Tairona (Volk)

Tairona (Volk)
Ciudad Perdida, zentraler heiliger Platz
Wohnhaus der Tairona auf Wohnplattform (Rekonstruktion)
Nasenschmuck der Tairona

Die Tairona waren ein präkolumbisches Volk mit einer hochentwickelten Kultur auf dem Gebiet der heutigen Provinzen La Guajira und Magdalena in der Republik Kolumbien.

Die Herkunft der Tairona und die Frühphase ihrer Kultur liegen mangels schriftlicher Aufzeichnungen weitgehend im Dunkeln. Die Tairona haben – wie die anderen südamerikanische Kulturen auch – keine eigene Schrift entwickelt. Schriftzeugnisse liegen nur von den Spaniern vor. Einer der ersten Berichte über die Tairona ist in der Reisebeschreibung De Orbe Novo des Humanisten, Diplomaten und Historikers Pedro Martyr d’Anghiera (1457-1526) enthalten.[1]

Bis etwa 800 n. Chr. lebte das Volk in kleinen, verstreuten Dörfern in der Küstenregion. In der Nähe des Küstenortes Nahuange in Kolumbien wurde 1922 ein Grabhügel mit Goldobjekten aus dem 6. oder 7. Jahrhundert n. Chr. entdeckt. Ab dem 9. Jahrhundert zogen sich die Tairona aus unbekannten Gründen immer mehr in die unzugänglichen Bereiche der Sierra Nevada de Santa Marta zurück und errichteten etwa 200 Terrassenstädte, von denen heute noch die charakteristischen runden Hausplattformen sichtbar sind. Für die Anlage der Siedlungen wurde das steile Terrain nivelliert und man errichtete kunstvoll aus Steinen gesetzte Terrassen. Auf diesen Plattformen erhoben sich palmblattgedeckte Rundhäuser aus Holz, die nicht mehr erhalten sind. Aus den archäologischen Fundstücken kann man schließen, dass die Häuser in Bereiche für Frauen und Männer getrennt waren. Im Frauenbereich, eher am Rand des Hauses, fanden sich die Feuerstellen sowie Hausgeräte wie Kochtöpfe, Krüge und Mahlsteine. Im Männerbereich traten Steinäxte, Zeremonialgegenstände und Gewichte für Fischernetze zutage. Neben den Wohnhäusern, deren Terrassen ca. 6 bis 7 m Durchmesser hatten, gab es wesentlich größere Zeremonienhäuser mit mehreren Eingängen, Treppen, Säulen sowie Steintischen und –bänken. Unter den ausgegrabenen Zeremonialgegenständen befanden sich Steinzepter und –äxte, Gabelstäbe sowie sogenannte „Placas Sonajeras“ (dt.: rasselnde Scheiben), seltsame propellerförmige Anhänger aus Stein, deren Verwendung unbekannt ist.[2]

Zu den Siedlungen gehörten terrassierte, kunstvoll be- und entwässerte Felder, die mit den Wohnstätten durch gepflasterte Wege und Treppenanlagen verbunden waren. Angebaut wurden hauptsächlich Mais, Bohnen und Baumwolle.

Jede in sich unabhängige Stadt, um die sich jeweils kleinere Siedlungen kumulierten, unterstand einem Häuptling. Die streng hierarchisch gegliederte Gesellschaft wurde von einer einflussreichen Priesterkaste dominiert. Zentrum der urbanen Kultur war Ciudad Perdida (dt.: verlorene Stadt), die auf ihrem Höhepunkt im 16. Jahrhundert etwa 2.500 Einwohner hatte. Eine weitere archäologisch teilweise erforschte Stadt der Tairona ist das nahe der Küste gelegene Pueblito (Departamento de Córdoba, Kolumbien).

Nach Berichten der Spanier waren bei den Tairona verschiedene Formen der Bestattung üblich, sowohl das Trocknen und Räuchern der Leiche als auch das Aussetzen in Höhlen mit anschließendem Zweitbegräbnis der Knochen in mit Gesichtern kunstvoll verzierten Bestattungsurnen.[3]

Die Tairona stellten hochentwickelte Töpferwaren her, auf einem ästhetisch und kunsthandwerklich besonders hohen Niveau befanden sich aber die Goldarbeiten. Gold galt als Fruchtbarkeitssymbol, dessen von der Sonne übernommene Kraft auf den Träger übergeht. Im Gegensatz zu anderen vorkolumbianischen Kulturen war Goldschmuck - meist handelte sich jedoch um Tumbaga - nicht nur Würdenträgern vorbehalten, sondern konnte von jedermann getragen werden.

Goldarbeiten der Tairona

Unter den erhaltenen Kunstwerken sind menschliche Gestalten mit tierischen Attributen, z. B. zoomorphe Kombinationen aus zwergenhaften Menschengestalten und Fledermäusen (möglicherweise Priester mit Kopfschmuck und Masken darstellend) sowie Vogelmotive besonders häufig. Ein charakteristisches, regelmäßig auftretendes grafisches Muster auf den Goldarbeiten ist die Spirale. Der meisterhaft verarbeitete Schmuck wurde im Wachsausschmelzverfahren in der verlorenen Form hergestellt, aber auch gehämmert, getrieben und gelötet. Besonders schöne Goldartefakte der Tairona sind heute im Museo del Oro in Bogotá und im Metropolitan Museum of Art in New York City ausgestellt.

Dem Eindringen der Spanier im 16. Jahrhundert setzten die Tairona heftigen Widerstand entgegen und lehnten das Christentum ab. Um 1630 waren jedoch auch die entlegensten Städte erobert. Die wenigen Überlebenden zogen sich in noch unzugänglichere Bergregionen der Sierra Nevada de Santa Marta zurück. Ihre Nachfahren bilden heute das Volk der Kogi.[4]

Einzelnachweise

  1. Pedro Martyr d’Anghiera: De Orbe Novo, Alcalá, 1530
  2. Eldorado, der Traum vom Gold, Hannover 1979, Katalog zur Ausstellung im Kestner-Museum Hannover, S. 51–52
  3. Eldorado, a.a.O.
  4. National Geographic Society: Wunder der antiken Welt, Augsburg 1998, S. 280

Weblinks


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