- Räuchern
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Das Räuchern oder (in Österreich und Bayern) Selchen ist ein Verfahren zur Konservierung von Lebensmitteln, vorwiegend von Fisch und Fleisch. Beim Räuchern werden die zuvor eingesalzenen oder gepökelten Lebensmittel über einen längeren Zeitraum dem Rauch von Holzfeuern ausgesetzt. Durch die damit einhergehende Trocknung sinkt deren Wassergehalt um etwa 10 bis 40 Prozent. Neben der Erhöhung der Haltbarkeit hat das Räuchern zum Zweck, Eigenschaften wie die Farbe, den Geruch und den Geschmack über Aromabildung sowie die Textur durch Härtung der Oberfläche des Räucherguts positiv zu beeinflussen.
Eine Sonderform ist das Räuchern mit Temperatur zum Garen von Speisen in einem Barbecue-Smoker.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Der Räuchervorgang ist in mehrere Phasen eingeteilt: Räucherphasen und Frischluftphasen. Für eine Räucherphase wird das Räuchermaterial (Smok aus englisch smoke 'Rauch') in die vorgesehene Lade der Räucherkammer geschüttet. Dabei finden fast ausschließlich harte Hölzer, vorzugsweise Buche in Form von Holzmehl oder Spänen Verwendung. Durch das Verglimmen des Smok wird der Räuchervorgang eingeleitet. Dieser Arbeitsschritt wird während der Räucherung mehrmals wiederholt. (Je nach Fleisch-, Schinken-, oder Wurstart drei- bis fünfmal.) Geräuchert werden neben Fisch und Fleisch auch manche Käse, Gemüse, Eier, Früchte oder Tee, in Asien auch Tofu. Es gibt auch Whisky und Bier aus geräuchertem Malz.
Chemie des Räucherns
Die Pyrolyse des Holzes führt zur Zersetzung von polymeren Substanzen, wie Cellulose bis 310 °C , Hemicellulose bis 260 °C und Lignin bis etwa 500 °C. Die Pyrolyse erfolgt in Rauchgeneratoren, sie kann auch durch bis auf 350 °C überhitzten Wasserdampf eingeleitet werden. Der Rauch besteht neben gasförmigen Stoffen auch aus nichtflüchtigen, partikulären Stoffen wie Asche, Ruß, Teer und Harzen, die dem zu behandelnden Nahrungsmittel den charakteristischen Geschmack verleihen. Der Rest der Pyrolyse bleibt als Holzkohle zurück, die wiederum durch Verbrennung mit Sauerstoff die weitere Pyrolyse aufrecht hält. Unter anderem entstehen während der unvollständigen Verbrennung, dem Schwelen in der Hitze, folgende Substanzen:
Aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe sowie aliphatische und aromatische Alkohole und Ketone.
Phenole, wie Guajacol und Brenzkatechin, die antimikrobielle Wirkung zeigen.
Carbonyle wie Formaldehyd. Formaldehyd (gesprochen: Form-Aldehyd) wirkt mikrobiozid gegen Hefen und Schimmelpilze. Formaldehyd reagiert mit der epsilon-Aminogruppe des Lysins. In einem nächsten Schritt erfolgt eine Kondensationsreaktion mit der funktionellen Gruppe des Glutamins bzw. des Asparagins. Es kommt zur Quervernetzung der Proteine, woraus eine ledrige Haut des Fleisches resultiert.
Carbonsäuren (z.B. Ameisensäure, Essigsäure und Carbonsäureester) tragen zum Aroma bei.
Ein polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoff, das Benzo(a)pyren, hingegen ist als krebserregend bekannt. Daher wird es heutzutage aus dem Rauch herausgefiltert. Dazu muss das Räuchern allgemein außerhalb des Erzeugungsraumes erfolgen. Für den Gehalt an Benzo(a)pyren in Räucherwaren existieren Grenzwerte. Beim Deutschen Krebsforschungszentrum geht man davon aus, dass der registrierte Rückgang der Magenkrebserkrankungen auf die massenhafte Verbreitung von Kühlschränken und die ganzjährige Bereitstellung von frischem Obst und Gemüse und einem damit verbundenen Rückgang der Konservierung mittels Pökeln und Räuchern zurückzuführen ist.
Heiß- und Warmräuchern
Werden rohes Fleisch oder roher Fisch über wenige Stunden hinweg bei einer Temperatur von 50 bis 85 °C gegart und konserviert, spricht man von Heißräuchern. So behandelte Lebensmittel sind nur wenige Tage haltbar und für den baldigen Verzehr gedacht. Beim Heißräuchern wird die Temperatur nicht durch das Verbrennen des Smok (Räuchermaterial), sondern durch eine zusätzliche Heizquelle in der Räucherkammer erreicht. Diese muss unabhängig vom Räuchervorgang vorhanden sein. Bei Brät-, Fleischwürsten und Kochpökelware wird diese Form der Räucherung und Haltbarmachung angewendet.
