St. Gangolf (Heinsberg)

St. Gangolf (Heinsberg)
Blick auf den Heinsberger Kirchberg mit St. Gangolf und den links daneben liegenden Burgberg von der westlich der Stadt gelegenen Anhöhe des Klosterhofes aus. Im Vordergrund das Schlangenkapellchen
St. Gangolf, Detailansicht des Maßwerks und der Strebepfeiler des Hochchores von Südosten

St. Gangolf ist eine katholische Pfarrkirche und ehemalige Stiftskirche in der rheinischen Stadt Heinsberg.

Inhaltsverzeichnis

Architektur

Die dreischiffige gotische Hallenkirche aus dem 15. Jahrhundert hat eine lichte Länge von rund 53 m und einer lichte Breite von etwa 22,5 m. Ihre Strebepfeiler sind außer am Chor nach innen gezogen, sie treten an der Außenseite nur durch dreieckige Mauervorlagen in Erscheinung. Das fünfjochige Mittelschiff und der aus zwei rechteckigen Jochen und dem dreiseitig geschlossenen, etwas größeren Ostjoch gebildete Chor sind von Netzgewölben überspannt; die mit zwei weiteren Jochen rechts und links des Turmes verlängerten Seitenschiffe dagegen mit einfachen Kreuzgewölben. Erheblich über dem Niveau des eigentlichen Kirchenschiffes liegt der Hochchor, unter diesem die romanische Krypta des Vorgängerbaues aus der Mitte des 12. Jahrhundert. Diese ist als dreischiffige, niedrige Halle ausgeführt, verfügt über etwas mehr als vier Joche und einen geraden Ostabschluss. Das Gewölbe der Krypta wird von acht kurzen, recht derben Säulen und rechteckigen Pilastern an den Wänden getragen. Die Würfelkapitelle der Krypta liegen auf reich durchgebildeten Kämpferplatten.

St. Gangolf erhielt im Jahr 2004 einen neuen Turmhelm in pyramidaler Form. Der frühere, unter Weiterverwendung von Teilen des Dachstuhles eines barocken Helmes errichtete neugotische Turmhelm aus dem 19. Jahrhundert war beim Bombenangriff der Royal Air Force auf Heinsberg vom 16. November 1944 schwer beschädigt worden. Aufgrund der Schäden stürzte die neugotische Konstruktion bei einem Wintersturm am 28. Dezember 1945 größtenteils ein; beim Wiederaufbau der Kirche in der Nachkriegszeit hat man diese nicht rekonstruiert, sondern nur das verbliebene Helmteil mit einer niedrigen Dachhaube geschlossen. Die Neukonstruktion des Jahres 2004 wurde in einer gewichtssparenden Tafelschalungsbauweise elementweise am Boden vorgefertigt, die einzelnen Elemente sind sodann an einem Tag ohne Einrüstung mittels eines Schwerlastkranes auf den Turmschaft aufgesetzt worden. Das verbliebene denkmalgeschützte Teilstück des barocken Dachstuhles konnte gleichwohl auf dem Turmschaft verbleiben, da die Neukonstruktion über diesen alten Dachstuhl gestülpt ist.

Ausstattung

Taufkessel

Die Kirche ist ausgestattet unter anderem mit einem im Gelbgussverfahren um 1500 hergestellten gotischen Taufkessel. Er wurde vermutlich von einem maasländischen Meister hergestellt, ist reich durchgebildet und wird von drei liegenden Löwenfiguren getragen. Der eine Statuette des heiligen Gangolf tragende Deckel kann mittels eines schmiedeeisernen, in gotischen Formen verzierten Kranes zur Seite geschwenkt werden.

