Christian Rudolf Wilhelm Wiedemann

Christian Rudolf Wilhelm Wiedemann

Christian Rudolph Wilhelm Wiedemann (* 7. November 1770 in Braunschweig; † 21. Dezember 1840 in Kiel) war ein deutscher Geburtshelfer, Physiker, Historiker, Naturwissenschaftler und Insektenforscher. Er wurde bekannt für seine Forschung über Zweiflügler, studierte aber auch Hautflügler und Käfer, wenn auch weniger intensiv.

Biographie

Wiedemanns Vater, Conrad Eberhard Wiedemann (1722–1804), war ein Kunsthändler, seine Mutter Dorothea Frederike (geborene Raspe) (1741–1804) die Tochter eines Bankiers, die sich jedoch ebenfalls für Kunst interessierte.

Nach seiner schulischen Ausbildung in Braunschweig matrikulierte er 1790 an der medizinischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena, wo er ein Zeitgenosse des Dichters Friedrich von Hardenberg war.

An der Universität war er einer der vielen Schüler Johann Friedrich Blumenbachs. Seine Studienreisen führten ihn nach Sachsen und nach Böhmen. 1792 promovierte er mit der Arbeit: Dissertatio inauguralis sistens vitia gennus humanum debilitantia. Seinem naturwissenschaftlichen Interesse folgend unternahm er eine Studienreise, um seine Studien der Mineralogie fortzusetzen. Während einer 14-monatige Reise nach Südengland erfuhr er, dass er zum Professor der Anatomie am Institut für Anatomie und Chirurgie des Braunschweiger Collegium Carolinum ernannt wurde. Seine Antrittsvorlesung im Oktober 1794 hatte den Titel über das fehlende Brustbein und beschrieb eine Entität, die er bei einem Jungen in Llandeilo beobachtete. Am 28. März 1796 heiratete Wiedemann in Braunschweig Luise Michaelis. Sie war die Tochter Johann David Michaelis (1717–1791), des bekannten Göttinger Orientalisten. Im Jahre 1804 erhielt er den Ruf der Kieler Fakultät, den er auch annahm. Pünktlich am 1. Mai 1805 konnte er die erste Entbindung in das Journal der eben eröffneten Anstalt eintragen.

Steigende Geburtenzahlen führten erst zu einer Einschränkung der Aufnahmekapazität des Gebärhauses und schon ein Jahr später dazu, dass Wiedemann einen weiteren Gebäudekomplex auf der Ostseite der Hassstrasse gelegen pachten musste. Auch hier stieß man schnell an die Grenzen der Kapazitäten. Es dauerte allerdings bis 1809, das der König einen Ankauf und Umbau genehmigte. Im Oktober 1810 konnte das Gebärhaus in der Fleethörn bezogen werden. Der steigende Zuspruch machte 1826 nochmals eine Erweiterung notwendig. In diesen Jahren steckte Wiedemann einen großen Teil seiner Kräfte in die Verbesserung der Bedingungen im Gebärhaus sowie der Hebammenlehranstalt.

Es hielt ihn dies allerdings nicht davon ab, seine Erfahrungen als Hebammenlehrer weiter zugeben. Zeugnis davon legt sowohl seine Lehrtätigkeit als auch seine veröffentlichten Lehrbücher ab.

Weniger bekannt bei den Geburtshelfern ist allerdings eine weitere Seite seiner akademischen Tätigkeiten, nämlich der Beschäftigung mit Insekten. Hier hatten es ihm besonders die außereuropäischen Zweiflügler angetan. Wiedemann schuf auf diesem Gebiet Grundlegendes. Bis heute werden verschiedenen Zweiflügler mit seinem Namen verbunden. Bleibendes Zeugnis sind auch zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen und Bücher auf diesem Gebiet.

