Schwarze Sonne (Literatur)

Schwarze Sonne (Literatur)

Die Bezeichnung Schwarze Sonne spielt in der europäischen Ideengeschichte, insbesondere im 19. Jahrhundert, als Symbol für Weltverneinung, Melancholie und auch das Böse eine Rolle. Auch als Roman- und Gedichttitel findet sie immer wieder Verwendung.

Beispiele

Literarische Beispiele finden sich bei Heinrich Heine (1797–1856), Gérard de Nerval (1808–1855) und Max Dauthendey (1867–1918). In Heines Buch der Lieder heißt es im dritten Gedicht (Der Schiffbrüchige):

„Es lebt ein Weib im Norden,
Ein schönes Weib, königlich schön.
Die schlanke Zypressengestalt
Umschließt ein lüstern weißes Gewand;
Die dunkle Lockenfülle,
Wie eine selige Nacht,
Von dem flechtengekrönten Haupt sich ergießend,
Ringelt sich träumerisch süß
Um das süße, blasse Antlitz;
Und aus dem süßen, blassen Antlitz,
Groß und gewaltig, strahlt ein Auge,
Wie eine schwarze Sonne.[1]

Das Gedicht El Desdichado wiederum aus Nervals Zyklus Les Chimères beginnt mit den Versen:

„Je suis le ténébreux, — le veuf, — l’inconsolé,
Le prince d’Aquitaine à la tour abolie :
Ma seule étoile est morte, — et mon luth constellé
Porte le Soleil noir de la Mélancolie.[2]

„Verwitwet bin ich – turmlos – und allein,
Der Aquitanenfürst in früh'rem Leben ...
Mein Stern ist tot. Der schwarzen Sonne Pein
Lässt meine Laute tief in Schwermut beben.[3]

Dauthendey schließlich hat einen ganzen Gedichtzyklus Schwarze Sonne benannt. Das Mottogedicht dazu lautet:

„Wo deine Augen vor Nächten stehen,
Wo deine Ohren durch Stillen gehen,
Brennen noch Welten und Willen im Dunkel:
Hinter den weißen Sonnen gleißen und funkeln
Schwarze Sonnen nächtiger Reiche.

Den Lebensmüden,
Den Tagsonnemüden
Beschleichen gierig die dunkeln Sonnen.
Den Lebenswunden,
Den Tagsonnewunden
Umschleichen die Sonnen der Totenreiche.[4]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Heinrich Heine: Werke und Briefe in zehn Bänden. Aufbau, Berlin/Weimar 1972, Bd. 1, S. 199
  2. Gérard de Nerval: Oeuvres complètes. Bd. 3, Gallimard, Paris 1993, S. 645.
  3. Manfred Krüger: Gérard de Nerval. Darstellung und Deutung des Todes. Kohlhammer, Stuttgart 1966, S. 70.
  4. Max Dauthendey: Gesammelte Werke in sechs Bänden. Bd. 4, Albert Langen, München 1925, S. 533–540, hier: 533.

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