Intensives trockenes Heißräuchern bei Temperaturen von 80 °C nennt man Braten. Es führt zu einem hohen Wasserverlust und stärkerer Geschmacksausbildung. Produkte mit der Bezeichnung gebraten haben ein mindestens 0,5 % geringeres Wasser-Eiweiß-Verhältnis als nicht gebratene Produkte. In modernen Räucheröfen erfolgt der Garvorgang durch Gasfeuerung und nicht mehr direkt über einem Holzfeuer. Der Rauch wird dann in einen solchen Ofen dosiert eingeblasen. Früher wurde in manchen Gegenden zum Räuchern von Fisch der speziell dafür entwickelte Altonaer Ofen verwendet, der heute jedoch so gut wie nicht mehr in Gebrauch ist.
Produkte, die heiß geräuchert werden, sind vor allem gekochter Schinken, Jagdwurst, Aale, Makrele, Sprotten, Heilbutt.[1]
Darüber hinaus gibt es eine etwas mildere Variante, das sogenannte Warmräuchern, bei dem sich die Temperaturen in einem Rahmen von 25–50 °C bewegen. Ein typisches Produkt, das warm geräuchert wird, ist das Frankfurter Würstchen.[1]
Kalträuchern
Das Kalträuchern erfolgt bei 15–25 °C mit speziellen Hölzern (in erster Linie Harthölzer). Für Schwarzwälder Schinken etwa werden Tannenspäne benutzt. Kaltgeräuchert werden Lebensmittel, die länger haltbar gemacht werden sollen, wie zum Beispiel Wurst, Schinken, Speck oder Räucherlachs. Das Kalträuchern ist ein stunden- oder tagelanger Prozess. Geräuchert wird in einer Räucherkammer, in die Rauch aus einem speziellen Ofen oder dem Schornstein des Hauses geleitet wird. In vielen älteren Bauernhäusern befindet sich eine Räucherkammer im Dachgeschoss. Diese Form des Räucherns wird bei Rohschinken und Rohwurstwaren angewendet. Namensvorsätze wie „Land-“ oder „Bauern-“, werden in Österreich dem Lebensmittelkodex nach für Produkte verwendet, die kaltgeräuchert wurden.
Typische Produkte, die kalt geräuchert werden, sind Rohwurst, roher Schinken, Cervelatwurst, Mettwurst.[1]
Dielenräuchern
Das Dielenräuchern ist eine originäre Form des Räucherns. Hier wird in einem großen Raum, in Österreich und Bayern häufig Selche genannt, wie auf der Diele der Rauch bodenständig von einem offenem Herdfeuer oder einem schwelenden Sägemehl erzeugt. Die Raumtemperatur auf der Diele wird nicht durch technische Vorgänge, sondern durch Luftverbindungen zur Außenwelt und damit auch vom jahreszeitlichen Wettergeschehen bestimmt. Der Räuchervorgang kann vier bis fünf Monate in Anspruch nehmen und eine weitere überjährige Reifezeit vorbereiten.
Sonstiges
Ein durch das Reiberauchverfahren erzeugter Rauch ist bedingt durch die Temperatur von max. 350 °C frei von Teer- und Benzo(a)pyrenrückständen. Eine Reiberauchanlage arbeitet weitgehend emissionsfrei. In neuerer Zeit wird das traditionelle Räuchern jedoch zunehmend durch die industrielle Anwendung von standardisierten flüssigen Raucharomen ersetzt. Siehe: Flüssigrauch.
Literatur
- Reiner Wittkowski: Phenole im Räucherrauch: Nachweis u. Identifizierung. VCH, Weinheim 1985. (Wissenschaftliche Arbeitspapiere der Senatskommission der DFG zur Prüfung von Lebensmittelzusatz- und -inhaltsstoffen), ISBN 3-527-27505-3
- L. Tóth, R. Wittkowski: Das Räuchern - aus der Sicht der Chemie, Chemie in unserer Zeit, 19. Jahrg. 1985, Nr. 2, S. 48-58, ISSN 0009-2851
Einzelnachweise
- ↑ a b c Dietrich Meier: Flüssiger Rauch – eine analytische Herausforderung; Forschungsreport 2/2004, Seite 25
Weblinks
Wiktionary: Räuchern – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen- Räuchern auf www.lebensmittellexikon.de
- Ein Beispiel für die Anwendung des Reiberauchverfahrens
- Dietrich Meier: Flüssiger Rauch – eine analytische Herausforderung; Forschungsreport 2/2004; (PDF-Datei; 453 kB)
Kategorien:- Räuchern
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