Das er vielfältig interessiert war, belegen seine medizinischen Publikationen wie das Handbuch der Anatomie, ein Buch über die Impfung bei Kuhblattern, Versorgung von Schussverletzungen und die „Anweisung zur Rettung der Ertrunkenen, Erstickten, Erhaengten“. Zeugnis legen aber auch seine Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Mineralogie, Übersetzungen englischsprachiger Literatur und seine musischen Fähigkeiten ab. Als Geburtshelfer genoss Wiedemann einen hervorragenden Ruf, der auch auf seiner Ablehnung widernatürlicher Entbindungsmethoden als auch seiner Aufgeschlossenheit gegenüber dem Kaiserschnitt fußte. Schwindende Kräfte sowie die Folgen eines Schlaganfalles ließen ihn immer mehr die Hilfe seines Pflegesohnes und Schülers Gustav Adolf Michaelis in Anspruch nehmen.

Wiedemann geht als hervorragender Hebammenlehrer und Begründer der Kieler Frauenklinik in die Geschichte ein. Mit seiner Auseinandersetzung mit den französischen und englischen Anschauungen wies er der deutschen Geburtshilfe den Weg.

Literatur

  • Walter Jonat, Cristoph Andree, Thoralf Schollmeyer: Universitäts-Frauenklinik Kiel und Michaelis-Hebammenschule 1805–2005. Eine medizinhistorische Studie zum 200-jährigen Bestehen. Thieme, Stuttgart 2005. ISBN 3-13-142031-6
  • Franz von Winckel: Wiedemann, Christian Rudolph Wilhelm. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 42, Duncker & Humblot, Leipzig 1897, S. 381.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Christian Rudolph Wilhelm Wiedemann — (* 7. November 1770 in Braunschweig; † 21. Dezember 1840 in Kiel) war ein deutscher Geburtshelfer, Physiker, Historiker, Naturwissenschaftler und Insektenforscher. Er wurde bekannt für seine Forschung über Zweiflügler, studierte aber auch… …   Deutsch Wikipedia

  • Wiedemann — Wiedemann, 1) Christian Rudolf Wilhelm, geb. 1770 in Braunschweig, wurde 1794 Professor der Anatomie u. 1802 der Geburtshülfe am Anatomisch. Chirurgischen Collegium, 1800 Beisitzer des Sanitätscollegiums in Braunschweig, 1805 Professor der… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • HEBRAISTS, CHRISTIAN — (1100–1890). Factors governing gentile enterprises in Hebrew scholarship prior to the latest phase of more widespread secular attitudes may be distinguished as (1) motivation; (2) scholarly facilities; and (3) occasion; appreciation and… …   Encyclopedia of Judaism

  • Gustav Heinrich Wiedemann — (* 2. Oktober 1826 in Berlin; † 23. März 1899 in Leipzig) war ein deutscher Physiker. Werdegang Als Sohn eines Berliner Kaufmanns besuchte Wiedemann anfangs eine Privatschule und ab 1838 das Cöllnische Humanistische Gymnasium. Sein anschließendes …   Deutsch Wikipedia

  • Gottlieb Tobias Wilhelm — Gottlieb Tobias Wilhelm, Stich von P. J. Laminit, 1810 …   Deutsch Wikipedia

  • 7. November — Der 7. November ist der 311. Tag des Gregorianischen Kalenders (der 312. in Schaltjahren), somit bleiben 54 Tage bis zum Jahresende. Historische Jahrestage Oktober · November · Dezember 1 2 …   Deutsch Wikipedia

  • Gustav Adolf Michaelis — nach einem Gemälde von Karl Aubel aus dem Jahr 1820 Gustav Adolf Michaelis (* 9. Juli 1798 in Harburg; † 8. August 1848 in Lehrte) war ein deutscher Mediziner und Geburtshelfer. Er war der Vater des Archäologen Adolf Michaelis (1835–1910) …   Deutsch Wikipedia

  • Wiedm. — Wiedm., bei Tiernamen Abkürzung für Christian Rudolf Wilhelm Wiedemann, geb. 7. Nov. 1770 in Braunschweig, gest. 21. Dez. 1840 als Professor der Arzneiwissenschaft in Kiel (Dipterolog) …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Liste der Biografien/Wie — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Abkürzungen (Biologen) — Dieser Artikel wurde aufgrund von formalen und/oder inhaltlichen Mängeln in der Qualitätssicherung Biologie zur Verbesserung eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Biologie Artikel auf ein akzeptables Niveau zu bringen. Bitte hilf mit,… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”