarte welfische Gebiet in das damals schon bestehende Dorf Rethmar. Umfangreiche Untersuchungen und Messungen in den noch bestehenden Schlosskellern ergaben, dass diese zwischen 1150 und 1200 gebaut wurden.

1332 taucht ein erster schriftlicher Hinweis auf dieses „feste Hus to Rethmare“, von Sumpf und Wasser umgeben, auf. Ein Sturmangriff als Folge einer Fehde um die Nachfolge auf dem Hildesheimer Bischofsstuhl wird angekündigt. Von einem Teil der Domkapitulare war der Sohn Albrecht des Feisten, Herzogs zu Wolfenbüttel als Bischof Heinrich III gewählt worden. Papst Johannes XXII ernannte jedoch als Gegenbischof den Sohn des Grafen von Schaumburg. Mit diesem verbündeten sich die Rutenbergs und schlossen dazu einen Beistandspakt mit dem Rat der Stadt Hildesheim, der ebenfalls gegen ihren amtierenden Bischof eingestellt war.

Schloss Rethmar ca. 1300 (Skizze)

Zu dieser Zeit bestand die kleine Burg in Rethmar aus einem Wehrturm mit 2–3 angrenzenden Gebäuden, mitten in Wasser und Sumpf gelegen. Rethmar steht auf einer dicken Tonschicht, die – leicht nach Süden geneigt – alles Oberflächenwasser in eine Senke, die „dune Aue“ führt, die zu damaliger Zeit auch den heutigen Schlosspark umfasste. Hier musste nur ein kurzes Stück Burggraben geschaufelt werden. Eine lange Brücke aus Holzbohlen, ein „gedeckter Gang“, führte von Norden her zu der Burg, landseitig war er durch einen zweiten Turm als Brückenkopf gesichert. Es ist dies der heutige Kirchturm, dessen Kellerfundamente (nach der Thermolumineszenz-Analyse des Fraunhofer-Instituts) noch aus der Burgenzeit stammen, während die Kirche jünger ist. Vermutlich waren auch die frühen Hofgebäude der Rutenbergs an der Stelle des heutigen Pfarrhofes.

Erst als die Streitigkeiten gegen Bischof Heinrich III mit dessen Tod 1348 endeten, konnte sich ein Burghof nach Süden in die morastige Marsch hin zu einer Vorburg entwickeln, ein landwirtschaftlicher Gutshof, heute ein Gastronomieunternehmen.

Durch Um- und Anbauten wurde die alte Burg im Laufe der Jahrhunderte immer verwinkelter, und um 1530 begann man mit einem völlig neuen Baukörper, dem heutigen Westflügel, der damals noch einen Treppenturm hatte und mit seinen Westmauern bis an den Burggraben heranreichte. Zum Ehrenhof hin ist ein Sandsteinportal mit Hermenpilastern, dem Allianzwappen Rutenberg-Steinberg und der Jahreszahl 1575 erhalten geblieben.

Die Familie von Rutenberg besaß zeitweise neben Haus Rethmar große Ländereien in der gesamten Region und verfügte über einen erheblichen Einfluss bei den Hildesheimer Bischöfen und an den welfischen Höfen in Braunschweig, Celle und Lüneburg. In Hildesheim besaß sie den um 1509 errichteten Rautenbergschen Hof an der Ecke Michaelisplatz / Langer Hagen, einen hochgestaffelten Fachwerkbau, der 1945 zerstört wurde. Nach dem Tod aller männlichen Nachkommen der Familie fiel Haus Rethmar 1647 an den Sohn der letzten weiblichen Rutenberg, Philipp Samson Edler Herr von und zu Eltz, dessen Vater im Dreißigjährigen Krieg von der Mosel nach Niedersachsen gelangt war. In dieser Familie blieben Gut und Schloss drei Generationen, der Letzte, Philipp Adam zu Eltz, starb unverheiratet. Dieser, kurfürstlicher Hofmeister und zeitweise Siegelverwahrer, war Erzieher Georgs II. und später als Großvogt von Celle zuständiger Minister für die Provinz Lüneburg. Mit drei weiteren Edelleuten war er 1694 am Verschwinden des Grafen Königsmarck beteiligt, einem „Staatsmord“, der viel Aufsehen erregte.