Grab der Herren von Heinsberg

Nennenswert ist weiter das Hochgrab der Herren von Heinsberg aus dem 15. Jahrhundert, eine der hervorragenden Arbeiten dieser Art im Rheinland. Auf dem Grab sind, gearbeitet in feinstem Kalkstein, als liegende Figuren dargestellt Johann II. von Heinsberg († 1438), dessen Gemahlin Margarethe von Gennep († 1419) sowie deren Sohn Johann III. von Heinsberg († 1443). Die wie die Deckplatte aus fast schwarzem, polierten Stein gearbeiteten Wangen des Grabmales sind mit Ahnenwappen geziert. Dargestellt sind (in der Schreibweise der Beischriften auf dem Denkmal) auf der linken, männlichen Seite die Wappen von Loen, Holland, Chyny, Heinsberg, Gilych, Engeland, Brabant und Schottland sowie auf der rechten, weiblichen Seite diejenigen von Genepe, Altenburg, Vlandern, Bruynenburg, Erkel, Lippe, Gelder und Heube. Somit werden dem Betrachter aber, wie etwa mit Engeland, auch einige in der tatsächlichen Ahnenreihung des figürlich dargestellten Herrscherpaares nicht stimmige Wappen präsentiert. Die nur 2,3 m lange und 1,7 m breite Gruft der Herren von Heinsberg befand sich unterhalb des Hochgrabes und reichte ursprünglich bis unter die Deckplatte. Sie war nur durch einen schrägen Schacht an der Ostseite des Grabes zugänglich. Das Hochgrab wurde erstmals im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts wiederhergestellt, damals beseitigte man Beschädigungen, die durch einen Gewölbeeinsturz im Jahre 1783 entstanden waren; ein weiteres Mal nach schweren Kriegsschäden im Zweiten Weltkrieg.

Chorgestühl und Kreuztragungsgruppe

Schwer beschädigt und in Teilen zerstört wurde im Zweiten Weltkrieg auch das Chorgestühl mit seinen reich geschnitzten Wangen aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Es ist inzwischen mit reduzierter Sitzplatzzahl restauriert bzw. teilweise rekonstruiert worden. Eine um 1500 entstandene, etwa zwei Meter hohe Kreuztragungsgruppe zeigt den mit geschlossenen Lidern das Kreuz beidarmig tragenden Christus und den erheblich kleiner dargestellten Simon von Cyrene.

Hochaltar

Der im Hochchor gelegene Hochaltar ist ein Werk des Bildhauers Hein Minkenberg. Vier die Evangelisten symbolisierende Figuren tragen eine schwere Muschelkalkplatte.

Reliquien

In St. Gangolf werden Reliquien der heiligen Hedwig von Andechs aufbewahrt, einer Enkelin der Mathilde von Heinsberg.

Orgel

Die Orgel wurde 1993 von der Orgelbaufirma Seifert (Kevelaer) erbaut. Das Instrument hat 39 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Spieltrakturen und Registertrakturen sind mechanisch. [1]

I Rückpositiv C–g3
Bourdon 8′
Flûte 4′
Nasard 22/3
Doublette 2′
Tierce 13/5
Chamade 8′
II Hauptwerk C–g3
Bordun 16′
Principal 8′
Metallgedackt 8′
Gamba 8′
Octav 4′
Blockflöte 4′
Quint 22/3
Superoctav 2′
Larigot 11/3
Mixtur V
Trompete 8′
III Schwellwerk C–g3
Salicet 16′
Nachthorn 8′
Salicional 8′
Vox Celestis 8′
Principal 4′
Rohrflöte 4′
Viola 4′
Rohrnasard 22/3
Waldflöte 2′
Terz 13/5
Mixtur V
Fagott 16′
Trompete harmonique 8′
Oboe 8′
Vox Humana 8′
Pedal C–f1
Kontrabaß 16′
Subbaß 16′
Violoncello 8′
Gedacktbaß 8′
Tenorflöte 4′
Bombarde 16′
Posaune 8′
  • Koppeln: I/II, III/II, I/P, II/P, III/P

Literatur

  • Paul Clemen (Hrsgb.), Karl Franck-Oberaspach, Edmund Renard (Bearbeiter): Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. 8. Band, III: Die Kunstdenkmäler des Kreises Heinsberg. L. Schwann, Düsseldorf 1906, S. 504 ff.

Einzelnachweise

  1. Nähere Informationen zur Orgel

Weblinks

 Commons: St. Gangolf (Heinsberg) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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