Uhrengleichnis

Uhrengleichnis

Das Uhrengleichnis, das durch Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) und seine 1714 erschienene Monadologie berühmt wurde, ist nach heutiger Auffassung sinnbildlich für die Lehre des psychophysischen Parallelismus, d.h. für eine bestimmte Art des Zusammenwirkens von Körper und Seele (Leib-Seele-Problem). Leibniz nannte dies prästabilierte Harmonie.[1]

Inhaltsverzeichnis

Sinnbild

Es werden zwei exakt gleichgehende Uhren für die körperlichen und seelischen Vorgänge veranschaulichend gegenübergestellt. Die exakte Übereinstimmung des Ablaufs beider Uhrwerke soll beide Begriffsinhalte (Körper und Seele) voneinander abgrenzen, sie aber auch miteinander vergleichbar machen. Körper als räumliche Struktur (res extensa) und Seele als vor allem geistiges Lebensprinzip (res cogitans) waren schon von Descartes (1596-1650) philosophisch unterschieden worden. Das Uhrengleichnis veranschaulicht den Zusammenhang zwischen Leib und Seele in einer mechanischen Metapher. Es handelt sich daher bei Descartes noch nicht um ein voll ausgeprägtes Maschinenparadigma, sondern nur um einen ersten Ansatz.

Erstbeschreiber

Das Gleichnis wurde von Arnold Geulincx (1624-1699) aufgestellt. Damit wurde auch eine neue philosophische Lehre begründet, der Okkasionalismus. „Bei Gelegenheit“ (franz. occasion) des seelischen Vorganges trete das entsprechende leibliche Geschehen auf und umgekehrt bei leiblichen Vorgängen das seelische. Damit dies in der mechanischen Metapher gewährleistet sei, bedurfte es des Einschreitens Gottes (concursus dei). Dieses notwendige Einschreiten Gottes aus Verlegenheit der Uhrenkonstrukteure bzw. der Autoren des Gleichnisses benennt man auch nach der Bezeichnung aus der antiken Tragödie ›deus ex machina‹.

Rezeption des Uhrengleichnisses

Das Uhrengleichnis wurde weiter durch Carl Gustav Jung (1875-1961) aufgegriffen und behandelt.[2] Damit weist Jung auf die Synchronizität hin. Jung führt aus, dass Leibniz mit diesem Gleichnis die akausale Beziehung der Monaden oder Entelechien unter sich ausdrücke.

Einzelnachweise

  1. Hofstätter, Peter R. (Hrsg.): Psychologie. Das Fischer Lexikon, Fischer-Taschenbuch, Frankfurt a.M. 1972, ISBN 3-436-01159-2, Seite 207
  2. Jung, Carl Gustav: Die Dynamik des Unbewußten. Synchronizität als ein Prinzip akausaler Zusammenhänge. Gesammelte Werke. Walter-Verlag, Düsseldorf 1995, Paperback, Sonderausgabe, Band 8, ISBN 3-530-40083-1, Seite 532 ff., § 927-931

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Arnold Geulincx — (* 31. Januar 1624 in Antwerpen; † November 1669 in Leiden) war ein flämisch niederländischer Theologe, Logiker und Philosoph. Neben Malebranche gilt er als ein Hauptvertreter des Okkasionalismus. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Philosophie 3 …   Deutsch Wikipedia

  • Geulincx — Arnold Geulincx (* 31. Januar 1624 in Antwerpen; † November 1669 in Leiden) war ein flämisch niederländischer Theologe, Logiker und Philosoph. Neben Malebranche gilt er als ein Hauptvertreter des Okkasionalismus. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2… …   Deutsch Wikipedia

  • Dualismus — Der Dualismus bezeichnet als kontrastierende Analogbildung zu Monismus und Pluralismus vor allem philosophische, religiöse, gesellschaftliche Methoden, Lehren und Systeme, die zum auch naturwissenschaftlichen Verständnis der Welt und ihrer… …   Deutsch Wikipedia

  • Endogene Psychose — Klassifikation nach ICD 10 F20 F29 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen F30 F39 Affektive Störungen …   Deutsch Wikipedia

  • Maschinenparadigma — Maschineparadigma ist ein theoretisches Konzept der frühen Neuzeit, das die Welt als Maschine zu begreifen sucht. Vor allem im 17. und zum Teil noch im 18. Jahrhundert verleiht es dem mechanistischen Weltbild Ausdruck.[1] Das Konzept ist bestimmt …   Deutsch Wikipedia

  • Organmedizin — Der Begriff Maschinenparadigma kann dem Schlagwort Organmedizin gleichgesetzt werden und gehört zu den theoretischen Grundbegriffen der Psychosomatischen Medizin. Diese beruht auf dem begrifflichen Gegensatz von Seele und Körper (Psyche und Soma) …   Deutsch Wikipedia

  • Prästabilierte Harmonie — Der Begriff prästabilierte Harmonie bezeichnet eine vorherbestimmte (eigentlich: im Voraus festgestellte) Einheit. Ein Grundbegriff der Leibnizschen Philosophie, zunächst zur Klärung des Leib Seele Problems, dann allgemeiner Ausdruck für die… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”