Schloss Rethmar (ca. 1710)

Eltz hatte aufgrund seiner Hof- und Regierungsämter die Mittel, den langgestreckten Renaissancebau nebst einigen Überresten der romanischen Burg seiner Vorfahren zu einem Schloss zu erweitern, einer zeittypischen barocken Dreiflügelanlage. 1710 war das neue Haupthaus auf den Kellern der alten Burg errichtet, diese Jahreszahl befindet sich nebst dem Eltz’schen Wappen in Sandstein über dem Hauptportal. Der Westflügel war modernisiert worden, wobei der Treppenturm abgetragen und das hohe Satteldach durch ein flacheres Walmdach ersetzt wurde. Es folgte der Neubau des Ostflügels. 1727 fielen Gut und Schloss an Freiherrn Georg Anton von Hardenberg auf Wiederstedt, der verheiratet war mit der Schwester des verstorbenen Eltz, welchen man in einem – noch erhaltenen – Prunksarg in der Crypta Eltziana der Kirche beigesetzt hatte. Ihm folgte sein Sohn, der das Allianzwappen Hardenberg-Steinberg über dem Gartenportal des Haupthauses anbringen ließ, dann – zwei Generationen später – ging der Besitz an die Familie von dem Bussche-Lohe über, da eine andere Schwester des letzten Eltz einen Bussche geheiratet hatte. Ab 1815 war das Gut verpachtet, bis es 1850 nach einem Konkurs von Herrn August Ernst erworben wurde. Damit war eine über 600jährige Familienfolge, wenn auch unter verschiedenen Namen, zu Ende gegangen.

Unter der Familie Ernst besserte sich zunächst die wirtschaftliche Lage, im Schloss sind noch dekorative Deckenmalereien aus dieser Zeit erhalten. Jedoch verkaufte 1872 die Witwe Ernst den Besitz an Rafael von Uslar, der in Südamerika sein Vermögen gemacht hatte, aber auch nicht lange blieb. Bereits 1885 kaufte Graf Schulenburg-Wolfsburg das Gut für seinen jüngsten Sohn. Auch der tat sich schwer mit der Bewirtschaftung der schweren Böden und geriet in Schwierigkeiten. 1907 wurde alles weiterverkauft an Herrn Carl Sohnemann, der jedoch bald darauf starb. Seine Witwe verkaufte 1918 an die Brüder Sonnenberg aus Peine.

Mit großer Tüchtigkeit wurde die Landwirtschaft modernisiert und einer der Brüder renovierte das leerstehende und langsam verfallende Schloss. Nach dem Tode der ersten Generation folgte der Schwiegersohn Fritz Voigtländer, ein anerkannt guter Landwirt. Es kamen die Jahre des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit, die dem Schloss nicht gut taten. Nach dem Tode von Fritz Voigtländer wurde es, auch auf Drängen des Denkmalschutzes, von der Erbengemeinschaft verkauft.

Gegenwart

Schloss Rethmar

Das Schloss mit einer Reihe von Nebengebäuden wurde 1986 von Rüdiger Freiherr von Wackerbarth und seiner Familie erworben. Wie sich erwies, waren die Wackerbarths bereits im 15. Jahrhundert mit den Rutenbergs verschwägert gewesen. Schloss und Nebengebäude wurden nun umfassend wiederhergestellt, das gesamte Gebäudeensemble zu einem bevorzugten Wohnareal ausgebaut.

West- und Ostflügel enthalten nun große moderne Wohnungen, wobei im Renaissancetrakt Balkendecken, geschnitzte Holzsäulen, Sitznischen, ein Spülstein und ein Brunnen freigelegt wurden. Im Haupthaus führt von der eindrucksvollen Empfangshalle der mit Gemälden geschmückte Treppenaufgang, unverändert seit über 300 Jahren, in das Obergeschoss mit dem Wintersaal. Dieser ist mit seinen Deckenmalereien und Kachelöfen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts erhalten geblieben und restauriert worden. Darunter befindet sich der Gartensaal, in dem regelmäßig Konzerte stattfinden. Auch der kleine Park – unter Natur- und Denkmalschutz stehend – mit dem barocken Kutscherhaus wurde in Pflege genommen. Zum ehemaligen Wirtschaftshof des Gutes schließt ein Orangeriegebäude den Ehrenhof ab, Winterquartier für südländische Pflanzen, die in der Sommerzeit den Park schmücken.

Über die Gutsstraße hinweg nach Westen ist aus den alten Wirtschaftsgebäuden des Gutes ein Gartenhof-Ensemble mit vermieteten Wohnungen entstanden. „Haus Rethmar“, das Schloss, ist also in dieser Generation zu einem eigenständigen Wirtschaftsunternehmen geworden, abgegrenzt zur Nachbarschaft und bedacht darauf, seine historische Schönheit zu erhalten.

Weblinks

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