Schuhläufer-Kommando

Schuhläufer-Kommando
Teilstrecke für das Schuhläufer-Kommando
Einweisung eines Homosexuellen in das KZ Sachsenhausen und Zuteilung zur „Strafkompanie Schuhläufer“

Das so genannte Schuhläufer-Kommando war eine Strafabteilung im Konzentrationslager Sachsenhausen, bei der Häftlinge auf der sogenannten Schuhprüfstrecke Schuhe testen mussten. Auftraggeber waren ab Juni 1940 zivile Schuhunternehmen, Leder-Ersatzstoff-Hersteller und Schuhleistenfabrikanten und ab November 1943 auch die Wehrmacht. Die Schuhprüfstrecke war knapp fünf Jahre lang, bis Frühjahr 1945 in Betrieb.

Inhaltsverzeichnis

Hintergründe

Die Wehrwirtschaft musste im wachsenden Maße auf Ersatzstoffe zurückgreifen. Neuartige Straßenschuhe für Damen und Herren sowie später Schnürstiefel für die Wehrmacht mit Gummisohlen und anderen Leder-Ersatzstoffen sollten praxisnah auf Haltbarkeit getestet werden. Einige Hersteller und Zulieferbetriebe wie die Salamander GmbH, die Firma Freudenberg (Weinheim) und Fagus (Alfeld) hatten zu diesem Zweck eine Prüfstrecke auf ihrem Betriebsgelände eingerichtet oder führten auf andere Weise Trageversuche mit neuen Produkten auf dem eigenen Betriebsgelände durch. Kostensparender schien der Einsatz von KZ-Häftlingen, für die nur sechs Reichsmark täglich zu zahlen waren. Im Frühsommer des Jahres 1940 richtete das Reichsamt für Wirtschaftsausbau im Konzentrationslager Sachsenhausen am Appellplatz eine Prüfstrecke ein, die unterschiedliche Straßenbeläge hatte und rund 700 Meter lang war.

In das Schuhläufer-Kommando abkommandiert zu werden, galt als Strafe, denn die Häftlinge wurden schlecht ernährt. Die zu laufende Strecke von bis zu 40 Kilometern entsprach etwa der Länge eines Marathonlaufs. Manche Häftlinge des Strafkommandos, das zeitweilig 170 Männer umfasste, mussten zudem schwere Rucksäcke schleppen. Aufsicht führte ein Zivilbeamter des Reichswirtschaftsministeriums.[1]

Trageversuche für Schuhe wurden gegen Ende des Zweiten Weltkrieges auch in den Vereinigten Staaten eingeführt. Sie galten mechanischen Prüfungen bis Ende der 1960er Jahre als überlegen.[2] Einige der mit Hilfe von Tests „auf der ‚Schuhprüfstrecke‘ entwickelten Werkstoffe sind als Kunststoffe bis heute in Gebrauch.“[3]

Literatur

  • Anne Sudrow: Vom Leder zum Kunststoff: Werkstoff-Forschung auf der „Schuhprüfstrecke“ im Konzentrationslager Sachsenhausen 1940–1945. In: Helmut Maier (Hrsg.): Rüstungsforschung im Nationalsozialismus. Wallstein, Göttingen 2002, ISBN 3-89244-497-8, S. 214–249.
  • Anne Sudrow: Der Schuh im Nationalsozialismus. Eine Produktgeschichte im deutsch-britisch-amerikanischen Vergleich. Wallstein, Göttingen 2010, ISBN 978-3-8353-0793-3 (zugleich Dissertation, Technische Universität München 2009).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Anne Sudrow: Vom Leder zum Kunststoff: Werkstoff-Forschung auf der „Schuhprüfstrecke“ im Konzentrationslager Sachsenhausen 1940–1945. In: Helmut Maier (Hrsg.): Rüstungsforschung im Nationalsozialismus. Wallstein, Göttingen 2002, S. 235, Anmerkung 88.
  2. Christof Dipper: Rezension zu: Sudrow, Anne: Der Schuh im Nationalsozialismus. Eine Produktgeschichte im deutsch-britisch-amerikanischen Vergleich. Göttingen 2010. In: H-Soz-u-Kult, 4. Mai 2011, abgerufen am 18. Mai 2011.
  3. Anne Sudrow: Vom Leder zum Kunststoff: Werkstoff-Forschung auf der „Schuhprüfstrecke“ im Konzentrationslager Sachsenhausen 1940–1945. In: Helmut Maier (Hrsg.): Rüstungsforschung im Nationalsozialismus. Wallstein, Göttingen 2002, S. 248.

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